Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Staub zu Staub

Staub zu Staub

Titel: Staub zu Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga A. Krouk
Vom Netzwerk:
an. „Reporter habe ich jetzt wirklich nicht erwartet.“
    „Du bist ja putzig.“ Kristin startete den Motor. „Ein Toter, eine Berühmtheit und eine unbekannte Frau im Mittelpunkt des Geschehens. Noch Sex und Drogen dazu, und die Story ist perfekt.“
    Mirjam lehnte den Kopf gegen die Stütze und beobachtete, wie ein Duft-bäumchen am Spiegel wippte, während das Auto um die Kurve kachelte.
    „Jetzt will ich einfach nur nach Hause“, murmelte sie. Aber der Gedanke an ihre leere Wohnung verursachte ihr Gänsehaut. Sie hasste es, Tag für Tag dorthin zurückkehren zu müssen. Heute ganz besonders.
    „Vergiss es. Erstens wirst du dort garantiert von den Geiern terrorisiert, und zweitens: Die Typen, die dich überfallen haben, wissen bestimmt, wo du wohnst. Du kannst ein paar Tage bei mir bleiben, bis wir uns etwas anderes überlegt haben.“
    „Danke“, sagte sie automatisch, noch bevor die Gedanken daran, wie sie diese Tage in einer unkoscheren Umgebung verbringen sollte, ihr Hirn beschleichen konnten. Der synthetische Tannenduft des Bäumchens vermischte sich mit dem Muff des Autos, trotzdem fühlte Mirjam sich geborgen. „Du fragst ja gar nicht, was genau passiert ist.“
    „Ich denke, wenn du soweit bist, wirst du es mir schon erzählen.“
    „Max wurde festgenommen.“
    „Scheiße! Aber er hat bestimmt einen Anwalt, der wird das schon regeln. Mach dir keine Sorgen.“
    Während die Häuser an ihr vorbei zogen, tauchte in ihrem Gedächtnis wieder das Gesicht des Sterbenden auf. Tief bohrte der Spuk seine Wurzeln in ihren Kopf. „Ich habe etwas Furchtbares getan“, kam es aus ihr. „Dass der Kerl tot ist – das habe ich mir gewünscht.“
    „Na typisch, jetzt gibst du wieder dir die Schuld für alles?“ Kristin schnippte das Duftbäumchen an. „Was dem Arschloch geschah, war absolut verdient. Wäre ich an Max’ Stelle gewesen, hätte ich dem Dreckskerl auch den Hals umgedreht.“
    Mirjam knetete ihre Finger. Hätte Max dem Dreckskerl den Hals umgedreht, wäre das weit weniger beunruhigend gewesen. Aber egal, wie es passiert war, er hatte sie gerettet. Sogar vor etwas Schlimmerem, als dem Tod. Und jetzt musste er dafür ins Gefängnis. Kristins Stimme holte Mirjam aus den Gedanken.
    „Ich habe Max gern. Sehr sogar.“
    Die letzten Worte blieben im Innenraum schweben wie das künstliche Aroma des Duftbäumchens. War sie auf Kristin eifersüchtig? Quatsch, redete sie sich ein, weswegen auch? Doch es blieb bitter auf ihrem Gemüt liegen.
    Nach vierzig Minuten des Schweigens steuerte Kristin den Wagen zu einem Plattenbau. Mirjam stieg aus. Die grauen Hochhäuser umschlossen den Hof, als hätte ein Kind Bausteine lieblos aneinander gereiht. Ein Grüppchen Jugendlicher kam ihr entgegen, die einander schubsten und lauthals gackerten. Der Ältere warf eine Flasche und das Glas zerschellte auf dem Bürgersteig.
    Kristin schloss das Auto ab, rüttelte an der Tür und sah dem Randalierenden hinterher. „Die meisten sind Sozialwohnungen, aber für was Besseres haben Mam und ich kein Geld.“
    Der Aufzug ratterte und ächzte, während er Mirjam und Kristin in den vierten Stock beförderte. Im Treppenhaus kämpfte der Geruch von Bratkartoffeln mit Ausdünstungen aus einer geöffneten Klappe des Müllschachtes.
    Sobald Kristin aufgeschlossen hatte, grölte sie in die Wohnung:
    „Mam? Wir sind da!“ Und zu Mirjam: „Das ist keine Sierichstraße, hier kannst du dich nicht verlaufen.“ Sie deutete auf die Türen. „Wohnzimmer – du wirst auf der Luftmatratze schlafen, okay? Das Bad, ach ja, die Spülung ist kaputt, unter dem Waschbecken steht ein Eimer, da füllst du das Wasser rein und gießt es ins Klo. So, hier um die Ecke ist die Küche und da ist das Schlafzimmer von mir und Mam. Geh schon mal in die Stube, ich mach uns erst mal einen Tee.“
    Im Wohnzimmer hatte sogar Mirjam Schwierigkeiten sich frei zu bewegen, ohne sich an den Möbelstücken zu stoßen, auch wenn diese nur aus einem abgewetzten Sofa, einem Couchtisch und einem Schreibtisch bestanden. Am Fenstersaß eine Frau in einem Rollstuhl, den Kopf über ein Buch geneigt. Als Mirjam herantrat, sah sie auf und legte die Lektüre zur Seite.
    „Ah, da bist du.“
    Auch wenn Mirjam nichts von der ‚Mam’ gewusst hätte, hätte sie die Frau erkannt. Dieselben karottenfarbenen Haare und grünen Augen auf einem Mondgesicht mit Sommersprossen. Hinter einem Terrakotta-Topf mit einer Elefantenfuß-Pflanze, kam eine schwarze Katze hervor und schmiegte

Weitere Kostenlose Bücher