Steamed - MacAlister, K: Steamed
richtigen Zeitpunkt erzählen.«
Dass er so an mich glaubte, berührte mich zutiefst. »Danke«, stieß ich hervor.
»Du glaubst also, wenn du zum Kaiser gehst und ihn um Hallies Leben bittest, dann wird er sie freilassen, aber dich an ihrer Stelle ins Gefängnis werfen?«
»Höchstwahrscheinlich.« Oder Schlimmeres.
Jack verzog das Gesicht und ergriff meine Hand. »Das lasse ich nicht zu.«
»Gegen William kannst du nichts ausrichten, Jack – er ist der Kaiser«, sagte ich. Unwillkürlich musste ich über seinen trotzigen Gesichtsausdruck lachen.
»Wer sagt das? Auch ein Kaiser ist nicht unverwundbar, Octavia, und genau das werde ich dir beweisen.«
Ich musterte ihn. Er wirkte absolut entschlossen und sah so aus, als hätte er auch schon einen Plan, einen Plan, der ihm zum Verhängnis würde, wenn ich ihn ihm nicht ausredete. »Ich hoffe, du hast nicht vor, etwas Dummes zu tun, Jack. Wie gesagt, ich stehe nicht in der Gunst des Kaisers, und wenn du sein Missfallen erregst, könnte ich nichts für dich tun.«
»Du siehst nur zu, dass wir ihn sprechen können, und den Rest überlässt du mir.«
»Ja, nun, ihn zu sprechen wird nicht das Problem sein.« Ich blickte aus dem Fenster. Am Straßenrand warteten schon die Menschenmengen – Bürger des Empire, die kleine Fähnchen mit den Bildern des Kaisers und der Herzogin umklammert hielten. Sie nahmen eine lange Wartezeit in Kauf, um einen flüchtigen Blick auf den Kaiser und seine Braut zu erhaschen, wenn sie auf dem Weg zur Kathedrale hier vorbeikamen.
»Ich nehme an, du weißt, wie wir hineinkommen?«
»Mehr oder weniger. Es gibt ein verstecktes Tor in den Park. Nur die kaiserliche Familie und ein oder zwei Vertraute wissen davon. Vermutlich ist es einmal als Notausgang gedacht gewesen. William hat es mir gezeigt, als ich noch ganz klein war. Hoffentlich ist der Weg frei.«
»Weißt du, in meiner Welt lebt die Königin im Buckingham Palace«, sagte Jack, als wir langsam auf Kew Gardens zufuhren. Wir kamen an einer Seitenstraße vorbei, die ich wiedererkannte. Ich konnte nur hoffen, dass sie Jack nicht bekannt vorkam.
»Wirklich? Wie seltsam. Ich glaube nicht, dass William jemals in Buckingham House gewesen ist«, sagte ich und tätschelte sein Knie, damit er aufhörte, aus dem Fenster zu blicken. Ich lächelte ihn an. Aus den Augenwinkeln sah ich die frisch errichteten Galgen. »Die Kaiser haben immer in Kew Palace gewohnt. Es ist ein hübscher Palast. Nicht zu groß, aber gemütlich.«
»Wenn ich dich frage, wie du den Kaiser kennengelernt hast, erzählst du es mir dann?«, fragte er.
Ich senkte den Blick. »Ich hatte mich verirrt und gelangte schließlich irgendwie in den Park. William hörte mich weinen und fand mich. Er war ein paar Jahre älter als ich und seinem Hauslehrer entwischt, um unerlaubterweise im Park auf die Bäume zu klettern.«
»Und deine Eltern haben nie nach dir gesucht?«, fragte Jack voller Mitgefühl.
»Nein. Der Kaiser, Williams Vater, versuchte sie ausfindig zu machen, hatte aber keinen Erfolg. Ich glaube, wir steigen hier besser aus. Wir müssen ans andere Ende von Kew Gardens. Ich sage dem Fahrer, er soll anhalten.«
Da die meisten Leute am Straßenrand standen, war im Park nicht allzu viel los, deshalb brauchten wir nicht lange, um zu der Ecke zu gelangen, wo die hohe Ziegelsteinmauer die Grenze zwischen dem Palastgarten und dem öffentlichen Park markierte. Ich blieb an einer auffälligen Eibe stehen, die früher einmal in Form geschnitten gewesen war, aber jetzt war davon kaum noch etwas zu erkennen. Von der Eibe aus zählte ich sieben Schritte. Ich blickte mich rasch um, ob mich auch niemand beobachtete, und drückte dann auf den zwölften Ziegelstein von unten. Ein dumpf mahlendes Geräusch belohnte mich.
»Hilf mir schieben«, sagte ich zu Jack. Wir drückten mit beiden Händen gegen die Mauer, und sie gab ein wenig nach.
»Ich werde verrückt. Ein geheimes Tor!«
»Es ist mehr eine Öffnung als ein Tor, und anscheinend hat sie seit meiner Kindheit niemand mehr benutzt. Wir müssen sie breiter machen.«
Fünf Minuten später war die Lücke groß genug, dass wir hindurchschlüpfen konnten. Wir schoben die Mauer wieder zurück, bevor wir an der hohen Eibenhecke vorbeieilten.
»Jack, ich muss dich warnen … «
»Ich weiß, ich weiß. Ich soll dir das Reden überlassen.« Er seufzte. »Irgendwann einmal gehen wir zurück in meine Welt, und dann werde ich dich herumkommandieren.«
»Ich kommandiere dich nicht
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