Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Staub

Staub

Titel: Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
Vom Netzwerk:
faszinierend und gleichzeitig ein wenig beängstigend findet. Inzwischen macht ihr alles Angst. »Ich liebe Gartenarbeit. Und Sie?«
    »Oh, ja.«
    »Glauben Sie, dass jemand durch das Fenster eingestiegen ist?«, fragt Mrs. Paulsson und bemerkt plötzlich das schwarze Pulver auf dem Fensterbrett und am Rahmen. Auf der Innen- und Außenseite der Scheibe entdeckt sie noch mehr schwarzes Pulver und einige Spuren, die von Klebeband zu stammen scheinen.
    »Ich habe einige Fingerabdrücke sichergestellt«, erklärt Marino. »Keine Ahnung, warum die Cops sich diese Mühe gespart haben, denn ich habe ein paar gefunden. Wir werden sehen, ob sie uns weiterbringen. Ich muss Ihnen die Fingerabdrücke abnehmen, um sie ausschließen zu können. Vermutlich hat die Polizei das noch nicht erledigt.«
    Sie schüttelt verneinend den Kopf und starrt auf das Fenster und auf das schwarze Pulver, das überall verstreut ist.
    »Wer wohnt denn hinter Ihrem Grundstück, Mrs. Paulsson?«, fragt Marino. »In dem alten Haus hinter dem Zaun?«
    »Eine ältere Frau. Ich bin ihr schon seit einer Weile nicht mehr begegnet. Genau genommen seit einigen Jahren. Ich bin nicht einmal sicher, ob sie überhaupt noch dort lebt. Das letzte Mal habe ich vor etwa sechs Monaten jemanden im Haus gesehen. Ja, es muss vor sechs Monaten gewesen sein, weil ich gerade Tomaten gepflückt habe. Ich habe hinten am Zaun einen kleinen Gemüsegarten, und letzten Sommer gab es so viele Tomaten, dass ich gar nicht wusste, was ich damit anfangen soll. Jemand ist auf der anderen Seite des Zauns herumgelaufen. Was er dort gemacht hat, kann ich nicht sagen. Ich hatte den Eindruck, dass dieser Mensch nicht sehr freundlich ist. Nein, ich glaube eigentlich nicht, dass dort noch dieselbe alte Frau wohnt wie vor neun oder zehn Jahren. Sie war sehr alt und ist mittlerweile sicher schon gestorben.«
    »Wissen Sie, ob die Polizei mit ihr gesprochen hat, vorausgesetzt, dass sie noch lebt?«, erkundigt sich Marino.
    »Ich dachte, Sie sind die Polizei.«
    »Wir gehören zu einer anderen Abteilung als die, die bis jetzt bei Ihnen waren, Ma’am. Einer ganz anderen.«
    »Ich verstehe«, entgegnet sie, obwohl das nicht stimmt. »Tja, ich glaube, der Detective … Detective Brown …«
    »Browning«, korrigiert Marino, und sie bemerkt, dass er die Baseballkappe hinten in seinen Hosenbund geschoben hat. Sein Schädel ist rasiert, und sie stellt sich vor, wie es wäre, mit der Hand über seine glatte Kopfhaut zu streichen.
    »Er hat mich nach den Nachbarn gefragt«, fährt sie fort. »Ich habe ihm erklärt, dass dort hinten eine alte Frau lebt oder gelebt hat und dass ich nicht sicher bin, ob das Haus noch bewohnt ist. Ja, ich glaube, so habe ich es ausgedrückt. Ich habe fast nie jemanden dort gehört, und durch die Ritzen im Zaun sieht man, dass der Rasen seit Ewigkeiten nicht mehr gemäht worden ist.«
    »Sie kamen also vom Drugstore nach Hause«, kehrt Scarpetta zum ursprünglichen Thema zurück, um vielleicht doch noch ein bisher übersehenes, aber entscheidendes Detail ans Tageslicht zu befördern. »Und was geschah dann? Bitte versuchen Sie, es Schritt für Schritt zu erzählen, Mrs. Paulsson.«
    »Ich habe meine Einkäufe in die Küche getragen und dann nach Gilly gesehen. Ich dachte, sie schläft.«
    Nach einer Pause stellt Scarpetta eine andere Frage. Sie möchte wissen, woraus Mrs. Paulsson geschlossen habe, dass ihre Tochter schlief. In welcher Körperhaltung habe sie dagelegen? Die Fragen sind verwirrend, und jede schmerzt wie ein Krampf oder ein Zucken tief in Mrs. Paulssons Innerstem. Warum spielt das eine Rolle? Welcher Arzt stellt denn solche Fragen? Dr. Scarpetta ist eine attraktive Frau und strahlt Energie aus. Obwohl sie nicht massiv gebaut ist, macht sie in ihrem dunkelblauen Hosenanzug und der dunkelblauen Bluse, die ihr hübsches Gesicht schärfer wirken lässt und das kurze blonde Haar betont, einen Respekt einflößenden Eindruck. Ihre Hände sind kräftig, aber anmutig, und sie trägt keine Ringe an den Fingern. Mrs. Paulsson starrt auf Scarpettas Hände, stellt sich vor, wie sie sich an Gilly zu schaffen machen, und bricht wieder in Tränen aus.
    »Ich habe sie umgedreht und versucht, sie zu wecken.« Sie hört sich unablässig dieselben Sätze wiederholen. Warum liegt dein Pyjama auf dem Boden, Gilly? Was ist passiert? O Gott!
    »Beschreiben Sie, was Sie gesehen haben, als Sie den Raum betraten«, formuliert Scarpetta ihre Frage anders. »Ich weiß, dass das nicht

Weitere Kostenlose Bücher