Steels Ehre: Jack Steel und die Schlacht von Höchstädt 1704. Historischer Roman (German Edition)
eingetroffen ist. Ein Mr. Williams. Ein angenehmer Bursche. Er ist der Neffe meiner verstorbenen Frau. Euer Colonel war einverstanden, dass er sich beteiligt. Aber achtet gut auf den Burschen, Steel. Oh, und versucht Euch zu benehmen. Es wäre ratsam, die Angelegenheit mit Jennings zu vergessen. Ihr werdet ihm auf diesem Feldzug nicht immer aus dem Weg gehen können.«
Der Colonel lächelte in sich hinein. »Vergesst nicht, dass dieser Mann ein Narr ist. Daher ist es wahrscheinlich, dass er in der Armee über kurz oder lang auch den Tod eines Narren sterben wird, wie Ihr Euch sicher vorstellen könnt. Bemüht Euch daher nicht, Euch eine Aufgabe aufzubürden, die das Schicksal längst für sich in Anspruch genommen hat.«
Steel erwiderte das Lächeln des Colonels. Er mochte diesen Mann irgendwie, doch er wusste noch nicht, wie er Hawkins’ letzte Bemerkung verstehen sollte. War das nun als Spaß gemeint gewesen, oder war es dem Colonel todernst damit?
Hawkins lachte. »Und jetzt, Gentlemen, müssen wir uns wieder dem Krieg widmen. Ich fürchte, dass ich mich nun verabschieden muss. Dürfte ich Euch vorschlagen, Euch in ein anderes Etablissement zu begeben? Ich habe viel Gutes über eine Schänke auf der anderen Seite der Stadt gehört, unweit der Brücke, mit einem galoppierenden Pferd auf dem Tavernenschild. Denn dort werdet Ihr wahrscheinlich nicht dem Major begegnen. Und Steel, Ihr solltet Euren Arm versorgen lassen. Euch steht eine ereignisreiche Zeit bevor, und Ihr wisst ja bestimmt, dass unser Oberbefehlshaber besonderen Wert auf den Zustand seiner Offiziere legt. Insbesondere dann, wenn er einen solchen Offizier zu seinem speziellen Agenten ernennt. Wir möchten nicht, dass Euch ein Leid geschieht, ehe Ihr Euch überhaupt auf den Weg gemacht habt.«
3.
Colonel Hawkins entbot dem Wachtposten vor dem Zelt den militärischen Gruß, ging über die beschattete Fläche unterhalb der gestreiften Markise und betrat Marlboroughs Zelt. Im Inneren hatte sich der Generalstab schweigend um den Oberbefehlshaber gruppiert. Im Zelt war es düster, die Luft unangenehm feucht. Die Atmosphäre war angespannt, denn offenbar hatte sich die Besprechung als unerfreulich erwiesen. Generalmajor Withers, Goors’ Stellvertreter und inzwischen zum Kommandeur der Vorhut befördert, rieb nervös über sein Revers. Neben ihm stand Henry Lumley, Kommandeur der englischen Reiter, und starrte gespannt auf eine Karte. Marlboroughs Bruder Charles, dem vierundzwanzig Bataillone und damit der Großteil der Armee unterstanden, unterhielt sich leise mit Lord Orkney, während in einer Ecke des Zeltes der Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden auf einem Klappstuhl saß. Er trug einen Verband um den Fuß, da er sich bei der Schlacht am Schellenberg eine Verletzung am Zeh zugezogen hatte. Die übrigen badischen Kommandeure hielten sich dezent im Hintergrund auf.
»Ah, Hawkins. Habt Ihr Neuigkeiten für uns? Sind endlich die Kanonen eingetroffen?«
Hawkins verneinte mit einem Kopfschütteln.
»Es tut mir leid, Euch, Hoheit … und Euch, Gentlemen«, er nickte in die Runde, »mitteilen zu müssen, dass wir keine neuen Informationen haben, abgesehen davon, dass unser letztes Gefecht den Feind stark entmutigt hat. Natürlich stehen wir immer noch vor der bedeutenden Frage, wie wir am besten die Armee versorgen können. Denn während unsere deutschen Freunde«, er schenkte dem Markgrafen von Baden ein Lächeln, »gewiss mit leeren Bäuchen weitermarschieren werden, so wird der britische Soldat nicht ohne sein Brot auskommen. Aber ich kann Euch berichten, dass wir uns der Sache angenommen haben.«
Hawkins senkte die Stimme. »Da wäre noch eine Angelegenheit, Euer Hoheit. Die etwas delikate Sache, über die wir uns unlängst unterhalten haben und wegen der ich Euch jetzt unter vier Augen sprechen muss.«
Marlborough nickte Hawkins zu und wandte sich an die versammelten Offiziere: »Nun, Gentlemen, das wäre es also. Wir sind uns einig. Es gibt keine Alternative. Und was die dringliche Frage des Angriffs auf die Stadt Rain betrifft, so ist sich jeder über seine Pflicht im Klaren?«
Die britischen Kommandeure nickten und verabschiedeten sich unverzüglich. Der Markgraf von Baden jedoch, so kam es Marlborough jedenfalls einen Moment lang vor, schien protestieren zu wollen. Doch dann, wie durch ein Wunder, wurde er aschfahl im Gesicht und schloss die Augen. Seine Wunde bereitete ihm offensichtlich große Schmerzen. Dann öffnete er die Augen wieder,
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