Staubige Hölle
auf den Mund gedrückt hatte. Er drehte den Kopf weg, starrte hinaus über den Sand und den Busch, während er das Atmen wieder in den Griff bekam. Säuberte sich mit einem Taschentuch.
Dell stellte das Radio ab und blickte ihn an. »Die Frau, die mir die Haare geschnitten hat?«
Goodbread nickte. Schnappte nach Luft. »Diese Sache ist gerade eben sehr persönlich geworden.«
»Warâs das nicht immer?«, fragte sein Sohn.
Der alte Mann schüttelte den Kopf. »Nein. Vorher hat er deine Sippe umgebracht. Jetzt hat er meine umgebracht.«
Kapitel 37
Zondi saà in seinem BMW auf dem Parkplatz des Zulu Kingdom. Der Motor lief, die Klimaanlage war voll aufgedreht, die Fenster geschlossen gegen die Hitze und den Staub. Trank Wasser aus einer Plastikflasche. Er hatte irre Kopfschmerzen, fast als schmerze ihm das Gehirn selbst. Und er empfand eine merkwürdige Dissoziation, gerade so als hinke er einen halben Schritt hinter sich selbst her.
Der Ausdruck Contre-coup-Verletzung kam ihm unaufgefordert in den Sinn. Verursacht, erinnerte er sich, durch den Aufprall des Gehirns auf die Schädelknochen. Bilder aus einem Film über Crashtests schossen ihm durch den Kopf, den er mal an einem frühen Morgen im Discovery Channel gesehen hatte, während er Single Malt trank und ganz benommen war nach einer Nacht mit verrenktem Sex. Sah zu, wie Leichen, die hinter das Lenkrad beschleunigender Autos geschnallt waren, Kollisionen bei hohem Tempo erlitten. Köpfe krachten durch zersplitternde Windschutzscheiben, Motorhauben zerknitterten wie Alufolie. Liebevoll dargestellt in anmutiger Zeitlupe. Sah sich selbst in dem Taxi herumfliegen, seinen Schädel auf die harten Metalloberflächen krachen.
Er war schläfrig, das Kinn sackte ihm auf die Brust. Er setzte sich auf, schüttete sich Wasser auf die Handfläche und wischte sich durchs Gesicht. Spürte, wie die Klimaanlage seine nasse Haut kühlte. Durch Wassertropfen sah er das Mädchen über den Sand auf sich zukommen, eine Einkaufstasche in der Hand. Gekleidet in diese formlosen Jeans, die arme Leute trugen. Ihr T-Shirt abgetragen, aber sichtlich sauber, mit Bügelfalten so scharf, dass man sich die Hand daran hätte schneiden können. Zondi öffnete die Tür und trat in die Hitze hinaus.
Als sie fast auf seiner Höhe war, strahlte das Mädchen mit dem Lächeln an ihm vorbei, mit dem ihre Mutter zwanzig Jahre zuvor ihn bedacht hatte. Er drehte sich um und sah einen jungen Burschen von vielleicht achtzehn, neunzehn Jahren, der sich an einen kleinen, verbeulten Nissan lehnte. Trug eines dieser T-Shirts mit dem Aufdruck ICH BIN POSITIV , mit dem AIDS -Aktivisten ihren Status verkündeten. Erwiderte das Lächeln. Der Junge nahm ihr die Tüte ab, öffnete den Kofferraum und verstaute sie. Knallte den Deckel zu, und beide stiegen in den Wagen.
Sie sah viel zu glücklich aus, fand Zondi, als dass er jetzt stören könnte. Er lieà sich wieder hinter das Steuer des BMW sinken. Er würde morgen wieder herkommen. Wenn er ausgeruht war. Wenn er sich mehr im Griff hatte.
Die Wahrheit war, er hatte eine ScheiÃangst. Hatte Angst, eine Tür zu öffnen, die er verriegelt hatte, als er vor langer Zeit aus diesem Tal geflüchtet war. Er schloss die Augen und atmete die kühle klimatisierte Luft des BMW ein. Hörte, wie der Nissan sprotzend ansprang. Der alte Wagen verlieà holpernd den Parkplatz und schleuderte der Spätnachmittagssonne roten Sand entgegen.
***
Der Fremdenführer beobachtete, wie der Wagen fortfuhr. Das war nicht gut, das wusste er, die Verlobte von Induna Mazibuko allein mit diesem kleinen Unruhestifter aus Durban. Richard hatte ihn bereits mehrfach aus dem Museumsdorf verjagt, als er mit seinen Kondomen und Broschüren und Lügen über die Krankheit gekommen war.
Richard hatte seine Felle abgelegt und trug jetzt eine Trainingshose und ein kariertes Hemd. Sandalen, die aus alten WeiÃwandreifen hergestellt waren. Er griff in die Hosentasche und holte das Motorola hervor. Er hatte keine Möglichkeit, sich mit Induna Mazibuko direkt in Verbindung zu setzen, aber er hatte die Nummer einer ihm nahestehenden Person.
Richard stach mit einem dicken Finger auf die Tastatur ein, während er dem Wagen hinterherblickte, der jetzt durch das Tor fuhr und in Richtung HauptstraÃe abbog. Hörte die Stimme von Indunas Schwester ins Telefon schreien, dass ihm
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