Stauffenbergs Gefaehrten
Potsdam geschildert und angeboten, zur Rettung der Möbel und Kunstgegenstände dorthin zurückzureisen. Aufgrund dieser Reise ist er Anfang März weder zu Hause in Bückeburg noch in Potsdam für die Gestapo greifbar, deren Netz durch die Kriegswirren offenbar löchriger geworden ist.
Die Gestapo soll durch die Unvorsichtigkeit eines jungen Offiziers aus dem Umfeld des Widerstands auf ihn aufmerksam geworden sein, was aber nirgendwo zu belegen ist. Sein Sohn Karl-Wilhelm hält es auch für möglich, dass sie absichtlich so lange gewartet hat, in der Hoffnung, durch ihn an das Haus Hohenzollern heranzukommen, das Hitler immer suspekt war.
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VI.
In der Gestapo-Zentrale wird Kurt von Plettenberg von Kommissaren der »Sonderkommission 20. Juli« verhört. Weil er die Aussage zu Mitgliedern des Widerstands verweigert, droht man ihm »verschärfte Vernehmung« an â eine Umschreibung für Folter. Wie sein Mithäftling Fabian von Schlabrendorff nach dem Krieg niederschreibt, habe ihm Plettenberg anschlieÃend bei einem Gespräch auf dem Hof hinter den Zellen erklärt, dass er der Gestapo auf keinen Fall Namen nennen wolle und keine andere Möglichkeit sehe, als sich das Leben zu nehmen. Tatsächlich hätte Plettenberg noch eine Reihe Mitstreiter belasten und verraten können, allein aus seinem engsten Kreis den inhaftierten Freund Carl-Hans von Hardenberg und dessen Tochter Reinhild, zugleich die Verlobte von Stauffenbergs Adjutanten Werner von Haeften, Axel von dem Bussche, Marion Dönhoff, Margarethe von Oven, die die Umsturzpläne abgetippt hatte, aber auch Ludwig von Hammerstein, einen der Ordonnanzoffiziere im Bendlerblock am 20. Juli, Johann-Dietrich von Hassell, Sohn des hingerichteten Exbotschafters und mit einer Nichte Plettenbergs verheiratet, sowie Gotthard von Falkenhausen und seinen Forstkollegen Willisen.
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Arianne von Plettenberg kann an der Beerdigung ihres Mannes nicht teilnehmen und muss den Kindern den Tod ihres Vaters erklären.
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Schlabrendorff bittet ihn eindringlich, den Entschluss zum Freitod so lange wie möglich hinauszuzögern. Vergeblich. Als Plettenberg am folgenden Tag, dem 10. März, »vorgeführt« wird und im vierten Stockwerk angekommen ist, reagiert er blitzschnell. Mit einem Faustschlag streckt er einen der leitenden Beamten nieder und springt aus einem Fenster in den Freiganghof. Er erleidet dabei einen doppelten Schädelbruch sowie eine Zertrümmerung der Brust und ist auf der Stelle tot.
Seine Frau erfährt davon erst am 16. März. Ebenso, dass die Beerdigung bereits am darauffolgenden Tag auf dem Bornstedter Friedhof bei Potsdam vorgesehen ist. Arthur Berg, Plettenbergs Freund und Privatsekretär des Hauses Hohenzollern, schildert ihr das in einem Brief möglichst schonend und betont ausdrücklich, wie sehr der »Heimgegangene« von allen im Haus, »ob Hoch oder Niedrig, geachtet, verehrt und geliebt wurde«. Berg informiert auch über die Auflagen der Gestapo, die ihm in Berlin mitgeteilt worden seien. Danach sollen lediglich Plettenbergs Frau und sein Dienstherr, S.K.H. Prinz Oskar und Müldner benachrichtigt werden. Der Gefolgschaft sei nur mitzuteilen, dass Plettenberg verstorben sei. Die Leiche sei freigegeben und könne an einem beliebigen Ort beigesetzt werden, allerdings im kleinsten Kreis und ganz schlicht, Anzeigen in der Zeitung und schriftliche Todesanzeigen seien zu unterlassen, ebenso die Unterrichtung AuÃenstehender. Ort und Zeitpunkt der Beisetzung seien der Gestapo 24 Stunden vorher zu melden. Berg schreibt, dass die Einsargung bereits am Vortag stattgefunden habe, der Entschlafene sei »mit einem friedlichen Ausdruck im Sarg gebettet worden«. Als letzten Gruà habe man ihm rote Tulpen in die Hand gelegt, »weiter ein Strauà von Ihren Königlichen Hoheiten und ein Waldstrauà von der Belegschaft«.
Aufgrund der kurzfristigen Benachrichtigung kann die Familie nicht an der Beisetzung teilnehmen. Arianne von Plettenberg sucht Trost bei Verwandten und Freunden, die vor dem Kriegsgeschehen zu ihr nach Bückeburg geflohen sind: ihre Mutter und Schwester, aber auch Marion Dönhoff und deren Schwägerin »Sissi« Dönhoff, die ihren Bruder Heinrich von Lehndorff durch den 20. Juli verloren hat.
Kurt von Plettenberg hat einen Abschiedsbrief hinterlassen, der jedoch der Familie nicht ausgehändigt wird. Stattdessen
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