Stauffenbergs Gefaehrten
werden dem Sekretär der Hohenzollern von einem Kriminalkommissar unter der MaÃgabe der Verschwiegenheit Auszüge vorgelesen. Berg kann sich an drei Sätze erinnern, die er überliefert. Zum einen habe Plettenberg gebeten, seinem Wärter Ãpfel und Zigaretten zu hinterlassen, des Weiteren, sich um seine Familie zu kümmern. Der dritte Satz lautete: »Ich fürchte den Tod nicht, denn ich habe einen guten Richter.«
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VII.
Tatsächlich hatte sich Kurt von Plettenberg schon früh mit dem Tod beschäftigt, der für ihn sinnvoll schien, wenn er am Ende eines besonderen Schicksals stand. Nachdem sein Bruder Karl-Wilhelm gefallen war, schrieb Kurt als 23-Jähriger am 1. November 1914 an seine trauernde Mutter, dass es für einen Durchschnittsmenschen sehr schwer sei, »noch irgendwie Ehre und Ruhm zu gewinnen«. Beim echten Heldentod könne man jedoch zeigen, wie innerlich frei man sei, dass man die Kraft habe, »seinem Ideal zu folgen bis zum letzten Atemzuge«. Sicherlich wollte er seine Mutter trösten, aber die Zeilen verdeutlichten bereits damals schon seine Einstellung. DreiÃig Jahre später griff er das Thema erneut auf. Am 3. April 1944 schrieb er mit dem Wissen um die Attentatspläne an sein Patenkind Wilfried Berg, Sohn seines Freundes Arthur, zur Konfirmation: Es komme darauf an, »daà man mit Ernst prüft, zu welcher inneren Haltung in ihrer Beziehung zueinander, in ihrem Verhältnis zum Tode â zu Gott, das liegt beides sehr nah beieinander â Christus die Menschen führen wollte«. Plettenberg ermunterte den jungen Berg, der Kirche zugehörig zu bleiben und das Werk früherer Generationen nicht »mit billigem Spott beiseite zu werfen«, und er beklagte sich über den vorherrschenden Zeitgeist. Die breite Masse plappere jedes Urteil, »auch ein solches über die schwierigsten Fragen des menschlichen Lebens«, gedankenlos nach, christliche Werte wie Wahrhaftigkeit und Nächstenliebe würden nicht mehr »in den Mittelpunkt unseres Denkens und Strebens« gestellt. Der Brief zeigte die Verbitterung über die aktuelle politische Lage und die Schwermut, die Plettenberg befallen hatte.
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Kurt von Plettenberg mit seinen Kindern Christa-Erika und Karl-Wilhelm, auf dem Arm die Jüngste: Dorothea-Marion
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Wie sagt man den eigenen Kindern, dass der Vater verstorben ist, sich gar selbst das Leben genommen hat? Arianne von Plettenberg entschlieÃt sich zu einer Notlüge: »Euer Vater ist an einem Herzfehler gestorben.« Für den siebenjährigen Karl-Wilhelm ist das natürlich ein Schock. Zwar hat er den Vater nicht häufig gesehen, sich von ihm aber stets ernst genommen gefühlt und ihn als wunderbaren Erzähler und Naturfreund erlebt. Und als kraftvollen Menschen, dem es trotz seines Alters nichts ausmachte, zwei seiner Kinder gleichzeitig mit den Armen hochzuheben. Wochen später reiÃt ein Schulfreund die Wunde des Nichtbegreifens noch weiter auf. »Dein Vater ist in Berlin aus dem Fenster gesprungen. Das weià ich von meinem Vater.« Karl-Wilhelm berichtet das empört seiner Mutter, die an ihrer Variante festhält. Erst Anfang der fünfziger Jahre, Karl-Wilhelm ist etwa 13 Jahre alt, erzählt seine Mutter ihm die Wahrheit. Sicherlich dachte sie, jetzt wäre er alt genug, das zu verstehen, glaubt der Sohn.
Da viele Deutsche auch noch in den ersten Nachkriegsjahren die Verschwörer des 20. Juli als Verräter betrachteten, war Arianne von Plettenberg wie auch Angehörige anderer Familien entmutigt, das Thema anzusprechen, was sie am 9. August 1947 an den Schriftsteller Reinhold Schneider schreibt, um sich für dessen Buch Gedenkwort zum 20. Juli zu bedanken. Ihr Mann habe Gewissensqualen gehabt und »sich zur Tat durchkämpfen« müssen, aber dieses »bewuÃt schuldig werden« auf sich genommen, »um der Wiederherstellung des Rufes« von Deutschland wegen. Es sei so schwer, anderen Menschen nachträglich zu erklären, worum es ihrem Mann und den anderen Mitverschworenen gegangen sei. Sie habe es daher eigentlich aufgegeben, mit anderen, »die nicht in dieser Arbeit gestanden hatten, darüber zu sprechen. Ich hatte das Gefühl, sie verstehen dich nicht, und es ist so ganz zwecklos. Ihr Büchlein hat mir wieder Mut gemacht.«
Wie versteht der Sohn heute den Selbstmord? Ein Verstecken, so Karl-Wilhelm, wäre für seinen
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