Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Staub Im Paradies

Titel: Staub Im Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Solèr
Vom Netzwerk:
in Höngg am Abend wohl wirklich klappen würde. Sein Bruder und seine Schwägerin würden ebenfalls da sein. Sie würden ihm helfen, aus diesem Job herauszukommen. Am Ende ist nur auf die Familie Verlass, hatte ihm sein Vater immer wieder eingebläut. Es war höchste Zeit für seine Verwandtschaft, den Beweis anzutreten, dass dem wirklich so war.

Staub legt einen Hinterhalt
    Zwei Tage später lauern wir hinter ein paar Teepflanzen auf Egon Müller. Es ist hundertprozentig sicher, dass er irgendwann hier vorbeikommen muss. Denn Titus Trüeb hat ihn – unter vorgehaltener Waffe seitens meiner Helfer – zu sich zum Schachspielen eingeladen. Und diese Straße hier ist nach wie vor der einzige Weg, der Müllers Residenz mit der Außenwelt verbindet.
    Seit uns einer unserer Begleiter geraten hat, auf Schlangen zu achten, beobachte ich den dunklen, rötlich braunen Boden zwischen den Büschen mit deutlich größerer Aufmerksamkeit als die Straße. Adrienne hingegen scheint die Schlangengefahr egal zu sein. Die einzigen Tiere, die sie wirklich fürchtet, sind Spinnen. Ich konnte sie nicht daran hindern, hierher mitzukommen, auch wenn ich sie weit lieber bei Anna und Tschaggat in der sicheren Umgebung des Forschungszentrums gewusst hätte. Aber so etwas wie gute Ratschläge nimmt Adrienne einfach nicht an.
    Deshalb kauert sie jetzt neben mir, in einem verwaschenen Jeansanzug und mit klobigen Wanderschuhen, und blickt ab und zu durch den Feldstecher, den ihr einer der Soldaten ausgeliehen hat. Derjenige nämlich, der sich gestern schüchtern bei mir erkundigt hat, ob das Mädchen verheiratet sei. Was ich natürlich energisch bejaht habe. Dabei ist Per derzeit mehr als sauer auf sie – dass Adrienne darauf bestanden hatte, ohne ihn in Sri Lanka zu bleiben, hat ihn tief gekränkt.
    Mir ist ehrlich gesagt nicht ganz wohl inmitten dieser kleinen Privatarmee, deren Angehörige zwar angeblich Teil des aufgeblähten sri-lankischen Militärapparats sind, seltsamerweise aber weder irgendwelche Abzeichen noch offizielle Uniformen tragen. Dafür sind sie schwer bewaffnet und allesamt kräftig und durchtrainiert.
    Immerhin stehen sie eindeutig auf meiner Seite. Seitdem wir unsere Liebsten am Flughafen verabschiedet haben, begleiten uns die Männer auf Schritt und Tritt und kennen weder falsche Rücksichtnahme noch Skrupel. Um nicht zu sagen: Sie sind ziemlich brutal.
    Meine beiden Verfolger stellten sie noch vor dem Flughafen in den Senkel. Sie geleiteten die zwei in einen Lagerraum fernab der Abflughalle und ich habe sie seither nicht mehr gesehen. Im Übrigen auch keine anderen Verfolger mehr. Später knickte Titus Trüeb vor ihnen ein wie ein Schachtelhalm in den Händen eines gedopten Schwingers. Er erzählte uns unter anderem, dass Müllers offenbar komplett missratener Sohn Frank zum Zeitpunkt von Rexons Tod in der Schweiz weilte. Dass Rainer Schütz davon gewusst habe. Dass Frank leidenschaftlich gerne schieße. Er gab uns sogar ein paar Fotos von Müllers Sohn.
    Nur wann der irre Frank nach Sri Lanka zurückgekehrt ist und wo er sich derzeit aufhält, wusste Trüeb leider nicht. Mit Schrecken habe ich nachgerechnet, dass Frank und ich möglicherweise sogar im selben Flieger saßen. Denn der erste Direktflug von Zürich nach Colombo an dem Montagmorgen nach Rexons Ermordung war jener, in dem wir auch saßen.
    Die Kollegen in Zürich sind derzeit dabei, sich die Fluglisten zu beschaffen; ich erwarte ihre Informationen ungeduldig. Dummerweise befinden wir uns hier in einem Funkloch. Sonst würde ich sie, ungeachtet der Tageszeit, anrufen.
    Ebenso würde ich mich bei Anna erkundigen, ob der verschollene Hugentobler endlich wieder aufgetaucht ist. Das Verschwinden unseres Klappstuhlfreundes ist nämlich eine der großen Unbekannten in diesem Fall. Eine andere ist das Schicksal von General Premadasa. Meine Begleiter wischen zwar sämtliche diesbezügliche Fragen unwirsch beiseite und versichern mir gebetsmühlenartig, er sei keine Gefahr mehr für uns. Warum dem so ist, sagen sie allerdings nicht. Vielleicht haben sie selbst keinerlei Ahnung, was hier hinter den Kulissen läuft und wer wie an den Fäden zieht.
    Ich hoffe deshalb einfach, dass die Stimmung im Land zu unseren Gunsten gekippt und Premadasa in Ungnade gefallen ist. Tschaggats Onkel hat großen Einfluss in Sri Lanka, dessen bin ich mir inzwischen sicher. Und auch Annas Liebling selbst gehört – trotz seiner umgänglichen Art – zweifellos zur Führungselite des

Weitere Kostenlose Bücher