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Staub zu Staub

Staub zu Staub

Titel: Staub zu Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga A. Krouk
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Hypoglykämie, er ist absolut zuckerabhängig. Insulin wird ihn für eine Weile ausschalten.“
    „Und dann?“
    „Wir retten deine Thora. Wir retten Max vor dem Drachen.“
    „Ich kann ihm unmöglich wehtun!“
    „Vertrau mir einfach, okay? Ihm wird nichts geschehen. Ich verspreche es.“
    Mirjam zögerte. „Wo willst du das Insulin herbekommen?“
    „Dani hat einen Pen. Das wird reichen.“
    „Ich weiß nicht.“ Mirjam schüttelte sich in der Morgenkühle. „Es fühlt sich nicht richtig an.“
    „Manchmal“, mit verschwitzten Handflächen umschloss Kristin ihr Gesicht, „manchmal, um jemanden zu retten, muss man demjenigen wehtun, den man liebt. Ich weiß, was zu tun ist, Zwergmaus. Vertrau mir.“
    Kristins Worte hallten durch ihren Kopf. Sie durfte den Drachen nicht siegen lassen. Sie brauchte Max, ihren Max, der ihr Geborgenheit und Licht schenkte, der sie beschützte. Und jetzt brauchte er ihre Hilfe vor einer Gefahr, die in ihm lauerte. Daniel hatte das Tier gestoppt, indem er Max mit dem Stuhl auf den Kopf geschlagen hatte. Ihr Plan begann Form anzunehmen. Mit Insulin würde sie den Drachen ausschalten. Danach fände sie in der Thora die Lösung, wie sie das Tier für immer verbannen konnte, und dann würde sie die Heilige Schrift in Sicherheit bringen.
    „Gut. Ich mache es.“
    Kristin atmete auf. „Dann lass uns zurückgehen.“ Sie führte Mirjam zum Hotel. Diesmal begrüßte sie sogar den Portier mit einem flüchtigen Lächeln. In ihrem Zimmer wühlte Kristin in Daniels Motorradjacke und holte das schmale Etui. „Hier.“ Sie drückte den Behälter Mirjam in die Hand. „Mach das, solange er schläft. Es reicht, wenn du mit der Nadel seinen Oberarm triffst. Dann den Clip betätigen und fertig.“
    Mirjam öffnete das Etui. Einige Sekunden starrte sie das Gerät an, dann nahm sie es und versteckte es in der Tasche ihres Blazers. Wieso fühlte es sich so falsch an? Sie unterdrückte die Zweifel. Der Pen lag gut in der Hand und schenkte ihr Sicherheit. Auf der Schwelle zu ihrem Zimmer blieb sie stehen. Max studierte die Thora auf dem Boden und kritzelte etwas in einen Hotelnotizblock.
    „Du kannst ruhig reinkommen. Ich habe nicht vor, dich zu fressen“, sagte er, ohne den Blick von seinen Notizen zu lösen.
    Mirjam schloss die Tür hinter sich. „Ich dachte, du wolltest schlafen.“
    „Konnte ich nicht. Ich will endlich wissen, warum ich hier bin.“
    Als sie ihm über die Schulter blicken wollte, rollte er die Thora zusammen. „Tut mir Leid. Ich kann nicht erlauben, dass du sie siehst.“
    Mirjam erhaschte einen Blick auf seinen Block. ‚Was bin ich?’, stand dort in Hebräisch. Darunter füllten hebräische Buchstaben das Blatt, manchmal mit kleinen Zahlen darüber. Zwei davon waren umkreist:

    Sin, Teth.
    Suchte er die Antwort darauf, was er war? Aber das wusste er doch schon. Ihre Hand, die den Pin in der Tasche umklammerte, gehorchte ihr nicht, weigerte sich zuzustechen. Vielleicht konnte sie ihn doch überzeugen, dem Willen seines Schöpfers zu folgen?
    „Max, ich muss mit dir über diese Thora reden. Was du vorhast …“
    Seine Augen blitzten wild auf. Für eine Sekunde flammte Feuer darin auf. „Es geht nicht anders. Das weißt du.“ Er zählte einige Buchstaben ab. Die Spitze seines Bleistiftes verharrte über einem ‚Nun’:. Diesen umkreiste er.
    Mirjam starrte auf die Buchstaben. Sin, Teth, Nun. S-T-N. Die Thora hatte ihre Antwort gegeben.
    Ein Engel.
    Der mächtigste und gefährlichste seiner Art, der eine ganz besondere Aufgabe erfüllt: Die Menschen in Versuchung führen, sie auf die Probe stellen und vor dem Gerichtshof des Schöpfers anklagen. Schritt für Schritt hatte er Mirjam vom rechten Weg abgebracht. Sie erinnerte sich an den Schluck Blut, den sie in ihrem Traum auf dem Rücken des Drachens genommen hatte. Die Krönung ihres Sündenfalls.
    Ihr Blick schweifte zur Thora. Die letzte Probe, ob sie die Zerstörung der Heiligen Schrift zulassen würde.
    „Doch, es geht anders.“
    Sie zwang sich, die Kappe des Pens und die Schutzhülle der Nadel abzunehmen.
    „Ich werde nicht mit dir darüber diskutieren, Mirjam.“ Er las die Botschaft der umkreisten Buchstaben und sein Gesicht versteinerte.
    „Ich auch nicht.“ Mirjam stieß die Nadel durch den Stoff seines Hemdsärmels und drückte auf den Clip. In Sekundenschnelle schoss das Insulin unter seine Haut.
    Max sah den Pen an, dann Mirjam. „Er hat mir gesagt, dass du es tun wirst. Er sandte mir die Stimmen,

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