Staubige Hölle
wo wolltest du hin? Mit ihm?«
»Nach Durban.«
»Und was ist mit unserer Hochzeit?« Sie sagte nichts. »Du bist ein respektloses Mädchen.« Er räusperte sich, spuckte in den Sand. »Oder bist du in schlechten Einfluss geraten?«
»Es war meine Idee«, sagte sie.
»Stimmt das, AIDS -Mann?«, fragte Inja, schlug dabei leicht mit dem Lauf der Pistole zu. Sipho schwieg.
Sunday versuchte, Sipho auf sich aufmerksam zu machen. Eine Möglichkeit zu finden, ihm zu zeigen, wie leid es ihr tat. Aber er starrte nur über das Tal auf die untergehende Sonne.
Eine Explosion. Sunday spürte eine Nässe auf der nackten Haut ihres Arms. Etwas HeiÃes auf ihrer Wange. Sie sah den Jungen nach vorn kippen, sein Gesicht ihr zugewandt, Blut aus seinem Mund blubbernd. Das Licht verschwand aus seinen Augen. Ein weiterer Schuss, sein Körper zuckte. Ein kleiner Bach aus Blut trat unter ihm hervor, versickerte im trockenen Sand.
Sunday versuchte zu schreien, doch sie fand ihre Stimme nicht.
Zwei Männer packten sie, hoben sie hoch und trugen sie zum Taxi. Warfen sie ins Heck und schlugen die Tür zu. Als das Taxi zurücksetzte und wendete, sah sie Inja und die anderen Männer über Siphos Leiche stehen. Inja sagte etwas, lachte, und verpasste dem toten Jungen mit einem dieser hässlichen grauen Schuhe einen Tritt. Dann nahm das Taxi die Kurve, und Sunday konnte nichts mehr erkennen.
Kapitel 40
Inja saà auf der Betonveranda seines Hauses und sah zu, wie eine Decke aus Dunkelheit über das Tal geworfen wurde. Normalerweise war das Tagesende für ihn eine Zeit des Stolzes und der Besinnung. Er blickte dann auf die scharf geschnittenen Berge und die trockene rote Erde, aus der er hervorgegangen war â ein magerer Zwerg, ein Bastard, unerwünscht und verschmäht, aufgewachsen als ungebildeter Hirte â und beglückwünschte sich zu dem, was aus ihm geworden war. Ein induna mit einer Taxiflotte, ertragreichen Feldern mit Hanf der Sorte Durban Poison, zwei Frauen mit mächtig dicken Schenkeln, jede mit eigener Hütte in seinem kraal . Vater einer so zahlreichen Kinderbrut, dass er sie nicht mehr zählen konnte.
Doch an diesem Abend fühlte er sich leer. Sein Appetit war wieder weg, die Platte mit Steak, Kutteln und Maismehl stand unberührt auf dem Boden. Selbst sein Brandy mit Coke schmeckte sauer wie Ziegenpisse.
Er rülpste, massierte sich den Bauch. Lauschte in die Nacht. Das leise Geheul eines seiner Kinder drauÃen in der Dunkelheit. Das Lachen eines Mannes, schnell erstickt: einer der Wachtposten, die drauÃen an der Grundstücksgrenze patrouillierten. Mehr als dass er ihn hörte, spürte Inja das Summen des Generators, der sein Haus mit Energie versorgte, das Zentrum des kraal , wo er allein schlief. Seine Frauen lebten in Hütten bei Kerzenlicht und kochten über offenem Feuer, wie es schon ihre Ahnen getan hatten.
Er leerte sein Glas. »Frau!«, brüllte er.
Die in dieser Nacht zuständige Frau, die auf dem Boden in seinem Haus kauerte und darauf wartete, ihn zu bedienen, kam schnell heraus und kniete sich vor Inja. Sah ihm nicht in die Augen. Trug einen mit roten und schwarzen Perlen besetzten Hut, ihr Körper trotz der Hitze in eine karierte Decke gewickelt.
»Mehr Brandy. Und bring diesen Fraà den Schweinen.« Er schob ihr mit dem Schuh den Teller entgegen. Sie hob ihn auf und zog sich unter Verbeugungen ins Haus zurück.
Das Mobiltelefon summte in seiner Tasche, laut wie eine Zikade. Er nahm das Gerät hervor und sah die Nummer des Anrufers. Wie er befürchtet hatte.
»Ja?«
»Ruf zurück.« Aufgelegt.
Inja ging ins Wohnzimmer, das von einem riesigen Fernseher, der stumm flackerte, und einer massigen braunen Ledersitzgruppe beherrscht wurde, immer noch in die Plastikfolie gewickelt, mit der sie angeliefert worden war. Er kramte in der Schublade unter dem Fernseher und fand ein anderes Mobiltelefon, in dem eine Prepaid- SIM steckte. Er wählte die Nummer, die er auswendig gelernt hatte.
Die Stimme sagte: »Bleib dran.«
Schlurfen und Gemurmel und dann eine andere Stimme. Eine, die es gewohnt war, Befehle zu erteilen. »Sag mir, dass es erledigt ist.«
Einen Moment lang dachte Inja daran zu lügen. Wusste, das wäre Selbstmord. »Sie haben die Grenze überquert. Nach Norden.«
»Mein Gott. Ich mag keine losen Enden.«
» Nkosi , es gibt keinen
Weitere Kostenlose Bücher