SteamPunk 3: Argentum Noctis: SteamPunk (German Edition)

frequentierten Orte aufsuchen. Da es nach Rachels Wissen außer dem Black Garden Gentlemensclub keinen solchen Ort gab, wollte er im Anschluss Etablissements aufsuchen, über deren Besuch ein Mann seine Tochter nicht unbedingt informierte. Rachel bekam bei dieser Erläuterung rote Ohren, sagte aber kein Wort. Sie selbst würde mit mir im Haus bleiben; schließlich war es nicht unwahrscheinlich, dass ihr Vater zurückkehrte.

    „Oh, Eagleton! Sie haben einiges verpasst“, sprach Sir Edward Seldom ihn an.
    „Das sehe ich, Sir Edward.“ Charles war schon von einem verstörten Butler darüber aufgeklärt worden: Fiddlebury war hier im Club gewesen. Und er hatte im Trophäenraum ein Schlachtfeld hinterlassen. Als Seldom ihn ansprach, hatte mein Freund gerade die verwüsteten Räumlichkeiten in Augenschein genommen. Alle vier Vitrinen waren mit unglaublicher Kraft zertrümmert worden. Nicht einmal das Teakholz hatte der rohen Gewalt standgehalten. Die vielen Pokale, Auszeichnungen und sonstige Preziosen, die die Mitglieder hier stolz ausstellten, lagen achtlos im Raum verteilt. Urkunden waren zerknittert und unbezahlbare Kristallgläser zertrümmert worden. Ein Jahrtausendealter Jadebuddha hatte seinen Kopf verloren. In all dem Chaos schien bisher aber noch niemandem aufgefallen zu sein, dass alle silbernen Gegenstände rabenschwarz angelaufen waren.
    „Trocken wie immer“, meinte Seldom lachend und klopfte Charles freundschaftlich auf die Schulter. Der Eisenbahningenieur hegte vom ersten Tag an freundschaftliche Gefühle für Charles, die dieser aber nie so recht erwidern konnte. Vermutlich war daran Seldoms übergroße Begeisterung für Alkohol und fromme Weisheiten mitverantwortlich. „Sie hätten ihn sehen sollen, den stolzen Fiddlebury! Keine Ahnung, was der Mann eingeworfen hat, aber es muss ein übles Zeug gewesen sein.“
    „Er wirkte, als stünde er unter Drogen?“
    „Oh ja! Ich habe etwas Ähnliches einmal in Schwarzafrika erlebt. Irgendein Medizinmann hat da ein Zeug zusammengemischt, das seine Krieger völlig wahnsinnig machte. Schmerz haben die auch nicht mehr gespürt. Die haben nur noch ans Töten gedacht. Das war das einzige Mal, dass ich mich mit meinen Männern zurückziehen ...“
    „Ans Töten? Hat Mister Fiddlebury jemanden angegriffen?“
    „Na ja – als er die erste Vitrine zertrümmerte, haben zwei Diener versucht, ihn aufzuhalten. Er hat sie einfach weggestoßen und einer ist dabei aus dem Fenster gefallen. Aber auch der andere ist so hart gegen die Wand geknallt, dass er nicht mehr aufstand.“
    „Heavens“, murmelte Charles.
    „Wohl eher das Gegenteil“, meinte Seldom lachend. „Die Vitrinen hat er mit bloßen Händen zerschlagen. Er muss sich dabei buchstäblich jeden Knochen im Arm gebrochen haben.“
    „Und die Diener? Wie geht es den Männern?“
    „Die werden keine bleibenden Schäden davontragen. Sie liegen im Erdgeschoss. Ein Arzt ist da und die Leute von Scotland Yard reden gerade mit ihnen.“
    „Da bin ich beruhigt.“
    „Ich nicht“, mischte sich Roger Waltford, eines der Seniormitglieder des Clubs ein. „Mister Fiddlebury sah schon sehr schlimm aus, als er hier auftauchte. Er war blutüberströmt, zerkratzt und mit Brandwunden überseht. Ich fürchte dass er bereits zuvor in eine Auseinandersetzung geraten ist.“
    „Ich werde ihn aufhalten“, meinte Charles entschlossen. „Aber dazu muss ich ihn finden. Hat er irgendetwas getan, was mir Aufschluss über seine nächsten Schritte geben könnte?“
    „Sie sind sehr mutig“, meinte Waltford beeindruckt. „Wollen Sie das nicht lieber die Polizei erledigen lassen? Die haben bereits eine Streife zu ihm nach Hause geschickt.“ Er stutzte. „Oh mein Gott! Hoffentlich hat er der jungen Miss Fiddlebury nichts angetan.“
    „Bestimmt nicht“, versuchte Charles zu beruhigen. „Aber zurück zu meiner Frage …“
    „Nein, er hat nichts getan, was sein nächstes Ziel verraten könnte“, schaltete sich jetzt wieder Seldom ein. „Er hat eine Vitrine nach der anderen zertrümmert und sich Dinge in den Mund gestopft.“
    „Dinge?“, hakte Charles nach.
    „Ja, der Verrückte hat sämtliche Silbermedaillen verschluckt.“ Er schien Fiddleburys Auftritt für einen großen Spaß zu halten. „Zum Schluss hat er sogar in Gellingtons Pokal gebissen und dabei mehrere Zähne verloren.“ Seldom wies auf einen silbernen Pokal, den besagter Gellington bei seinem Sieg im Oxford-Derby errungen hatte. Deutlich war der