Steels Ehre: Jack Steel und die Schlacht von Höchstädt 1704. Historischer Roman (German Edition)
Versorgung aufrechtzuerhalten. Aber zunächst, Gentlemen, müssen wir die Vorräte erst einmal haben. Wie es aussieht, kann das Mehl über die üblichen Kanäle erst in knapp drei Wochen beschafft werden. Und ohne Mehl haben wir kein Brot, und ohne Brot …« Er unterbrach sich. »Ohne Brot haben wir keine Armee. Brigadier Baldwin wurde instruiert, so viel Getreide wie möglich aufzutreiben und in den Magazinen in Neuberg zu lagern. Aber wir brauchen das Mehl jetzt, oder die Armee wird verhungern. Und da, wenn Ihr gestattet, Mr. Steel, kommt Ihr ins Spiel.«
Steel war verblüfft. Der Colonel hatte ihn eben erst von einem Vergehen freigesprochen und ihm das Kriegsgericht erspart, und nun schien er ihn als Quartiermeister gewinnen zu wollen. Doch ehe er nachhaken konnte, fuhr Hawkins fort:
»Ihr werdet die Hälfte Eurer Grenadier-Kompanie zusammentrommeln, Mr. Steel, und Euch zu dem kleinen Dorf Sattelberg aufmachen. Ein Fünftagesmarsch von hier, in südwestlicher Richtung, über den Lech und an Aicha vorbei. Ich rechne nicht damit, dass Ihr auf den Feind stoßen werdet, da er weiter nördlich steht. Auch die Bayern sind weiter im Norden. In Sattelberg trefft Ihr einen Kaufmann, einen beleibten Bayern namens Kretzmer. Keine leichte Aufgabe, falls Ihr mich fragt, wenn man die Verluste auf beiden Seiten bedenkt. Aber ich habe allen Grund zu der Annahme, dass dieser Mann in der Lage sein wird, Euch Mehl zu verkaufen. Und nur das zählt. In der momentanen Situation würde ich sogar versuchen, dem Teufel genug Mehl abzuschwatzen, um das Heer zu versorgen. Natürlich müsst Ihr Euch davon überzeugen, dass das Mehl auch gut ist. Oh, keine Sorge. Ich weiß, dass Ihr da kein Kenner seid. Daher schicke ich Euch einen Koch mit – mein Leibkoch übrigens. Er wird die Ware prüfen.«
Steel stieg die Hitze ins Gesicht. Hawkins war dies nicht entgangen. »Noch etwas Wein? Es ist recht stickig hier drin.«
Während der Colonel nachschenkte, blickte Steel starr auf die im Schachbrettmuster angeordneten, schwarz und weiß bemalten Fliesen. Hansam trat unterdessen ans Fenster und tat so, als beobachte er die Wolken am Himmel.
Schließlich äußerte Steel sich zu dem Einsatzbefehl: »Wenn Ihr gestattet, Colonel Hawkins, aber ich muss abklären, ob ich das alles richtig verstanden habe. Ihr kommandiert mich von einer ehrenvollen Aufgabe ab, vor meinen Offizierskameraden, vor dem Regiment und der Brigade. Ihr befehlt mir, von einem Duell Abstand zu nehmen, das zwar illegal ist, dem ich mich aber gestellt habe, da ich auf das Übelste beleidigt wurde. Und jetzt soll ich mich mit Soldaten aus einer der besten Kompanien der britischen Armee auf den Weg machen, um Mehl für das verdammte Brot des Heeres zu besorgen?«
Hawkins zog eine Braue hoch. Er lächelte leicht irritiert und dachte über Steels Worte nach. »Ja, so kann man es sagen, Mr. Steel. Ihr habt recht. Habt Ihr noch eine Frage?«
Hansam räusperte sich vernehmlich, doch da fuhr Steel schon fort. »Ja, ich hätte da noch eine Frage, Sir. Soll das die einzige Belohnung dafür sein, dass ich an der Eroberung dieses verfluchten Hügels beteiligt war?«
Er deutete zum Fenster und in Richtung des Schellenbergs, der sich in einiger Entfernung als dunkle Silhouette über dem Städtchen erhob. »Soll das meine Prämie sein?« Dann knallte er sein Glas auf den Tisch und schien sich kaum noch beherrschen zu können. »Bei Gott, Sir, ich werde …«
In diesem Moment löste Hansam sich vom Fenster, trat zu seinem Freund und legte ihm beschwichtigend die Hand auf die Schulter.
Hawkins lächelte. Er wusste schon seit Längerem über Steel Bescheid, hatte seinen Namen in Zusammenhang mit einer ehrenhaften Angelegenheit hier und einer tapferen Tat dort gehört. Und schließlich war es die Aufgabe des Colonels, diese Dinge wahrzunehmen, um in der Masse der Soldaten Männer ausfindig zu machen, die sonst nie die Aufmerksamkeit des Kommandeurs erregt hätten. Denn diese Armee befand sich noch im Aufbau, und Hawkins’ Auftrag lautete, Männer zu rekrutieren, die Führungsqualitäten besaßen. Auf einen solchen Moment hatte er schon eine Weile gewartet und immer gewusst, dass sich eine Gelegenheit ergeben würde. Und er hatte gehofft, dass Steel ihn nicht enttäuschen würde, was nicht der Fall zu sein schien.
»Ja«, fuhr der Colonel in ruhigem Ton fort. »Wie ich sehe, Mr. Steel, hat man mich richtig über Euch informiert. Wenn das Temperament mit Euch durchgeht, nehmt Ihr auch keine
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