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Stauffenbergs Gefaehrten

Titel: Stauffenbergs Gefaehrten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Vollmer , Lars-Broder Keil
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Vater nicht in Frage gekommen, da sei er sich ganz sicher. Außerdem hätten Angehörige von Plettenbergs Freund Hardenberg erklärt, dass sich beide darauf verständigt hätten, sich im Falle der Festnahme einem Verhör durch Freitod zu entziehen, auch wenn sie damit gegen ein Gebot ihres Glaubens verstießen. Sein Vater habe sicherlich Angst vor der Folter gehabt, aber zusätzlich die berechtigte Sorge, durch Drogen zum Reden gebracht zu werden. Aus den Worten des Sohnes ist kein Vorwurf zu hören, obwohl er sich als Jugendlicher wie seine ältere Schwester gefragt hat, ob es nicht andere Auswege gegeben hätte – acht Wochen vor dem erkennbaren Ende des NS -Regimes, als viele nur noch darauf hofften zu überleben. Karl-Wilhelm von Plettenberg glaubt, dass sein Vater so nicht gedacht hat. Auch Resignation schließt er aus. Was war es also dann? Vielleicht das: Mehr als zwanzig Jahre vor dem Freitod vertraute Kurt Freiherr von Plettenberg 1924 seinem Tagebuch seinen großen Wunsch an sein Schicksal an, »daß – wenn ich sterbe – ich unerschüttert sterbe, sei es den Opfertod für’s Heimatland oder die Brüder im Vaterlande, sei es in bewußter Erkenntnis, daß ich mein Leben voller Pflichten erfüllte«.
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    Lars-Broder Keil

 
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    Georg Schulze-Büttger (1904–1944)
    Â»Als Soldat gehörte ich jetzt nicht mehr unter diese Leute«
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I.
    Es war ein 19-jähriger Fähnrich der Infanterie, der im Jahre 1923 in sorgfältiger Sütterlin-Schrift seinem Tagebuch einen erstaunlichen Bericht anvertraute. So entstand ein einzigartiges Zeitdokument, in dem Aufregung und Verunsicherung noch nachzittern. Die Aufzeichnungen Georg Schulze-Büttgers beginnen mit einer verheißungsvollen Bergwanderung des Autors im Kreis seiner Kameraden, die am 8. November 1923 jäh durch den Einbruch der Weltpolitik unterbrochen wird.
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    Sehnsüchtige Blicke wanderten dabei oft zu den gewaltigen Tiroler Bergen, die als schneebedeckte Riesen zu uns herüberragten, hinter denen wir »das Märchenland mit dem tiefblauen Himmel« liegen wußten. Es entstanden die schönsten Pläne für Oster- und Pfingsturlaub, aber wir hatten uns verrechnet. Am Abend des 8. November 23 wurde die Infanterieschule alarmiert. Es wurde uns mitgeteilt, daß endlich der Augenblick gekommen sei, an dem die unendliche Schuld und Schande, die im November 1918 eigene Landsleute über unser Vaterland brachten, getilgt werden sollte. Wir, die Infanterie-Schüler, sollten als erste deutsche Soldaten aktiv hierzu beitragen, indem wir unter Führung des Obltn. a.D. Roßbach dem General Ludendorff als Stoßtrupp dienen sollten. Die Zeit des Überlegens betrug 5 Minuten, dann sollten wir mit Stahlhelm und Gewehr auf dem Hofe antreten. Ich wußte dann wohl, dass die Sache auf sein oder nicht sein, zum mindesten in beruflicher Beziehung, ausgehen konnte. Unsere Offiziere waren zum Teil festgehalten, was wir zwar nicht wußten, teils nicht aufzufinden. Es galt also selbständig [zu] handeln. Daß man überhaupt handeln mußte, war wohl den meisten von uns klar. Aber wie? Als Soldat konnte man eigentlich nicht ohne seine zuständigen Führer etwas derartiges unternehmen. Aber wo waren diese? Waren sie selbst zu schlapp zum Teil die Verantwortung auf sich zu nehmen, dann wollten w i r doch zeigen, daß wir einen festen Entschluß fassen konnten. War es tatsächlich der Anfang der Befreiung des Vaterlandes, dann wollte auch ich unter den ersten sein. Von der Inf.-schule marschierten dann die von uns Fähnrichen u. Offiz.anwärtern gebildeten 3 Kompanien durch die Stadt zum Bürgerbräukeller unter dem Jubel der münchner Bevölkerung. Mir war bei alle dem so feierlich zu Mute. Ich glaubte, daß ich endlich einmal mit der Tat beweisen konnte meine Liebe zum Volke und Vaterlande. Ein ähnliches Gefühl müssen unsere Soldaten gehabt haben, als sie 1914 auszogen. Aber wie sollte dieser herrliche Traum, so möchte ich es jetzt beinahe bezeichnen, so bald schon enden! Am Bürgerbräu begrüßte uns Ludendorff, und Adolf Hitler hielt flammende Reden, die auch die Zaghaftesten wohl mit fortreißen konnten …
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    Es folgt eine sehr genaue, ungeschönte Beschreibung der Ereignisse dieser Nacht vom 8. auf den 9. November. Nach den hitzigen Reden im Bürgerbräukeller sollen die

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