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Stefan George - Karlauf, T: Stefan George

Stefan George - Karlauf, T: Stefan George

Titel: Stefan George - Karlauf, T: Stefan George Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Karlauf
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Wiederkehr herbeisehnte – vivit et non vivit – und dessen Träger der Verfasser mit den letzten Sätzen seines Buches als die wahren Erben des Staufers anrief.
    Im Juli 1926 schloss Kantorowicz das Manuskript ab. Datiert man den Beginn der Arbeit auf die Zeit nach der Lektüre des Steinschen Raffael , dann wurde das mehr als sechshundert Seiten umfassende Werk in höchstens dreieinhalb Jahren geschrieben – selbst für einen Kenner der Geschichte des Hochmittelalters mit einem Stab von Hilfskräften wäre dies eine unglaubliche Leistung gewesen. George begleitete die Entstehung des Manuskripts mit nicht nachlassender Aufmerksamkeit, einer intellektuellen Anteilnahme, die Kantorowicz nach dem Krieg als »neugieriges Interesse« umschrieb. »Neugieriges Interesse ist eine sehr treffende Bezeichnung; denn George konnte mit einer faszinierenden Spannung zuhören.« 31 Ohne etwas über den Autor preiszugeben, ließ er andere an seiner Begeisterung teilhaben. »Was für eine Pracht bildeten die Staufer«, wunderte er sich im Oktober 1924 im Gespräch mit Vallentin. »So etwas biete die Geschichte keines anderen Volkes.« 32

    Am 12. Juli 1926 machte George sich selbst ein Geburtstagsgeschenk, indem er seinem Verleger eröffnete: »Ein mir nahestehender Mensch hat eine Geschichte Kaiser Friedrichs II. im Manuskript fertig. Ich habe sie gelesen und bedeutsam genug gefunden, um sie sofort für mich zu sichern.« 33 Der Autor sei dreißig Jahre alt und »völlig unbekannt«. Bondi antwortete umgehend, dass er »im Prinzip sehr gern bereit« sei, nach Lektüre der von George in Aussicht gestellten Probekapitel ein Angebot zu machen. Acht Tage später schlug Bondi vor, mit diesem Werk eine neue historische Reihe zu eröffnen. Aber er scheute das Risiko. Aus Sorge, das Erscheinen des Bandes könnte sich verzögern, erklärte George, die Hälfte der Herstellungskosten in Höhe von 9000 Mark für die 2600 Exemplare der Verkaufsauflage zu übernehmen und im Fall eines Erfolges entsprechend am Gewinn beteiligt werden zu wollen. Am 2. Oktober wurde der Vertrag zwischen Bondi und George geschlossen. In § 2 erklärte George, dass er vom Verfasser hierzu ermächtigt sei und dass er gemeinsam mit diesem darüber entscheiden werde, ob das Werk pseudonym oder unter dem Namen des Autors erscheinen solle. Als das Manuskript Ende Oktober in Satz ging, war dem Verleger der Name des Verfassers noch immer nicht bekannt. Die Bogen der Setzerei trugen den Vermerk »George, Friedrich II.«.
    Von Anfang Dezember bis Ende Januar las George die Korrekturfahnen des Friedrich , zunächst in Berlin, dann in München. Mitleser waren Max Kommerell, Johann Anton – der bis Mitte Januar, als er von seinem Bruder Walter abgelöst wurde, auch den Schriftverkehr mit Kantorowicz und dem Verlag führte – sowie Berthold von Stauffenberg. Die Korrespondenz gibt eine Vorstellung davon, wie akribisch George arbeitete und über welch umfassendes Wissen er verfügte. Er korrigierte keineswegs nur sprachliche Ungenauigkeiten oder kleinere Fehler, er beanstandete auch manches Grundsätzliche.

    So wollte er sich zum Beispiel nicht mit der Schreibung des Wortes Conclave abfinden; die Gründe erläuterte er dem Verfasser in einem Kommentar, der den Witz und die Souveränität ahnen lässt, die in den späten Jahren den Umgangston unter den Freunden prägten:
    Conclave. Hier liegt der fall ernster. Es ist dringend zu warnen, sich durch ein grad erschienenes buch einen floh ins ohr setzen zu lassen. Solche bonzenängste die bei Verf[asser] direkt etwas rührendes haben, sollten sich nicht einstellen… denn um ganz bonzengerecht zu verfahren müsste bei diesen Correcturen deutlich vermerkt werden: »Dies alles habe ich dem eben erschienenen Werk des Grossbonzen Müller zu verdanken«. Solche sachen gehören in den beabsichtigten Anhänge-band über dem zu wachen D[em] M[eister] nicht zusteht. Doch ein Vorschlag zur Güte: »dem des Jahres 1241, dem ersten wirklichen ›conclave‹« (in anführungsstrichen, mit c, klein.) Die ausmerzung des worts Konklave in den nächsten absätzen kann dann [unter]bleiben, wenn es dem Verf[asser] so ungemeines vergnügen bereitet und sein zartes wissenschaftliches Gewissen entlastet. 34
    Kantorowicz präsentierte seinen Kaiser als den Gründer »der ersten absoluten Monarchie des Abendlandes«, der schon als Kind zur Weltherrschaft bestimmt gewesen sei. 35 Nachdem er 1212 mit seinem triumphalen Zug über die Alpen und der

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