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Staub zu Staub

Staub zu Staub

Titel: Staub zu Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga A. Krouk
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Geste holte er aus einem Fach einen Notizblock und zückte aus dem Stifthalter einen Plastik-kugelschreiber.
    „So. Ich bin gespannt.“ Er sackte auf einen Bürostuhl. „Erzählen Sie, was vorgefallen ist.“
    „Das habe ich schon mindestens vier Mal getan. Zwei Mal am Tatort und zwei Mal hier.“ Sie ahnte, wozu die Schikane mit der Fragerei diente. Sie hätte sich beim ersten Mal nicht so verhaspeln dürfen.
    Schöbel breitete seine Ellbogen auf dem Tisch aus und beugte sich vor, als wolle er mit seiner Präsenz nicht nur den Platz hinter dem Tisch, sondern das ganze Büro ausfüllen. „Wir wollen doch gründlich sein.“ Mit dem Stift wies er auf Mirjam. „Wie lange kennen Sie Herrn Helmgren schon?“
    „Ich habe ihn am Montag nach seinem Konzert kennen gelernt.“ Sie rieb sich im Gesicht und zuckte vor Schmerz zusammen. Ihre Finger ertasteten das ge-schwollene Auge. „Ich liebe Klassik.“
    Zum Glück saß sie hier im Büro und nicht in irgendeinem Verhörraum mit einem riesigen Spiegel an der Wand, wo sie ihr Elend von allen Seiten beschauen konnte.
    Schöbel reckte seine Schulter, als wolle er ihre Aussage abwägen. „Und wann haben Sie an ihm etwas … Seltsames festgestellt?“ Auch wenn seine Bewegungen lässig wirkten, war sein Blick lauernd. Hatte etwa ein Zeuge beobachtet, wie Max den Typen umgebracht hatte? Die hebräischen Worte und was sie bewirkten?
    „Seltsames?“ Sie neigte den Kopf. Die Haare fielen nach vorn und versteckten ihr Gesicht vor der Welt. „Hören Sie, einer der Kerle hat mich in diese Gasse gelockt und dort überfallen. Ich denke, die beiden sind mir schon ab dem Pflegeheim gefolgt. Und wenn Max nicht gewesen wäre, würde ich jetzt in eurer Leichenhalle liegen, mit einem schönen Anhänger am großen Zeh.“
    Ihre Gedanken kehrten zum Verhörraum zurück. War Max dort? Als sie die Polizei angerufen hatte und die Streifen kamen, wirkte er noch benommen. Danach bekam sie keine Möglichkeit, auch nur ein Wort mit ihm zu wechseln.
    „Die Angreifer sollen Ihnen also gefolgt sein?“
    Mirjam kräuselte die Nase, auch wenn es wieder Schmerzen bewirkte, und lugte unter dem Haarschleier hervor.
    „Wie realistisch ist denn ein zufälliges Treffen an einem U-Bahn-Eingang?“
    Schöbel rollte auf seinem Bürosessel etwas zurück und streckte die Beine aus. Zwischen dem Hosenrand und den Socken zeigte sich blasse, behaarte Haut.
    „Und woher wusste Herr Helmgren von dem Überfall?“
    „Wie kommen Sie jetzt darauf? Wir waren verabredet. Vielleicht kam er mir gerade entgegen und hat mich gehört? Ich habe um Hilfe geschrien.“
    „Warum hat Sie dann keiner der Passanten gehört, hm?“
    Mirjam zwang sich, ihm in die Augen zu sehen. „In Heide wurde vor ein paar Jahren eine Vierzehnjährige in einer Fußgängerzone vergewaltigt. Da hat sich auch kein Mensch drum geschert.“
    Der Beamte überlegte einen Moment. „Wissen Sie, seine Kollegen, mit denen er ja Probe hatte, sagen aus, dass er plötzlich alles stehen und liegen gelassen hat und – weg war er. Mit anderen Worten: Helmgren befand sich während des Überfalls gar nicht in der Nähe.“ Schöbel zog seine blonden Augenbrauen hoch und klemmte den Kugelschreiber zwischen seine Zeigefinger. „Wenn er Ihre Rufe vernommen haben soll, dann hat er sogar für einen Musiker ein außergewöhnliches Gehör. Meinen Sie nicht auch?“
    Mirjam ahmte den Polizist nach, indem sie sich betont aufrecht setzte und die Augenbrauen hob. „Was weiß ich schon von seinem Gehör? Fragen Sie ihn doch selbst.“
    Schöbel lächelte und warf den Kugelschreiber auf den Block. Der Stift rollte über das Blatt und blieb am Rand liegen. „Sagt Ihnen der Spruch ‚Inter spem et metum’ irgendetwas?“
    Mirjam horchte auf. Wie kam der Mann jetzt darauf? „Preschke hat ihn erwähnt. Ich wollte es Ihnen ja beim letzten Mal erzählen, aber Sie haben mir nicht zugehört.“
    „Da habe ich mich wohl geirrt. Der Tote hatte einen goldenen Kreuzanhänger mit diesem Spruch bei sich. Herr Helmgren auch. Also, noch einmal: Woher wusste Herr Helmgren vom Überfall? Welche Verbindung hatte er zu dem Toten?“
    Mirjam streckte ihr Kinn vor. Hatte sie nicht das Recht zu schweigen? Sollte er doch fragen. Nichts anderes würde er von ihr zu hören bekommen!
    Schöbel ging um den Tisch, setzte sich auf die Kante und senkte die Stimme zu einer vertraulichen Tonlage. „Frau Belzer. Ich weiß, dass Sie sehr viel Angst haben. Und es tut mir Leid, dass ich Ihrer Aussage

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