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SteamPunk 3: Argentum Noctis: SteamPunk (German Edition)

SteamPunk 3: Argentum Noctis: SteamPunk (German Edition)

Titel: SteamPunk 3: Argentum Noctis: SteamPunk (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Krain
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um Julies Taille liegen.  Nur zu deutlich konnte ich sehen, was für unterschiedliche Wirkungen das Wort „Verlobte“ auf die Zuhörerschaft hatte. Während Blackwells Augen erfreut aufleuchteten, schien für Rachel eine Welt zusammenzubrechen. Sie drehte sich weg, ehe sie die Kontrolle über ihre Gesichtszüge verlor. Selbst Kinkin wirkte irgendwie verwirrt.
    „Selbstverständlich“, meinte Blackwell erfreut. „Ich …“
    „Ich bürge dafür, sie unversehrt zu Ihnen zurückzubringen“, unterbrach Charles unseren zukünftigen Schwiegervater. „Wenn Sie uns bitte entschuldigen würden …“ Er hatte es so eilig, dass er es entgegen seiner Art an der gebotenen Höflichkeit mangeln ließ. Er hatte wohl Recht – vielleicht ging es um Leben und Tod. Blackwell schien ihm die Behandlung auch nicht übel zu nehmen, sondern verschwand mit einem freundlichen Gruß. 
    Charles nahm die etwas widerwillige Rachel bei der Hand und zog beide Frauen in den verwüsteten Salon hinüber. Mit großer Bestimmtheit schloss er erst die Tür hinter sich und nahm Rachel an den Schultern. Sie sah ihn mit Tränen in den Augen und trotzig erhobenem Kinn an. 
    „Zuallererst“, sagte Charles ernst, „Julie und ich sind kein Liebespaar. Ich habe im Augenblick aber keine Zeit, es zu erklären.“ 
    Verwirrung und ein daraus geborener Abgrund von Verzweiflung trat in Rachels Augen. Selbst dem Stoffel Charles war klar, dass diese Beteuerung jetzt nicht mehr ausreichte. Und so tat er das, was schon lange überfällig war: Er küsste sie. Sie gab sich wie eine Ertrinkende hin und so wurde der Kuss immer leidenschaftlicher.
    Ja, die beiden hätten sich keinen unpassenderen Moment für ihren ersten Kuss aussuchen können. Das Scheusal irrte dort draußen herum und wir hatten absolut keine Zeit für die angenehmen Dinge des Lebens. Doch bei der Betrachtung der Zwei wurde mir klar, dass es hier ebenfalls um eine Art Lebensrettung ging. Wenigstens hatte Julie so Gelegenheit, mich unauffällig aus ihrem Mantel zu holen. Schmunzelnd setzten wir uns betont unbeteiligt auf einen Sessel. Mir verging das Schmunzeln jedoch sehr schnell. Ich hatte furchtbare Schuld auf mich geladen und würde meine Taten gleich beichten müssen.
    „Ich bin so stolz auf dich, mein starker Beschützer“, flüsterte Julie in meine Gedanken. Stolz? Natürlich ließ diese Bemerkung mein Herz höher schlagen, aber stolz konnte ich auf meine Taten wirklich nicht sein.
    „Ich habe es übertrieben. Ich habe ihm schreckliche Dinge angetan.“
    „Ich weiß, dass du es für mich getan hast“, meinte sie. Ihre Augen strahlten vor Glück. „Er hat verdient, was auch immer du mit ihm getan hast.“ Und dann lagen auch wir uns in den Armen und gaben uns dem zärtlichen Lippenknabbern hin.
    Leider gehen auch die schönsten Augenblicke einmal vorüber. Als dieser endete, sahen wir uns einer entgeisterten Rachel und einem milde lächelnden Charles gegenüber. Ihrem Blick nach zu urteilen hatte mein Freund ihre Reaktion wohl richtig vorausgesagt. Vielleicht war es ganz gut, dass wir jetzt keine Zeit für lange Diskussionen hatten.
    Voller Scham und mit Grabesstimme beichtete ich, was vorgefallen war. Bei dem Teil, den Julie miterlebt hatte, half sie mir mit farbenfrohen Schilderungen von Fiddleburys unmöglichem Verhalten aus. Als es um die Essenzübertragung ging, hörte sie nur mit großen Augen zu, ohne mich zu unterbrechen. Für ein neugieriges Mädchen wie sie demonstrierte das extreme Selbstbeherrschung, fand ich. 
    Auch Charles und Rachel unterbrachen mich kein einziges Mal. Ihre Gesichter verloren aber mit jedem Wort an Farbe. Obwohl ihr Vater so schlecht bei meiner Geschichte weg kam, schien Rachel mir jedes Wort zu glauben. Und am Ende meiner Schilderung beeindruckte sie mich mit zwei Sätzen, die ich in ihrer Situation wohl nicht über die Lippen gebracht hätte: „Das war Notwehr, Bradley. Du hast dir nichts vorzuwerfen.“ Ihre Stimme war brüchig wie dünnes Eis über einem tiefen Abgrund. Wir alle wussten, wie sehr sie ihren tyrannischen Vater liebte. Ich rechne ihr diese Worte bis heute als Zeichen wahrer Größe an.
    „Wir werden ihn suchen“, meinte Charles pragmatisch. „Erst dann können wir herausfinden, was genau mit ihm geschehen ist.“ 
    Wir alle nickten. Während Julie mit einer fotografischen Reproduktion von Fiddlebury die Bahnhöfe nach ihrem „verwirrten Großvater“ absuchen würde, wollte Charles die üblicherweise von Fiddlebury

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