Stehaufmaennchen
Devil aus der Hand und haut auf ihm ab. Ich renne hinterher und sehe, wie Muskelprotz auf einen Stromkasten zusteuert. Wahrscheinlich werden meine Halogenscheinwerfer magnetisch von ihm angezogen. Muskelprotz bremst, und die Bremsen tun verlässlich das, was sie immer machen. Nix. Fluchend knallt Muskelprotz mit meinem Red Devilgegen den Stromkasten. Da er keinen Herrn Kirsch als Prallsack hat, bleibt er benommen liegen.
Gerade als ich bei ihm bin, kommt eine Streife dazu. Muskelprotz rappelt sich hoch. Die Beamten beäugen erst uns, dann Red Devil. Begriffe fallen wie »nicht verkehrstüchtig«, »Stilllegung« und »Anzeige«. Wem denn das Mofa gehöre. Wahrheitsgemäß zeige ich auf Muskelprotz. Man soll Beamte ja nicht anlügen. Die Beamten laden Red Devil in den Kofferraum. Ich darf gehen, Muskelprotz fahren. In der Streife. Im Bett trauere ich um Red Devil. Das erste Mofa ist wie die erste Liebe. Beides vergisst man nie.
28. August 1976
Bin auf einer Auktion. Einer Polizeiauktion. Hier werden Dinge versteigert, damit Kriminelle ihre Geldstrafen bezahlen können. Kriminelle wie Muskelprotz. Ersteigere meinen Red Devil für 39 Mark 70 Schrottwert. Jetzt gehört er wirklich mir. Ich freue mich. Peter freut sich aufs Basteln. Sogar Mama freut sich. Eigentlich freuen sich alle, dass ich mein Mofa wiederhabe. Bis auf Herrn Kirsch.
19. Die Sache mit dem Helm
2. Oktober 1976
Abends mit Peter und den anderen Kumpels im Tingel-Club. Super Stimmung. Bier fließt in Strömen. Gegen zwei wanke ich zur Garderobe, um meinen Helm zu holen. Die Garderobenfrau fragt, welcher Helm denn meiner sei. Ich schaue auf meinen abgeranzten braunen Helm. Dann fällt mein Blick auf einen neuen, schwarz glänzenden Integralhelm. Der Integralhelm kann sprechen, denn er flüstert mir mit eindringlicher Stimme zu: »Nimm mich, und du wirst reich belohnt werden.« Kann sein Angebot nicht ausschlagen und deute auf den schwarzen Helm. Wie ich nach Hause komme, entzieht sich meiner Kenntnis.
3. Oktober 1976
RINGGG! Es klingelt. Liege noch im Bett. Mein Großhirn ist gerade damit beschäftigt, meine Schädeldecke aufzumeißeln, um mehr Platz für den Kater zu schaffen. RINGGG! Meine Schwester ruft, ich soll öffnen, sie würde gerade lesen. Typisch Frau. Wenn man sie mal braucht, ist sie nicht zur Stelle. RINGGG! Halte die Klingelei nicht mehr aus und mache mich mit bierbedingt wackligen Knien auf den weiten Weg zur Tür, um diese zu öffnen. Durch den Tunnelblick meiner im Moment eingeschränkten Optik nehme ich einen fremden Mann wahr, der mir einen Ausweis vor die Nase hält. Die Buchstaben auf dem Ausweis hüpfen ein bisschen auf und ab, formieren sich aber nach einer Weile zu Wörtern, die ich lesen kann. Ludwig, Hauptkommissar Polizei Siegburg. Kurz darauf ist die Information in meinem Hirnangekommen. Ludwig zeigt mir meinen Helm und fragt, ob das meiner sei. Ups! Den muss ich wohl gestern im Tingel-Club liegen gelassen haben. Nett, dass die Polizei persönlich kommt, um einem den Helm nachhause zu bringen. Und dann direkt ein Kommissar. Ein Hauptkommissar! Bedanke mich, nehme den Helm und will wieder ins Bett. Doch Ludwig scheint noch mehr auf dem Herzen zu haben. Klar, wie konnt‘ ich das vergessen? Drücke ihm zwei Mark als Finderlohn in die Hand. Das scheint nicht zu reichen, denn Ludwig guckt auf einmal ziemlich sauer. Seufze und lege einen Fünfer obendrauf.
Aber auch das stellt Ludwig nicht zufrieden, denn plötzlich will er, dass ich ihm augenblicklich den Helm gebe. Drücke ihm verwirrt meinen Helm wieder in die Hand. Der weiß auch nicht, was er will. Weiß er doch, denn plötzlich wird Ludwig laut. Dass er sofort den Helm seines Sohnes wiederhaben will. Integralhelm, schwarz! Denke nach. Stimmt. Irgendwas mit Helm war gestern Abend. Ich sehe das verschwommene Bild der Garderobenfrau, den schwarzen Helm, der mich auffordert, ihn mitzunehmen, mich selbst, lallend auf den schwarzen Helm zeigend. Plötzlich reißt der Nebelvorhang, und die Erkenntnis bricht über mich herein. Sollte ich tatsächlich so dämlich gewesen sein und den Helm eingesteckt haben, der ausgerechnet dem Sohn eines Kommissars gehört? Dem Sohn eines Hauptkommissars? Denke fieberhaft nach und greife zu einer perfekt ausgeklügelten Ausrede. Nein, ich hätte keinen anderen Helm. Puh, das war knapp. Ludwigs Stimme bekommt einen gefährlichen Ton. Sein Sohn sei nachts mit diesem abgeranzten Helm nachhause gekommen, weil dies der einzige Helm war, der noch an der
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