Stefan Bonner und Anne Weiss
sowie die finale Aufforderung: »Du verziehst dich besser nach Hau se, Freundchen!«.
Die Kehrmaschine ist im Eimer. Glock kommt aus dem Schup pen und drückt mir einen Besen in die Hand. Ich soll kehren und dabei bitte nicht noch mehr Schaden anrichten. Er müsse zu einer Besprechung.
Bevor er geht, gibt er mir noch seine Meinung zur Generation Doof mit auf den weiteren Lebensweg: »Ihr jungen Menschen habt von nichts eine Ahnung. Manchmal wundere ich mich, dass ihr überhaupt in der Lage seid, euch die Schnürsenkel zu binden.« Ich muss spontan an meine Kinderschuhe mit Klettverschluss denken. »Die einen haben überhaupt keinen Bock auf Arbeit, und die ande-rn führen sich auf wie Generaldirektoren«, fährt Glock erbost fort, wer euch später mal einstellt, der tut mir jetzt schon leid!« Karl Glock – ein Mann mit Weitblick. Denn die Generation Doof stellt bei der Arbeit oft eine Gefahr für sich und andere dar.
Beim Anblick des Doofen-Tsunami, der auf sie zurollt, bekommen die Menschen, die uns eigentlich einen Job geben sollten, schon mal vorsorglich nasskalte Füße: In einer aktuellen Studie warnt das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) vor der »Bildungsarmut und Humankapitalschwäche«, die Deutschland vor arge Probleme stellen werde. In den beruflichen Alltag übersetzt bedeutet das, dass es schon heute auf dem Arbeitsmarkt nur noch wenige Leute gibt, die etwas von ihrem Job verstehen. So hätten beispielsweise 2006 rund fünfzigtausend Ingenieure mühelos einen Job finden können – wenn es so viel qualifiziertes Personal gegeben hätte. Stattdessen blieben viele Stellen unbesetzt. In anderen Berufszweigen sieht die Lage ähnlich dramatisch aus: Der Nachwuchs ist nicht gut genug ausgebildet, um die Lücken zu schließen.
Wer dringend auf cleveres Personal angewiesen ist, bekommt die Blödheit einer ganzen Generation schnell im Portemonnaie zu spüren: Wenn es der deutsche Arbeitsmarkt nicht hergibt, muss das Wissen aus dem Ausland importiert und teuer bezahlt werden. Die Alternative: Gut bezahlte Projekte und Aufträge können mangels fähigen Personals nicht angenommen werden. Auswirkungen hat das letztendlich auf uns alle. Nach Schätzung des IW kostet uns der Fachkräftemangel jährlich zwanzig Milliarden Euro. Dummheit ist eben nicht umsonst.
Wie hoch der Schaden ist, den sich die Generation Doof durch ihr gebremstes Engagement und ihre Unfähigkeit selbst zufügt, lässt sich schwer beziffern. Sehr wohl messbar, weil man es deutlich spüren kann, ist jedoch unsere Unzufriedenheit mit der Lage auf dem Arbeitmarkt. Solange wir im trüben deutschen Bildungssys tem vor uns hingedümpelt sind, fiel unser mangelhaftes Wissen nicht weiter negativ auf. Es ist wie bei Laurel und Hardy: Wir ver stehen oft nur Bahnhof, liefern so manche fragwürdige Klausur ab, aber am Ende geht es trotzdem irgendwie weiter. Könnten wir nach der Ausbildung oder dem Studium gleich in Rente gehen, hätte un-ser Berufsleben ein Happyend. Doch alles wird anders, sobald wir uns auf Jobsuche begeben müssen. Dann wird es ernst, und dann beginnt der Frust.
Unsere Bewerbungen mit dem Foto aus dem letzten Urlaub und der von uns fröhlich ausgeschöpften Rubrik »Hobbys und weitere Interessen« bleiben nicht selten erfolglos. Dies verhindert, dass wir die Lebensziele erreichen, die wir uns unter dem Werbe-Dauerbe- schuss mit gebräunten Cabriofahrern, Eigenheimspießern, Fonds-sparern und Karriereleitersteigern selbst gesetzt haben.
Das Dilemma beginnt für die Generation Doof jedoch schon vor der eigentlichen Bewerbung. Die Entscheidung, was wir wer den wollen, fällt uns beim Beruf leider viel schwerer als an Kar neval. Wir wissen, dass wir irgendwas machen müssen. Aber wir wissen nicht, was. Im Gegenteil, der Einstieg in den Job bereitet uns mehr Probleme als allen Generationen zuvor.
Frühe Baisse – Der Berufseinstieg ist der erste Crash in unserem Leben Julia Anders aus Hannover liebte es schon als kleines Kind, auf Opas alter Schreibmaschine herumzuhämmern. Ihren Eltern war bald klar: Das Kind ist zu Höherem berufen. Julia wird mal eine berühmte Schriftstellerin, sie muss nur gefördert werden! Aus der jungen Feder flossen fortan originelle Kurzgeschichten über Zauberer mit spitzen Hüten und Fabelwesen, die auf die Namen der Haustiere hörten. In der Schule avancierte Julia mit guten Aufsät-zen schon bald zu Deutschlehrers Schoßhündchen. So bedurfte auch das Einser-Abi keiner größeren Anstrengungen.
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