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Staub zu Staub

Staub zu Staub

Titel: Staub zu Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga A. Krouk
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im Pflegeheim nicht genug Aufmerksamkeit geschenkt habe. Lassen Sie mich Ihnen helfen. Erzählen Sie mir, was in der Gasse wirklich passiert ist.“
    Mirjam starrte an ihm vorbei. Auf den zugezogenen Jalousien formte sich das Gesicht des Sterbenden, verzerrt und hasserfüllt.
Macht’s Spaß, mich zu quälen, du Miststück?
    „Max hat mir das Leben gerettet.“ Mirjam trotzte dem Hohn ihres Hirn-gespinstes. „Einer der Angreifer ist geflohen und der andere ist einfach zusammen-gebrochen. Herzinfarkt vielleicht, was weiß ich. Mehr kann ich nicht sagen.“
    „Verstehe.“ Schöbel kritzelte etwas auf einem Blatt seines Notizblockes. „Falls Sie beschließen sollten, mir etwas über den Vorfall erzählen zu wollen – hier.“ Mit einem Ruck riss er den Zettel ab. „Ich bin für Sie da. Zu jeder Uhrzeit.“
    Mirjam ignorierte die ausgestreckte Hand mit der Notiz und stand auf. „Wo kann ich auf Max warten?“
    Schöbel zerknüllte das Blatt und umschloss es mit der Hand. „Herr Helmgren ist bis auf Weiteres festgenommen.“
    Ihre Beine wurden weich, als hätten sich die Knochen darin zu einem Brei verflüssigt.
    „Was?“
    „Er steht unter dem Verdacht, eine Straftat begangen zu haben. Ich denke, der Richter wird noch heute den Haftbefehl erlassen.“
    „Sie stecken ihn ins Gefängnis? Weil er denselben Kreuzanhänger hat wie der Typ?“
    „Nein, weil dieser Typ, der übrigens eine Frau und ein dreijähriges Kind hatte, unter seltsamen Umständen umgekommen ist.“
    Mirjam hielt sich an der Stuhllehne fest. Reiß dich zusammen!, befahl sie sich. Taschentücher vollrotzen half jetzt keinem und Max am allerwenigsten. Erst mal musste sie fort von hier und in Ruhe ihre Gedanken ordnen. „Darf ich kurz telefonieren? Sie haben ja mein Handy sichergestellt und ich möchte abgeholt werden.“
    „Klar.“ Schöbel schob ihr das Telefon zu – ein altes Modell in Dunkelgrün, mit einem Spiralkabel und klobigen Tasten.
    Einen Augenblick überlegte Mirjam, ihre Eltern anzurufen. Die Finger hatten schon die ersten Ziffern eingetippt, als sie auf die Gabel drückte. Was ihr Vater zu all dem sagen würde, konnte sie sich zu gut ausmalen. Aber wen sollte sie sonst anrufen?
    Erstaunt über sich selbst, wählte sie Kristins Nummer, die sie seit der Konzert-Verabredung im Kopf hatte. Nach dem dritten Ton wurde abgenommen.
    „Wiebke.“
    „Kristin? Mirjam hier. Ich brauche Hilfe …“
    „Moment.“ Die Frau am anderen Ende brüllte: „Krissi? Für dich, meine Kleine!“
    Mirjam versuchte sich den Menschen vorzustellen, der Kristin als klein bezeichnete. Die kläglichen Versuche ihres abstrakten Denkens wurden von der Stimme aus dem Hörer unterbrochen.
    „Ja, bitte?“
    „Hallo Kristin, ich bin auf der Polizeiwache.“ Sie wickelte die Telefonschnur um den Finger, während Schöbels Atem in ihrem Rücken zischelte. „Es ist etwas Schreckliches passiert.“
    „Ich weiß. Es kommt jede halbe Stunde im Radio. Ich bin gleich bei dir. Auf welcher Wache bist du?“
    Mirjam kauerte auf einem Plastikstuhl im Erdgeschoss. Die Menschen um sie registrierte sie nur an den Schuhen, die an ihrem starren Blick vorbeihasteten. Irgendwann verharrten vor ihr zwei hellbraune Mokassins mit Lederschleifen. Mirjam sah auf. Kristin lächelte und zog sie an der Hand hoch.
    „Ach herrje, du machst Sachen, Süße.“ Sie strich Mirjam das Haar nach hinten. „Und wie du aussiehst!“
    „Das wird schon. Was nicht tötet, härtet ab.“ Mirjam kämmte die Haare wieder nach vorn. Unter dem Schleier fühlte sie sich geschützt.
    Kristin hakte sich bei ihr ein und zog sie zum Ausgang. „Nicht erschrecken, draußen lauern ein paar Geier.“
    Wen Kristin als Geier bezeichnete, erfuhr Mirjam, sobald sie die Glastür der Polizeiwache passiert hatten. Zwei Männer mit Diktiergeräten stürmten zum Treppenabsatz, links blitzte es. Instinktiv hob Mirjam die Hand, während es noch einmal aufblitzte.
    „Können Sie uns etwas über den Vorfall erzählen?“, drängte einer und stocherte ihr mit einem Diktiergerät im Gesicht herum.
    „Stimmt es, dass Sie bereits vor diesem Vorfall in ein Verbrechen verwickelt waren?“, rief der andere.
    „Kein Kommentar!“, dröhnte Kristin und steuerte voran wie ein Panzer über eine Barrikade. Einer der Männer stolperte rückwärts die Treppe herunter. Es blitzte wieder.
    Noch bevor Mirjam sich versah, schleppte Kristin sie zu einem weißen Fiat und verfrachtete sie auf den Beifahrersitz.
    Mirjam legte den Gurt

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