Staub zu Staub
Problem.“
Aus dem Bad ertönte: „Oh shit!“ Die aufgeschlagene Tür prallte gegen die Wand. Kristin, geschminkt und frisiert, in eine grüne Satinbluse und einen weißen Schlüpfer mit Blümchentupfer gekleidet, stampfte zum Schlafzimmer.
„Hi, Max. Bin gleich fertig. Hab nur meine Hose vergessen.“
Mirjam bemerkte seinen leicht verwunderten Blick und beeilte sich zu erklären: „Ich habe Kristin gefragt, ob sie mitkommen möchte. Sie hat heute frei. Ich hoffe, du hast nichts …“
„Auch das ist mir recht“, erwiderte er, ohne zu ihr aufzusehen, und sie kam sich kläglicher vor als der Elefantenfuß in der Ecke.
Frau Wiebke lachte auf, wodurch ihr ganzer Körper bebte. „Du bist aber pflegeleicht.“
Er lächelte ihr zu. „Vor allem: abwaschbar und knitterfrei.“
Tüpfelchen schlich aus dem Wohnzimmer herbei. Ihr rosa Näschen bebte und beschnupperte die Luft. Max streckte ihr eine Hand entgegen. Die Katze wölbte den Rücken, fauchte und huschte zurück ins Zimmer.
Als Kristin angezogen im Flur erschien, drückte Frau Wiebke ihr eine Brotdose und eine Flasche Mineralwasser in die Hand. Mirjam winkte zum Abschied und verließ hinter Max und Kristin die Wohnung.
Der schwarze Audi parkte direkt vor dem Eingang. Am Wagen standen zwei Jugendliche. Einer schlich um das Auto, der andere presste seine Nase gegen das Seitenfenster. „Wow. Was denkste, wie viele Zylinder der Motor hat?“
Der Erste hatte sich über die glänzende Motorhaube gebeugt und drückte einen Pickel an seinem Kinn aus. Als der Audi aufblinkte, schreckten die beiden zurück.
„Zwölf Zylinder“, sagte Max freundlich und öffnete die hintere Tür.
Mirjam biss sich auf die Unterlippe, den Tränen nahe. Sogar zu diesen beiden war er der Sonnenschein selbst, nur sie wurde von ihm hartnäckig ignoriert. Zerknirscht schob sie sich auf die Rückbank und überließ Kristin den Beifahrerplatz.
Der Wagen rollte über die Straße. Durch die Heckscheibe sah Mirjam, wie die Jugendlichen ihnen nachblickten. Ob sie immer noch Max’ Audi nachschwärmten oder dem schwarzen Motorrad, das hinter ihnen herfuhr?
Während der Fahrt plapperte Kristin unentwegt. Die Blicke und das gelegent-liche Lächeln, das Max ihr zuwarf, wurmten Mirjam. Nein, Quatsch. Was war schon dabei, wenn man sich nett unterhielt? Doch als Kristin etwas sagte und da-raufhin Max’ Lachen erklang, bereute Mirjam, Kristin zu diesem Ausflug überredet zu haben. Die Möglichkeit, mit ihm unter vier Augen über den Artikel zu reden, hatte sie verdorben.
Die Fahrt dauerte über eine Stunde, bis der Wagen die Autobahn verließ und auf einen schlecht asphaltierten Weg gelang, der durch kleine Siedlungen und weite Felder führte. Wie sich bald herausstellte, wohnte Helmut Steiner auf einem Bauernhof mitten im Nirgendwo. Das letzte Dorf lag drei Kilometer zurück. Das Haus Anno 1867, wie die Schrift unter dem Reetdach besagte, wurde von Feldern und einem Wald umgeben und vermittelte den Traum ländlicher Idylle. Max parkte den Wagen hinter einer verwitterten Scheune mit einem schiefen Dach. Der Geruch von Kuhmist wehte ihnen entgegen. Über dem Wald hingen tiefe Wolken, während sich über ihr der blaue Himmel erstreckte. Große Pfützen und Schlamm machten den Hof nahezu unpassierbar.
Max klingelte. Im Inneren des Hauses scharrten Schritte, das Schloss klackte und die Tür quietschte. Auf der Schwelle erschien ein dürrer Mann um die Mitte Fünfzig, in ausgeleierten Jogginghosen und einem Unterhemd mit Flecken. An seinem Hals glänzte ein goldenes Kettchen mit einem schlichten Kreuz, das sich in seiner Brustbehaarung verlor. Auf der rötlichen Kopfhaut sprossen graue Haare.
„Ja bitt…“ Der Mann riss die Augen auf und sein Gesicht verlor an Farbe. „Sei gepriesen, Herr Jesus Christus.“ Er fiel auf die Knie, während Tränen Spuren auf seinen unrasierten Wangen zogen. „Sohn des lebendigen Gottes, du bist der Erlöser der Welt, unser Herr und Heiland.“ Seine gefalteten Hände streckte er Max entgegen.
Eine Weile rührte sich niemand. Auf dem Feld krakeelten Krähen. Irre, dachte Mirjam, der Mann war total irre. Von Christen hätte sie schon alles erwartet, aber Max als Jesus anzubeten – das war zu viel. Bis Kristins Gackern in das der Krähen einstimmte.
„Na, das fängt schon mal lustig an.“
Max bückte sich zu dem knienden Mann. „Sind Sie Herr Steiner? Wir würden gerne mit Ihnen reden. Dürfen wir vielleicht reinkommen?“
Der Mann senkte in Demut den
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