SteamPunk 3: Argentum Noctis: SteamPunk (German Edition)
versprach ich grinsend. Seltsam, wie leicht mir das Lachen schon wieder fiel. So nah die Eindrücke mir auch gekommen waren – jetzt schien es, als hätte sie ein Anderer durchlebt. Dennoch war es mir nicht möglich, Charles auch nur von der Moorleiche zu erzählen, dabei war die für die wissenschaftliche Auswertung unseres Experiments vielleicht von großer Bedeutung.
Auch Charles konnte schon wieder lächeln. „Du sagst ja gar nichts dazu“, stellte er fest.
„Nein“, stimmte ich ernst zu. „Du hast nur ausgesprochen, was wir beide gedacht haben. So etwas darf einfach nicht auf dieser Welt sein Unwesen treiben.“
„Unwesen treiben? Hast du deine Meinung darüber geändert, was die Natur von Geistererscheinungen angeht?“
„Nein, im Gegenteil.“ Einen Moment flammten wieder die Bilder der vergangenen Nacht in mir auf, sodass ich einen Augenblick schwieg. „Mehr denn je bin ich sicher, dass Spukerscheinungen nichts Anderes als marodierende Erinnerungen sind.“
„Erinnerungen?“ Charles stellte die Frage seltsam schwankend, so als würde sie ihn sehr persönlich betreffen. Offenbar waren unsere Erlebnisse ähnlicher gewesen, als ich erwartet hatte.
„Ich meinte natürlich Essenz“, sagte ich dennoch schnell. Nebenbei bemerkte ich, dass Fifi mich aus dem Wasser hob. „Nach dem gestrigen Abend können wir es wohl als gesichert ansehen, dass ...“ Der Rest meines Satzes ging in einem Schwall warmem Wassers unter, den Fifi über mir ausgoss. Gleich danach begann sie vergnügt summend mein Fell auszuwringen, mich in klares warmes Wasser zu tauchen und die Prozedur dann zu wiederholen. Das hört sich vielleicht sehr martialisch an, war aber angenehm wie eine Massage.
„… dass es sich bei Spukerscheinungen nicht um Wesenheiten handelt?“, schlug Charles mir als Ende meines Satzes vor.
Ich nickte, was auch das höchste der Gefühle war, was ich bei meiner Behandlung noch zu unserem Gespräch beitragen konnte.
Die Fiddleburys sahen sich die nächsten Tage außerstande, weiter an unserem Projekt zu arbeiten. Vor allem Rachels Vater schien schwer angeschlagen und musste sogar das Bett hüten. Allerdings hätten wir die beiden auf diese Mission auch nicht mitgenommen. Wie Julie es später ausdrückte: Diese Mission war nichts für Frauen und Greise, sondern für echte Männer und zähe Ratten. Zunächst hatten wir überlegt, ob die Mission vielleicht auch für stahlharte Dienstmädchen geeignet war, doch Fifi wäre in dem weichen Boden vermutlich einfach versunken.
Also kamen wir an diesem Nachmittag nur zu zweit an den Ort des Geschehens zurück, um dem Spuk im wahrsten Sinne des Wortes ein Ende zu machen. Dabei war dies gar nicht so einfach. Im Gegensatz zu unserem ersten Fall, ging es hier um ein sehr großes Gebiet, dessen Ausmaße uns nicht genau bekannt waren. Aus diesem Grund benutzten wir diesmal einige tausend Silbermünzen, die wir sowohl im Moor als auch auf dem ehemaligen Friedhof auslegten. Erfreulicherweise verloren die Münzen durch unsere Arbeit ja nicht ihren Wert, sodass die Aktion Charles nicht ruinieren konnte.
Noch schwieriger gestaltete sich die Arbeit mit dem Mondlicht. Wir hatten nur zwei Töpfe, die sich problemlos mit unserem Seilzug umstürzen ließen. Erfreulicherweise kam uns der Zufall zu Hilfe. Während ich entlang unserer Pfade, die zumindest meine menschlichen Partner in der Horrornacht in das Moor getrampelt hatten, Münzen auslegte, fand ich sie wieder: Die Moorleiche, die mich vor dem Ertrinken gerettet hatte. Einer ihrer Füße ragte mehrere Zentimeter aus dem Wasser.
Der grausige Anblick rief das schlechte Gewissen in mir wach. Plötzlich konnte ich wieder diese langen blonden Haare vor mir sehen. Diese unschuldige Furcht und dieses Unverständnis in ihrem Blick. Hatte ihre Essenz diesen Spuk verursacht? Dann hätte ich wohl kaum durch die Augen ihres Mörders geblickt. Ob es vielleicht Menschen gab, die durch ihre eigenen Gefühle andere zu vermehrtem Essenzausstoß bringen konnten? Mit einem Mal erkannte ich einen Findling und einen alten Baum wieder. Hier war es gewesen! Diesen Weg waren das Mädchen und ihr Häscher vor langer Zeit entlanggelaufen!
„Geht es dir gut, mein Freund?“, sprach mich Charles plötzlich an. Ich war so in Gedanken versunken gewesen, dass ich sein Näherkommen nicht bemerkt hatte. Ich fuhr zusammen und schaute verwirrt zu ihm auf.
„Ist hier etwas?“, fragte er besorgt. Sah er denn die Leiche nicht? Aus seiner Höhe
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