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Staub Im Paradies

Titel: Staub Im Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Solèr
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dass der ermordete Rexon zwei Schwestern hat. Die eine ist verheiratet in Badulla, die andere arbeitet in einer großen Teefabrik in Nuwara Elya. Außerdem gibt es noch einen Bruder, der vor einem halben Jahr als Matrose auf einem taiwanesischen Frachter angeheuert hat und seither nur noch per Briefpost präsent ist. Man zeigt uns auf hartnäckiges Drängen hin ein paar seiner Schreiben. Post von Rexon gibt es hingegen nicht.
    »Sie misstrauen der Polizei total«, sagt Verasinghe, als wir die Hütte wieder verlassen haben.
    »Zu Recht?«
    »Nein. Im Bergland ist es bisher eigentlich kaum zu nennenswerten Übergriffen auf die tamilische Minderheit gekommen.«
    »Was heißt ›kaum‹?«
    »Nun ja, Kriminelle gibt es natürlich auch hier. Und vielleicht sogar den einen oder anderen größenwahnsinnigen Polizisten, der seine Privilegien missbraucht«, räumt er ein. »Wie überall.«
    Ich widerspreche ihm nicht.
    »Unser Polizeikorps besteht ausschließlich aus Singhalesen, das hat die Provinzregierung vor Jahren so bestimmt. Idiotischerweise, denn dadurch haben wir keinerlei Zugang zu den Tamilen mehr. Verbrechen an ihnen können kaum noch geklärt werden. Die Leute leben in einem schutzlosen Zustand. Teilweise auch selbst verschuldet. Aber ich kann schon verstehen, dass sie uns fürchten.«
    »Warum flüchten sie nicht in den Norden?«
    »In den Krieg?«, fragt Verasinghe lakonisch.
    »Nach Indien?«
    »Dies hier ist ihre Heimat, trotz allem. Außerdem mangelt es den meisten an Geld.«
    »Nur Rexon nicht«, werfe ich ein.
    »Das ist in der Tat sehr seltsam«, bestätigt mir mein Kollege und blickt nochmals zu der ärmlichen Unterkunft zurück. »Vielleicht sollten wir weitere Erkundigungen einziehen.«
    »Nein«, winke ich ab. »Fahren wir zu Müller!«
    Verasinghe schüttelt zustimmend den Kopf, bleibt neben dem Jeep aber noch eine Weile stehen und streckt seine Knollennase in den Wind. Vermutlich versucht er zu erschnüffeln, wie lange es noch dauert bis zum nächsten Platzregen.
    Ich nutze die Gelegenheit, mir eine Muratti anzustecken und die anmutige Landschaft zu bewundern. Jetzt, bei Sonnenschein, erkenne ich erst, wie schön die Gegend ist. Sanfte grüne Hügel, einer hinter dem anderen, so weit das Auge reicht. Bis zu den Gipfeln bepflanzt mit Tee. Darüber der tiefblaue Himmel, durchsetzt mit weiß leuchtenden und schnell vorbeiziehenden Wolken.
    »Müllers Land«, deutet Verasinghe nach Westen. »Seiner Teekooperation gehören viele, viele Quadratkilometer. Er ist ein sehr einflussreicher Mann, wir sollten behutsam vorgehen.«
    »Das tun wir doch immer«, bin ich überzeugt und trete den Muratti-Stummel aus.
    »Er weiß ganz sicher, dass wir kommen«, sagt Verasinghe und steigt in den Jeep.
    »Umso besser«, gebe ich zurück und wuchte mich auf den Beifahrersitz.
    Der Kollege mit dem steifen Bein kraxelt erstaunlich behände auf den Rücksitz. Ich glaube nicht, dass ich den Mann bislang auch nur einen einzigen Satz habe reden hören. Verasinghe ist nun weiß Gott selbst alles andere als geschwätzig. Aber im Vergleich zu seinem Mitarbeiter sprudelt es geradezu wasserfallartig aus ihm heraus.
    »Na, dann los!«, ermuntere ich ihn und er drückt aufs Gas. Meine Haare sind immer noch leicht feucht vom Regen, die Fenster stehen weit offen. Hoffentlich rast mein Kollege nicht wieder wie ein Verrückter, eine Erkältung wäre jetzt wirklich das Letzte, was ich gebrauchen könnte.
    Verasinghe hält sich tatsächlich zurück. Nicht meiner ergrauten Haarpracht wegen, sondern weil das Sträßchen in einem wirklich lamentablen Zustand ist: steil und kurvig, von Spurrinnen und knietiefen Wasserpfützen durchsetzt. Mein alter Toyota würde die abenteuerliche Strecke jedenfalls nicht schaffen, so viel ist sicher.
    Wir schaukeln gerade eine weitere Anhöhe hinauf, nehmen den Scheitelpunkt mit Vollgas – und schrecken entsetzt zusammen. Noch ehe ich erkennen kann, was genau sich da vor uns befindet, steigt Verasinghe bereits beherzt in die Eisen.
    Eine Straßensperre hält uns auf – und zwar eine vom Feinsten: über die Fahrbahn gezogene Nagelbretter, dahinter eine tückische Kurve. Nur Verasinghes rasche Reaktion verhindert, dass wir in den Abgrund stürzen.
    Der Jeep kommt mit blockierten Rädern wenige Zentimeter vor dem ersten Nagelbrett zum Stehen. Verasinghe flucht wie ein Rohrspatz. Ich registriere erst jetzt, dass der schwere Militärlastwagen, der mir vorhin in Haputale auffiel, etwas von uns entfernt am

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