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SteamPunk 3: Argentum Noctis: SteamPunk (German Edition)

SteamPunk 3: Argentum Noctis: SteamPunk (German Edition)

Titel: SteamPunk 3: Argentum Noctis: SteamPunk (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Krain
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Nacht hier?“, pöbelte der alte Geier, als hätte er mit den Entscheidungen unserer Gruppe nichts zu tun. Wir hatten den Zeitpunkt schließlich ausführlich diskutiert. Doch nicht nur deshalb wartete Fiddlebury vergeblich auf eine Antwort. Wir alle glotzten ihn fassungslos an: Seine Augen glühten. Nein, nicht einfach die Augen – seine Augäpfel glühten in einem so gleißenden Feuer, dass sie durch seinen Schädel hindurch sichtbar waren. Der Anblick war mehr als unheimlich, doch die lähmende Angst, die ich in der Oxford Street oder gestern Nachmittag empfunden hatte, blieb aus. Dennoch brachte niemand ein Wort heraus.
    „Was ist los?“, fauchte Fiddlebury. Dann trat das Glühen aus seinen Augen heraus und blendete ihn. Mit einem heiseren Aufschrei warf er sich so wild nach hinten, dass er mitsamt seines Klappstuhls umfiel. Doch nicht einmal Rachel kümmerte sich um ihn. Das Leuchten schien jetzt von zwei nur noch stecknadelkopfgroßen Punkten auszugehen, die gemächlich auf eine unserer Öllampen zutrieben. Die Lampe hing gut einen Schritt von Charles entfernt hoch in einem Baum.
    Als die Erscheinung auf vielleicht einen halben Meter herangekommen war, begann das Licht zu Flackern. Mit jedem Zentimeter, den sich die Lichtpunkte näherten, schien die Flamme verzweifelter um ihr Leben zu kämpfen. Doch vergebens. Die geisterhaften Lichter waren vielleicht noch eine Handbreit von der Lampe entfernt, als die Flamme ihren Kampf verlor. Entgegen unserer Erwartung verlöschte sie jedoch nicht, sondern wurde aus der Lampe herausgezogen . Deutlich war zu sehen, wie sie einen Moment durch die Luft schwebte und dann von den Geisterlichtern aufgesogen wurde. Die Lichter selbst schienen sich davon nicht beeinflussen zu lassen, sondern trieben einfach weiter.
    Nach einer – wohl verständlichen – Schrecksekunde funktionierten wir alle wie abgesprochen: Charles griff sich unsere Silbervorräte und das Mondlicht, während Rachel ein paar Messinstrumente mitnahm. Fiddlebury und ich waren mit jeweils zwei Lampen für die Beleuchtung zuständig. Charles hatte eigens für diesen Zweck für mich handhabbare Öllampen angefertigt. Augenblicke später hetzten wir der Erscheinung bereits hinterher. 
    Doch wir hätten uns nicht zu beeilen brauchen. Die Geisterlichter trieben gemächlich über den Gottesacker und schienen uns gar nicht wahrzunehmen. Rachel konnte sogar in aller Ruhe einige Messungen vornehmen: Luftdruck und Temperatur waren danach in unmittelbarer Nähe der Lichter relativ niedrig. Als der Weg immer länger wurde, nahm sie mich schließlich auf den Arm. Charles musste sein schweres Gepäck immer häufiger abstellen; nicht nur das Gewicht auch der unebene Boden schien ihm zu schaffen zu machen.
    Nach einer halben Stunde hatten wir noch immer kein Wort miteinander gesprochen. Dafür erreichten wir die äußeren Ausläufer des Moores. Der Untergrund wurde immer weniger vertrauenerweckend. Als Rachel plötzlich bis zu den Knöcheln im weichen Boden versank, wollte ich schon vorschlagen, die Verfolgung abzubrechen. Doch dann schlug es über uns zusammen. Anders kann man es nicht ausdrücken.
    Es begann mit dem Schrei eines jungen Mädchens. Einem so unglaublich lauten und verzweifelten Schrei, dass er uns allen wie ein Reibeisen in die Knochen fuhr. Weit schlimmer war, dass dieser Schrei einfach nicht enden wollte. Mehrere Herzschläge lang versuchte ich erfolglos, mir die Ohren zuzuhalten; dann ließ mich Rachel plötzlich fallen. Mit dem Gesicht voran landete ich im Matsch. Um mich herum schlugen Lampen, Thermometer und Manometer auf, doch erfreulicherweise verlöschte das Licht nicht. Benommen sah ich zu Rachel auf.
    Erst dann begriff ich, dass dieser entsetzliche, anhaltende Schrei von ihr ausgestoßen wurde. Ihre Augäpfel glühten blutrot durch ihren Schädel und aus ihrem weit geöffneten Mund strömte gleißend helles Licht. Wie eine Wahnsinnige riss sie an ihren roten Haaren, während sie mit dieser fremden Stimme ihre Verzweiflung herausschrie. Plötzlich war Charles bei ihr und versuchte, beruhigend ihre Arme festzuhalten. Im nächsten Moment stieß ihn die zierliche Rachel so hart von sich, dass er mitsamt seines schweren Rucksacks fast fünf Meter weit fortgeschleudert wurde. Keine Sekunde später lief sie wie am Spieß schreiend in das Moor hinein. Natürlich nahmen wir alle augenblicklich die Verfolgung auf.
    Charles nahm sich nicht einmal die Zeit, eine Lampe mitzunehmen. Benommen rappelte er sich auf,

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