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Stefan George - Karlauf, T: Stefan George

Stefan George - Karlauf, T: Stefan George

Titel: Stefan George - Karlauf, T: Stefan George Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Karlauf
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Wochen später, »dass ganz jenseits von allem trennenden Schicksal es immer noch ganz einfach die menschlichste Zuneigung gibt – oder schlichter gesagt und mir vielleicht nicht zukommend: die Liebe«. 36 Am 20. April schickte Kantorowicz den Brief ab – kaum zufällig auf Hitlers Geburtstag datiert.
    Am 16. April, Ostersonntag, fuhr George in Begleitung Berthold von Stauffenbergs von Berlin nach München; in Bamberg stieg Claus zu. Sie wohnten bei Walter Anton in der Richildenstraße 51 am Nympenburger Park. Zwischen 1924 und 1930 hatte sich George regelmäßig, meist zwei bis drei Wochen während des Frühjahrs, in München aufgehalten; die große »Staatswohnung« in Solln war über Jahre eine wichtige Anlaufstelle des Freundeskreises gewesen. Nach dem Selbstmord von Johann Anton war vieles anders geworden. Jetzt fuhren die Freunde vom Bahnhof ans entgegengesetzte Ende der Stadt zu Walter, dem »Löwen«, der sich als Arzt in München niedergelassen hatte.
    Am 5. Mai – gut drei Monate nach Hitlers Machtübernahme – konnte George eine persönliche Stellungnahme zu den aktuellen politischen Ereignissen nicht mehr umgehen. Der neue preußische Kultusminister, Studienrat a. D. Rust, ein alter Parteigenosse, seit 4. Februar im Amt, hatte die Neuordnung, sprich: Gleichschaltung
der Preußischen Akademie der Künste in Angriff genommen. 14 mehr oder weniger erzwungenen Austritten in der Sektion Dichtkunst – darunter Heinrich und Thomas Mann, Ricarda Huch, Alfred Döblin – standen 14 Neuernennungen gegenüber. Zum Leidwesen des Ministers waren die Neuen allesamt Namen ohne Glanz. Stefan George sei nicht aufgefordert worden, so Rust auf einer Pressekonferenz am 5. Mai, weil er der Arbeit der Akademie stets ablehnend gegenübergestanden habe. Man hoffe aber eine Form zu finden, »um Stefan George, auf dessen Mitarbeit das neue Deutschland den allergrößten Wert lege, ebenfalls in die Akademie einzubeziehen«. 37 Das waren in diesen Tagen seltene Töne: Der Staat machte dem Dichter Avancen.
    Und dies ganz konkret. Am selben Tag, an dem Rust seine Politik der Säuberung vor der Presse erläuterte, schrieb Morwitz an George, ein Oberregierungsrat Zierold habe ihn aufgesucht und zum Ausdruck gebracht, dass es für den Minister sehr wichtig sei, »vor der Presse Dich als Ahnherr der jetzigen Regierung bezeichnen« zu können. Man biete ihm »eine Ehrenstellung ohne jede Verpflichtung« sowie »einen Ehrensold«, und falls George Bereitschaft signalisiere, könne er mit einem »persönlichen Aufforderungsschreiben« des Reichspräsidenten oder des Reichskanzlers rechnen. 38 Morwitz wusste, dass George für ministerielle Schmeicheleien und finanzielle Zuwendungen unempfänglich war. Aber er wusste auch, dass er im neuen Staat viel Positives entdeckte. Außerdem würde er seine Antwort bestimmt mit Mehnert abstimmen, dem Morwitz nicht über den Weg traute. Es ist wohl in erster Linie dem geschickten Agieren des Juristen Morwitz zu danken – der als Kammergerichtsrat am Kammergericht Berlin erst im Dezember 1935 in den Ruhestand versetzt wurde -, dass Stefan George Anfang Mai 1933 nicht in die braune Falle tappte. Es war der letzte Dienst, den »der Nächste Liebste«, der nach dem Ausscheiden von Kommerell nicht mehr in die erste Reihe zurückgefunden hatte, dem Meister erwies.
    Morwitz tat, als referiere er das Angebot des Ministers, und gab doch insgeheim die Antwort vor, die er sich erhoffte:
    Der Minister könne ja vor der Presse sagen, dass die Regierung Dich als Wegbereiter ansehe – das könntest Du nicht verhindern, da ja jeder die Werke eines Dichters nach seinem Wunsch auslegen könne. Der Minister könne wohl mehr tun und sagen, dass er sich scheue, Dich ohne Deinen Willen irgendwie einzuspannen, denn Du habest ein Recht, das Bild Deines Lebens, das bisher das Öffentliche gemieden hat, so der Nachwelt zu überliefern, wie es Dir gut schiene … Ich sagte ihm auf seine Frage, dass Du keineswegs beleidigt sein würdest, wenn der Minister Dich zunächst überhaupt nicht öffentlich nennen würde.
    George hielt sich im Wesentlichen an die Linie von Morwitz, machte in seiner Antwort vom 10. Mai jedoch einige zusätzliche Ausführungen, die aus seiner Sicht Präzisierungen darstellten:
    Also kurz: irgendwelchen posten, auch ehrenhalber, der sogenannten akademie kann ich nicht annehmen ebensowenig einen sold. dass diese akademie jezt unter nationalem zeichen steht ist nur zu begrüssen und kann vielleicht später

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