SteamPunk 3: Argentum Noctis: SteamPunk (German Edition)
mich naturgemäß bereits weit länger mit dem Thema beschäftigt. Ich altere jetzt nur noch so schnell wie ein Mensch. Und bei Miss Fiddlebury ist es noch erstaunlicher. Sie scheint zugleich jünger und älter geworden zu sein, nicht wahr?“
„Ja“, bestätigte Charles meine Vermutung, dass er es ebenfalls bemerkt hatte. Nachdenklich runzelte er die Stirn.
„Ich bin sicher, dass wir im Gegensatz zu Mister Fiddlebury zumindest eine Chance haben, dieses Geheimnis zu lüften“, meinte ich überzeugt. „Auch Miss Fiddlebury wird erleichtert sein. Endlich kann sie arbeiten, ohne von ihrem alles besser wissenden Tyrannen von Vater behindert zu werden.“ Charles vornehmes Lächeln zeigte mir, dass ich mich schon wieder ereiferte. Entschuldigend zuckte ich mit den Schultern. „Wie es aussieht, haben wir durch die von Mister Fiddlebury ausbedungene Bedenkzeit morgen einen Tag zur freien Verfügung“, wechselte Charles das Thema. „Wir sollten diesen Tag nutzen, um Ihnen eine angemessene Garderobe anfertigen zu lassen und ein wenig einkaufen zu gehen.“
Walther Blackwell hatte eine Lache zum abgewöhnen. Es klang wie eine Mischung aus Jaulen und Schießen. Vermutlich färbte es ab, wenn man bereits in sechster Generation Hundezüchter und passionierter Jäger war. Und obwohl ich die Jagd für eine barbarische Freizeitbeschäftigung sadistischer Menschen halte, war der beleibte Mann mir nicht wirklich unsympathisch. Allerdings war ich heute auch in einer wahren Hochstimmung.
Charles hatte mich zunächst zu seinem Schneider mitgenommen. Der komische alte Kauz war so britisch gewesen, dass er bei meinem Anblick nicht einmal mit der Wimper gezuckt hatte. Und obwohl ich mich wirklich sehr bemühte, eine gewöhnliche Ratte zu mimen, hatte er mir mit größter Selbstverständlichkeit einen Anzug angemessen. Im Nachhinein fragte ich mich, ob die Arbeit an einer Ratte für ihn vielleicht gar nichts Ungewöhnliches war.
Ich grübelte allerdings nicht zu lange darüber nach, weil ich zu sehr mit meiner Verlegenheit zu kämpfen hatte. Denn Charles hatte den ganzen Tag Geld für mich verprasst: Wir hatten edles Puppengeschirr, einen bequemen, ledergepolsterten Ohrensessel und sogar eine für ein Puppenhaus gedachte Wendeltreppe gekauft, mit der ich mein Bett bequem erklimmen konnte.
Charles war so großzügig mit seinem Geld umgegangen, dass wir am Abend bereits den ersten Anzug abholen konnten. Und ich muss sagen, dass vor allem die Weste wirklich schneidig an mir aussah. Auch die Hose war ein echtes Meisterwerk, bei der sich der Nadelschwinger offenbar tief greifende Gedanken über meine Anatomie gemacht hatte. Obwohl ich nie Beinkleider getragen hatte, empfand ich sie als ausgesprochen bequem. Und die beiden Perlmuttknöpfe auf meinem Bauch waren auch noch überaus kleidsam.
Als Abschluss des Tages hatte Charles einen Besuch im Black Garden Gentlemensclub für unerlässlich gehalten. Er befand es für wichtig, mich beizeiten in die Gesellschaft einzuführen; auch wenn dies noch etwas einseitig erfolgen musste. Und so saß ich hier gemütlich in meinem Sessel, der wiederum in unserer großen Einkaufstasche stand. Obwohl das Mitbringen von Taschen eher ungewöhnlich in diesem Club war, störte sich niemand daran. Charles hatte es sogar geschafft, unauffällig meinen neuen Cognacschwenker zu füllen. Das Aroma war grandios.
Im Augenblick kümmerte ich mich jedoch nicht um meinen Cognac. Ich nutzte Blackwells Lachanfall, um mit einem Spiegel vorsichtig über den Rand meines Verstecks zu spähen.
„Sie haben wirklich eigenartige Ideen, Mister Eagleton“, sagte Blackwell gerade, nachdem er sich einigermaßen beruhigt hatte. Charles’ Vorschlag hatte ihn so erheitert, dass er sich die Tränen aus den Augen wischen musste. „Ihr Erfinder seid doch alle Spinner“. Aus Charles’ Reaktion schloss ich, dass er dem lauten Mann die Worte nicht übel nahm. Die beiden schienen eine merkwürdige Beziehung miteinander zu pflegen. Beruhigt legte ich den Spiegel beiseite und schnupperte genüsslich an der bernsteinfarbenen Köstlichkeit in meinem Schwenker.
„Wir können ja eine kleine Wette machen“, meinte Charles schmunzelnd. „Sie erlauben mir, Ihre Welpenkörbchen gegen meine mit Silber beschlagenen auszutauschen. Und wenn ich Ihnen innerhalb eines Jahres beweisen kann, dass dies für Sie einen bemerkenswerten Vorteil hatte, übernehmen Sie die Kosten.“
„Das ist ein Wort, Mister Eagleton.“ Gleich darauf
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