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Staub Im Paradies

Titel: Staub Im Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Solèr
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auf ihre Swatch. Sie rechnete aus, dass es in Sri Lanka 13.04 Uhr war, und wählte mit klammen Fingern Staubs Natelnummer.

Staub erwacht endlich
    Ich sitze in Fahrtrichtung am Fenster Leonie gegenüber. Andersherum wäre mir auch recht gewesen. Aber meine Frau hatte darauf bestanden, dass ich wenigstens vom Zug aus noch etwas sehe von der Landschaft, was in ihren Augen beim Vorwärtsblicken deutlich besser geht.
    Der arglose Per blättert neben seiner Mutter in einer englischen Sportzeitung herum, Adrienne sitzt aufgekratzt neben mir. Im Abteil nebenan unterhalten sich Anna und Tschaggat mit einem pensionierten Lehrer.
    »Sagst du es ihm?«, flüstert mir Adrienne ins Ohr und macht eine Kopfbewegung in Richtung Per, sodass mich ihre Wuschelfrisur am Hals kitzelt.
    »Was dich betrifft, musst du schon selber ran«, gebe ich gedämpft zurück.
    Sie rümpft erst kurz ihre feine Nase, setzt dann aber ein so charmantes Lächeln auf, wie ich es noch nie bei ihr gesehen habe.
    Aber bevor sie loslegen kann, trällert wieder einmal mein Natel los. Allgemeines Gestöhne im Abteil, als ich das Ding aus der neuen Ledertasche hervorkrame und einen Blick auf das Display werfe.
    Ich erkenne die Nummer sofort und staune, nehme den Anruf aber sehr gerne entgegen. »Gret?«
    »Hallo, Fred«, rauscht mir ihre sympathische Stimme entgegen. »Schön, dich wieder mal zu hören. Wo steckst du denn gerade?«
    »Im Zug von Kandy nach Colombo«, antworte ich wahrheitsgemäß. »Und du?«
    »Ich fröstle am Hüttnersee vor mich hin und bin eben zu dem Schluss gekommen, dass Rexons Mörder nur in Sri Lanka gefunden werden kann.«
    »Wieso das denn?«, frage ich stirnrunzelnd.
    Sie erläutert mir in der Folge ihre Theorie. Die leuchtet mir sofort ein – wie alles, was ich je von Gret zu hören bekommen habe.
    »Willst du nicht herkommen? Ich könnte dich hier gut gebrauchen«, sage ich, als sie ihre Ausführung beendet hat. »Aber ich warne dich: Der Job ist gefährlich!«
    Leonie mir gegenüber kräuselt ihre Stirn.
    »Es ist Gret«, raune ich ihr zu.
    »Ich überlege es mir«, vernehme ich deren Stimme aus dem Natel. »Ich würde eigentlich gerne, Michael hat auch nichts dagegen, im Gegenteil, aber …«
    »Es muss nicht sein«, sage ich schnell. »Ich habe hier zwischenzeitlich überraschend Unterstützung gefunden. Aber du wärst schon eine große Hilfe, klar.«
    In diesem Moment bricht die Verbindung ab.
    »Hallo?«, versuche ich es ein paarmal, aber Grets Stimme kommt nicht wieder. Deshalb drücke ich die Austaste und lege das Natel zurück in meine Tasche.
    »Will sie etwa herkommen?«, fragt mich Leonie zweifelnd.
    »Sie überlegt es sich«, gebe ich zurück.
    »Ich bleibe auf jeden Fall auch hier«, erklärt Adrienne in diesem Augenblick mit zuckersüßer Stimme.
    Das verschlägt erst einmal allen die Sprache.
    Wie meist fängt sich Leonie als Erste wieder.
    »Ein richtiges Amazonenheer um dich herum, Fred«, spottet sie. »Anna, Gret, Adrienne. Das gefällt dir sicher. Agent Staub und seine Engel.«
    Ich lasse das unkommentiert und betrachte lieber meinen Sohn Per, der wieder einmal etwas länger braucht, um zu begreifen. Er blickt seiner Freundin verblüfft und mit forschenden Augen ins Gesicht, was so aussieht, als suche er nach Hinweisen auf eine Geisteskrankheit.
    »Komm mit!«, zieht ihn Adrienne aus seinem Sitz und tappt mit ihm in Richtung des Speisewagens.
    Per folgt ihr verwirrt, aber widerstandslos, die Sportzeitung unter seinen rechten Arm geklemmt.
    Anna und Tschaggat blicken verwundert zu uns herüber.
    Ich sehe mich zu einer längeren Erklärung dahingehend genötigt, dass ich mit Adriennes Entscheidung nicht das Geringste zu tun habe.
    »Sie ist halt ziemlich stur«, schließe ich meinen unbedarften Vortrag.
    »Seit wann ist das ansteckend, Fred?«, höhnt Leonie.
    »Habe ich das richtig verstanden, dass du in Sri Lanka bleibst, Papa?«, fragt Anna daraufhin mit kritischem Blick.
    »Ja. Ich wollte es dir schon gestern sagen. Aber ich getraute mich wohl nicht.«
    Anna schnappt entgeistert nach Luft.
    Tschaggat versichert ihr daraufhin eifrig, sie müsse sich keine Sorgen machen. Ich sei in besten Händen, er habe sich persönlich darum gekümmert.
    »Ich fasse es einfach nicht!«, verdreht Anna ihre Augen. »Männergeheimnisse! Unglaublich! Ihr seid wohl beide nicht ganz bei Trost.«
    Ich quittiere sämtliche weitere Bemerkungen mit ausgedehntem Gähnen und linse durch meine halb geschlossenen Lider aus dem Fenster

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