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Stehaufmaennchen

Stehaufmaennchen

Titel: Stehaufmaennchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Maria Profitlich
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Garderobe lag. Folglich muss der Helm seines Sohnes doch bei demjenigen sein, der den braunen Helm hat liegenlassen, oder? Kann mich der Logik nicht ganz entziehen und greife zu einer noch intelligenteren List. Wenn ich‘s mir recht überlege, ist der braune Helm doch nicht meiner. Aha, wie denn mein Name in den Helmkäme? Ende. Keine List mehr parat. Wünsche mich zurück in den Biernebel. Meine Schwester kommt neugierig hinzu. Will sie wegschieben, doch irgendwie scheint ausgerechnet jetzt was mit ihren Schuhen nicht zu stimmen, denn sie bückt sich und knotet akribisch ihre Schuhriemen zu. Typisch Frau. Wenn man sie nicht braucht, ist sie zur Stelle. Ludwig macht einen Vorschlag. Wenn ich den gestohlenen Helm freiwillig rausrücke, wird nix passieren. Bei »gestohlen« werden meine Knie noch weicher. Diesmal nicht vom Bier. Hole den Helm und gebe ihn kleinlaut zurück. Ludwig nimmt ihn und meint, ich sei noch mal mit einem blauen Auge davongekommen. Dann rauscht er ab. Was für eine Schmach. Ich verpflichte meine Schwester, den Vorfall für sich zu behalten. Meine Schwester verspricht zu schweigen wie ein Grab.
4. Oktober 1976
    Meine Schwester hat geschwiegen wie ein Grab. Allerdings muss sie den Vorfall genauestens in den Grabstein gemeißelt haben, denn am Nachmittag halten Papa und Mama mir eine Riesenstandpauke. Ich würde mir die Zukunft versauen. So jung und schon kriminell. Meine Knie werden schon wieder weich. Und ich soll mich nicht wundern, wenn ich im Gefängnis lande, sollte ich so weitermachen. Entgegne kleinlaut, dass Ludwig versprochen hat, nichts zu unternehmen, und ich würde schon meine Freiheit behalten. Nein, würde ich nicht. Würde ich wohl. Meine Eltern sollten Recht behalten, denn ich bekomme zwei Monate Stubenarrest.
28. Oktober 1976
    Sitze meine Strafe ab. Die Wogen haben sich etwas geglättet, als der nächste Sturm in Form eines kleinen Briefes über unsere Familie hereinbricht. Vorladung zur Verhandlung wegen Diebstahls und versuchter Bestechung. Fehlt eigentlich nur Mord, und ich hätte die Vita Al Capones. Bin außer mir. Schrei rum, ichhätte doch den Helm freiwillig zurückgegeben. Meine Schwester entgegnet, unter freiwillig würde sie was anderes verstehen. Gehe auf meine Schwester los, doch Papa kann mich gerade noch davon abhalten, tatsächlich in die Fußstapfen Al Capones zu treten.
12. Dezember 1976
    Verhandlung. Mama ist mitgekommen. Sie ist sehr aufgelöst und heult ein Taschentuch nach dem anderen voll. Peter ist als Zeuge geladen. Der Richter will wissen, ob ich an besagtem Abend viel getrunken hätte. Peter schaut mich an und druckst rum. Er könnte sich eigentlich an nix erinnern. Der Richter macht ihn auf die Folgen eines Meineids aufmerksam und wiederholt seine Frage nach meinem Alkoholgenuss. Schließlich hätte das ja Auswirkungen auf meine Schuldfähigkeit. Peter kann sich plötzlich wieder erinnern. Klar, ich wäre bestimmt nicht schuldfähig, denn ich hätte gesoffen wie tausend Türken. Bestimmt hätte ich drei, ach was, vier Promille gehabt, denn ich wäre nur noch getorkelt. Er ist sich absolut sicher, dass ich nicht mehr wusste, was ich tat, als ich nach Hause fuhr. Der Richter will wissen, womit ich denn gefahren sei. Na, mit dem Mofa. Der Richter notiert. Führen eines Mofas unter Alkoholeinfluss. Danke, Peter!
    Dann wird Ludwig vernommen. Ja, ich hätte versucht, ihn zu bestechen. Mit zwei Mark, wenn er sich richtig erinnere. Brülle los, dass ich ja noch einen Fünfer obendrauf legen wollte. Ludwig korrigiert. Stimmt, es seien sieben Mark gewesen. Der Richter notiert. Mama öffnet eine neue Packung Taschentücher. Habe das Gefühl, in einem Loch zu versinken, und heule ebenfalls los.
    Der Richter hat genug gehört und zieht sich kurz zur Beratung zurück. Komme mir vor wie der größte Verbrecheraller Zeiten. Würde mich nicht wundern, wenn man wegen mir den elektrischen Stuhl in Siegburg einführt.
    Urteilsverkündung. Bin dem elektrischen Stuhl knapp entkommen. Stattdessen erhalte ich eine Geldstrafe. 800 Mark muss ich bezahlen. Schaue Ludwig an, der mich angrinst. Mir platzt der Kragen. Nehme all meinen Mut zusammen und schnauze den Herrn Hauptkommissar an. Was denn mit seinem Versprechen wäre, und ob man bei der Polizei nicht lernt, die Wahrheit zu sagen. Rede mich um Kopf und Kragen und kassiere eine weitere Geldstrafe wegen Beamtenbeleidigung.
    Auf dem Weg nachhause meint Mama zu mir, dass sie das ganz schön mutig gefunden hätte, wie ich dem

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