Staub Im Paradies
gebrauchen«, gab Mario nicht ganz uneigennützig zu bedenken – denn je mehr Leute mithalfen, desto schneller würde die Übung vorbei sein.
»Ruf sie an«, stimmte ihm Michael zu, »und versuche, Häberli aufzutreiben!«
»Okay, Chef«, antwortete Mario und klemmte sich ans Telefon.
Staub rüstet auf
Mitternacht ist vorbei, ich bin hundemüde und liege in einem nach Jasminblüten duftenden Bett. Vor dem Fenster zirpen Zikaden, und wenn ich mich konzentriere, kann ich auch den kleinen Fluss plätschern hören, der an unserem Hotel vorbeifließt. Leonie liegt neben mir und mich quält der Gedanke, dass ich bisher weder sie noch Anna darüber aufgeklärt habe, dass ich hier weiterermitteln will.
Aber mein Entschluss ist endgültig. Ich bleibe in diesem komplizierten Land, in dem alle ständig lächeln und trotzdem jedes Jahr Tausende gewaltsam ums Leben kommen. So lange, bis ich sowohl den Fall Rainer Schütz als auch jenen des ermordeten Rexon in Zürich aufgeklärt habe. Ich kann diese undurchsichtige Geschichte nicht einfach nur auf sich beruhen lassen.
Seit ich nach einer gespenstisch ruhigen Fahrt im Chaaya Citadel abgeliefert wurde, hat sich auch durchaus schon einiges getan. Insbesondere Annas Freund Tschaggat entpuppte sich als unerwartet starker Verbündeter.
»Lass mich ein paar Telefonate führen«, hatte er grimmig gesagt, nachdem er sich meine Geschichte angehört hatte. »General Premadasa ist keineswegs allmächtig, das kann ich dir versichern.«
Als er eine halbe Stunde später wieder zurückkam, berichtete er mir, dass er mit seinem Onkel gesprochen habe. Der pflege trotz seiner dreiundsiebzig Jahre immer noch beste Beziehungen zur obersten Militärführung des Landes und halte Premadasa seit Jahren für einen unfähigen Emporkömmling, den es zu stoppen galt. Falls ich es wünschte, stünden mir ab morgen früh rund um die Uhr fünf absolut loyale Unteroffiziere zur Verfügung.
Natürlich erklärte ich mich sofort mit seinem Vorschlag einverstanden und fand intuitiv, dass Anna den Mann unbedingt heiraten sollte. Tschaggat scheint mir der erste ihrer Freunde zu sein, der mehr als nur bunte Knete im Hirn hat und zudem auch noch den Vater seiner Auserwählten respektiert und unterstützt.
Leonie schläft ziemlich unruhig, bemerke ich. Sie wälzt sich schon wieder tief seufzend auf die andere Seite. Vielleicht spürt sie, dass ich momentan keinen Schlaf finde?
»Du fliegst nicht mit uns zurück, oder?«, überrascht sie mich plötzlich.
»Du bist wach?«
»Nein, Fred, ich halluziniere nur«, sagt sie ironisch. »Aber jetzt mal ernsthaft: Wie sehen deine Pläne aus?«
»Deine Vermutung trifft zu. Ich bleibe hier«, antworte ich nach ein paar Sekunden zaghaft. »Ist das schlimm?«
»Wenn du es überlebst, nicht.«
»Das ist ganz in meinem Sinn, glaub mir! Ich bin nahe dran zu begreifen, was hier ablief, das spüre ich. Außerdem kann ich unmöglich abreisen, bevor Verasinghe und sein Kollege wieder zu Hause und in Amt und Würden sind! Tschaggats Onkel hat ja scheinbar beste Beziehungen, er wird mir helfen.«
»Weiß Anna schon davon?«
»Ich hoffe, Tschaggat bringt es ihr bei.«
»Du bist schon eine Nummer, Fred Staub! Unmöglich eigentlich.«
»Ich weiß.«
»Solltest du am Montag nicht diesen Kommandantenposten antreten?«, trifft sie den eigentlich wunden Punkt.
Ich sage daraufhin gar nichts. Natürlich sollte ich das. Aber man kann nun einmal nicht alles haben im Leben. Und wozu soll man Dinge tun, die man nicht mal wirklich will?
»Du willst den Job ohnehin nicht, oder?«, durchschaut sie mich.
Ich bin immer wieder erstaunt, wie gut sie mich kennt.
»Na ja, die Geschichte hier ist eine gute Möglichkeit, mich vor ihm zu drücken«, räume ich ein.
»Du spinnst wirklich, Meister«, lacht Leonie rau.
»Tut mir ehrlich leid, dass du jetzt nicht Frau Kommandantin wirst.«
»Ach Quatsch, Fred, darauf pfeife ich. Du bist nun mal ein altes Frontschwein, damit habe ich mich längst abgefunden.«
»Alt stimmt«, erwidere ich. »Und dass ich ein Frontschwein bin, wohl auch. Sorry.«
»Unsinn. Räum hier mal richtig auf und sieh zu, dass du danach deinen alten Job wiederkriegst.«
»Na ja, das kann ich Michael und Gret wohl nicht antun. Aber vielleicht haben sie ja was anderes für mich. Sonst werde ich halt arbeitslos.«
»Um Gottes willen!«
»Privatdetektiv?«
»Schon besser«, meint sie. »Hauptsache, du verbringst nicht den ganzen Tag zu Hause.«
»Irgendwas wird sich
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