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Staub zu Staub

Staub zu Staub

Titel: Staub zu Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga A. Krouk
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verrückt!“, fauchte sie und stellte sich vor Max, dem inneren Drang folgend, ihn vor der ganzen Welt zu beschützen. Kein Kleinchen Mirjam mehr. Jetzt würde sie jeden eigenhändig erwürgen, der auch nur in Erwägung zog, Max wehzutun. „Irgendwelche Fanatiker kreuzigen ein Kind, dann kriegt einer Skrupel und Sie helfen, ohne mit der Wimper zu zucken?“
    Helmut Steiner schielte zum Kruzifix. „Ich bin Katholik. Ich wünschte, ich könnte behaupten, es aus tiefstem Glauben getan zu haben. Aber so war es nicht. Pater Preschke hat mir dafür dreißigtausend Mark gegeben. Es war viel Geld.“
    Max stützte sich an der Stuhllehne. Seine Stimme klang gebrochen. „Ich verstehe das nicht. Warum wollte dieser Friedmann mich umbringen? Was habe ich denen getan?“
    „Du wurdest geboren.“ Steiner schob einen Tontopf mit einem Melonenkaktus auf dem Fensterbrett vor und zurück. „Du bist Jesus Christus, unser Herr und Heiland.“
    Kristin prustete vor Lachen. Sie presste eine Hand vor den Mund, ohne ihr Gackern unterdrücken zu können. „Entschuldigung, unser Max soll der wieder-geborene Jesus Christus sein?“ Doch ihre Erheiterung hörte sich gekünstelt an.
    „Es gab so viele Zeichen und Wunder. Pater Preschke hat es gemerkt und er muss Friedmann wohl davon erzählt haben.“
    „Was für Zeichen?“, wollte Max wissen.
    „Du warst nie ein Kind gewesen. Mit drei hast du Bibel und Apokryphen in Hebräisch und Aramäisch gelesen, es gab keine Sprache, die du nicht hättest verstehen können. Du konntest den Menschen die Seele reinigen. Manchmal, wenn du einen auf diese besondere Art berührt hast, fühlte man sich geheiligt. Aber verraten hat dich eine Katze.“
    „Welche Katze?“, fragte er, während Kristin sich unter einem neuen, leicht hysterischen Lachanfall krümmte.
    „Wie seltsam die Zufälle doch sind. Ich war es, der sie überfahren hat. Das Tier gehörte der Tochter unseres Nachbarn und sie brachte den Leib zu dir. Du hast die Katze geheilt, du hast ihr deinen Atem eingehaucht und sie auferstehen lassen. Ich habe es gesehen und meinen Glauben wiedererlangt.“ Max fuhr sich mit den Fingern über die Wange. „Du erinnerst dich? Das Vieh hat dich gekratzt. Es hatte eine Heidenangst vor dir. Du hast dem Mädchen verboten, jemandem davon zu erzählen, aber die Göre plapperte trotzdem alles aus. So erfuhr Pater Preschke davon, kurz danach auch Friedmanns Leute. Irgendwann gab es keine Zweifel mehr. Du wurdest wiedergeboren, um über die Menschen zu richten. Denn du bist Jesus Christus, unser Herr und Heiland.“
    „Ja“, flüsterte Max. „Das haben Sie schon oft gesagt. Hören Sie bitte auf damit.“
    Mirjam verschränkte die Arme vor der Brust.
    „Langsam verstehe ich den Schwachsinn. Sie dachten, Max wäre Jesus und kreuzigten ihn, weil nach Ihrem bescheuerten Testament mit seiner Wiederkunft das Jüngste Gericht kommt?“
    „
Denn ein Gehenkter ist ein von Gott Verfluchter
. So steht es im Deuteronomium, dem fünften Buch Moses. Friedmann war der Meinung, es ist die einzige Möglichkeit, die Verbindung zum Herrn zu brechen und Jonathans Heiligkeit zu schänden.“
    Max hob die Hand. „Gott hat Jesus nicht verstoßen, auch wenn er gekreuzigt wurde.“
    „Deshalb hat Friedmann … er hat … er hat das Kreuz umgedreht. Als Zeichen … Und dann hat er …“ Der Mann verstummte und schüttelte den Kopf. „Es war schrecklich.“
    Mirjam weigerte sich, all das zu glauben, sie wollte fliehen und diesen alten Irren für immer vergessen. Dennoch passten einige Puzzleteile zusammen. Sie suchte Max’ Blick, der leer und verloren wirkte, streckte ihm die Hand entgegen, doch er starrte an ihr vorbei.
    Kristin atmete geräuschvoll durch. Von ihrem hysterischen Lachen hatte sich ihr Gesicht mit roten Flecken bedeckt, ihre Stimme ertönte ungewöhnlich hoch, fast piepsig. „Und als Sie Max nach Schweden gebracht haben, versuchte Friedmann nicht, ihn zu finden?“
    „Ich habe das Geheimnis gehütet. In den ersten Monaten ließ Friedmann alles absuchen, nur mit Schweden hat er nicht gerechnet. Viel kann ich nicht sagen, ich gehöre dieser Bruderschaft nicht an. Ich denke, er hat geglaubt, es warzur Himmelfahrt gekommen und die Gefahr war gebannt. Nur hatte der Pater zu trinken begonnen und seinen Verstand mit Alkohol weggespült.“
    Max schüttelte den Kopf, als wolle er damit seine Starre abstreifen. „Das reicht. Ich erinnere mich an nichts, na ja, an kaum etwas. Sie können mir viel

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