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Stefan George - Karlauf, T: Stefan George

Stefan George - Karlauf, T: Stefan George

Titel: Stefan George - Karlauf, T: Stefan George Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Karlauf
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dankbar für jeden Hundertmarkschein, den er freilich meist auf der Stelle wieder ausgab – für süße Mädels und teuren Wein: »Mädchen, die in Seide rauschen, / Kosten abends oft viel Geld.« Die Adjutantenritte , sein
Erstling, den er 1883 im Alter von fast vierzig Jahren veröffentlicht hatte, zeigten eine Frische und Spontaneität, die unter den Epigonen selten geworden war und der deutschen Lyrik einen neuen Reiz, den »Reiz des Stegreifs« (Oskar Walzel) verlieh. Was mitreißend spontan und absichtslos wirkte, war in Wirklichkeit raffiniert gefeilt und tendierte zu einer Prosaisierung und Verknappung des Lyrischen, die auf die Dichter der nachfolgenden Generation stilbildend wirkte. Der junge Rilke ließ sich gern von Liliencron protegieren, und noch Benn dichtete gegen Ende seines Lebens gewollt lapidar: »Damals war Liliencron mein Gott, / ich schrieb ihm eine Ansichtskarte.« 71 Ein Exemplar der Erstausgabe der Adjutantenritte stand auch in Georges Bibliothek; Bleistiftunterstreichungen lassen auf eine gründliche Lektüre schließen. 72
    Ida Auerbach war von Liliencron, dem »schwadronierenden Offizier«, zunächst gar nicht begeistert. 73 Auch der Herr Konsul übte sich in Zurückhaltung: »Mein Mann erlaubt nicht, dass ich Herrn von L. irgend etwas schicke«, schrieb Ida ein wenig kleinlaut an Dehmel. 74 Und was wurde aus den Plänen, George im Pan unterzubringen? Das Projekt einer europäischen, sämtliche Tendenzen in Literatur und Kunst umfassenden exklusiven Zeitschrift war im Frühjahr 1894 von Dehmel, Bierbaum und dem Polen Stanislaw Przybyszewski, der schillerndsten Figur der Berliner Boheme in den neunziger Jahren, 75 als genossenschaftliches Unternehmen konzipiert worden. Im April 1895 erschien das erste Heft zum horrenden Preis von 25 Mark; für das Jahresabonnement wurden 75 Mark, in der Luxusausgabe auf Japanpapier mit Originalradierungen gar 160 Mark verlangt (zum Vergleich: eine Folge der Blätter für die Kunst kostete rund 4,50 Mark). Die Auflage der Normalausgabe betrug 1500, später 1100 Exemplare (die der Blätter lag bei rund 250 Exemplaren). 76
    Im ehrgeizigen Programm der aufwendig gestalteten Zeitschrift war vieles von dem verwirklicht, was George bei seiner eigenen Gründung vorgeschwebt haben mag, und die Aussicht, im Pan gedruckt zu werden, war für ihn höchst verlockend. 77 Anfang September schickte er Ida eine Abschrift der »Semiramislieder« und erteilte ihr Vollmacht
für weitere Verhandlungen. Am 7. September fand jedoch eine Aufsichtsratssitzung des Pan statt, auf der die Redaktion umbesetzt und Dehmel entmachtet wurde.
    Ida Auerbach und Richard Dehmel sahen sich jetzt häufiger, und bevor der Herbst ins Land ging, waren sie ein Paar. Wie ein junger Pan sei ihr Dehmel bei der ersten Begegnung erschienen, erinnerte sich Ida später, und obwohl sie im fünften Monat schwanger war, ließ sie sich in ihrer Sinnlichkeit nicht aufhalten. »Ich trag ein Kind, und nit von Dir, / ich geh in Sünde neben dir.« So beginnt Dehmels Zwei Menschen , ein Zyklus von 3 mal 36 Gedichten, in denen er sein Verhältnis mit Ida Coblenz verh. Auerbach in allen Windungen des Intimen besungen hat: »komm! wir wollen uns besinnen, / dass es Tiere in uns giebt!« Weder der gehörnte Ehemann wird geschont – »Dein Herr Gemahl? Nein: der ist nicht im Wege« – noch Dehmels Frau Paula, die mit drei Kindern allein zurückbleibt: »zu Hause sitzt mein Jugendglück, / sitzt und starrt auf Einst zurück, / als ich sie noch ›ewig‹ liebte«. In Idas Zimmer, hingelagert auf dem Eisbärfell vor dem prasselnden Kamin, vergaßen die beiden schnell alle Skrupel: »er schlägt das weiße Fell um sie und sich, / zwei Menschen freun sich königlich«. Zwei Menschen , ein »Roman in Romanzen«, wie Dehmel sein Meisterstück nannte, wurde ein Sensationserfolg. Heute lesen sich diese Romanzen über weite Strecken wie eine ungewollte Parodie. Das Schlussgedicht des ersten Teils endet so:
    zwei Menschen stehn – noch tönen still die Thüren –
mit Augen, die den Himmel nahe spüren,
entblößt bis zu den Hüften da,
ein Mann mahnt: du! – ein Weib haucht: ja. (…)
still nestelt sie am Goldband ihrer Lenden,
sein Körper spannt sich unter innern Bränden (…)
er steht und muss die Hände heben,
als blende ihn das ewige Leben,
und dunkel rauscht der Weltraum – da
     
    mahnt sie ihn: du – da haucht er: ja –
und alles rauscht tief innerlich,
zwei nackte Menschen einen sich. 78

    Dass er dem Vertreter

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