Stehaufmaennchen
schwarzsehen.«
»Und ist so was denn technisch möglich? Nur interessehalber.«
»Wir haben da unsere Methoden.«
»Nämlich?«
»Die kann ich Ihnen natürlich nicht verraten.«
»Natürlich nicht. Interessiert mich im Grunde auch nicht, denn ich hab ja keinen Fernseher.«
»So ein junger Mann wie Sie hört sicher auch lieber Musik, oder?«
»Logo! Die Charts rauf und runter!«
»Im Radio?«
Verdammt! Dieser Fuchs!
»Platte. Ausschließlich!«
»Da gibt man bestimmt viel Geld für Platten aus, wenn man die Charts rauf und runter hört.«
»Klar, aber ich spar ja auch Rundfunkgebühren. Weil ich keinen Fernseher hab. Und kein Radio!«
Herr Romeikat verabschiedet sich mit dem Hinweis, ich könne mir ja noch mal überlegen, ob ich mir nicht doch mal einen Fernseher anschaffen will. Gehe ins Wohnzimmer und stelle mich ans Fenster. Unten sehe ich Romeikat ins Haus gegenüber gehen. Er sieht kurz hoch und entdeckt mich. Winke ihm zu, setze mich auf die Couch und betrachte meinen Grundig Super Color StereoFarbfernseher mit sagenhaften 61 Zentimetern Bildschirmdiagonale. Eine Wuchtbrumme gigantischen Ausmaßes, fast neu. So eine Art Schwarzenegger unter den Fernsehern. Denke nach. Ob man das irgendwie messen kann, wenn einer fernsieht? Da fahren ja immer diese gelben Messwagen von der Post durch die Gegend. Strahlt ein Fernseher? Und wenn, sendet ein Fernseher, der nicht angemeldet ist, andere Strahlen aus als einer, der angemeldet ist? Welche weiteren Möglichkeiten hat Romeikat, mich als Schwarzseher zu entlarven? Schaue nachdenklich aus dem Fenster. Genau gegenüber schaut noch jemand nachdenklich aus einem Fenster. Romeikat. Er sieht exakt in meine Richtung. Schlagartig wird mir klar, welche Möglichkeiten Romeikat noch hat. Er braucht gar nicht zu messen. Er braucht nur durchs Fenster in mein Wohnzimmer zu schauen. Wie jetzt! Springe auf und ziehe panisch die Gardinen zu. Shit! Ob Romeikat den Super Color gesehen hat? Und wenn – hat er das Recht, meine Wohnung zu betreten? Werde unruhig. Der Super Color muss weg. Erst mal.
Ein Grundig Super Color wiegt 21 Kilo. Auf den ersten Blick nicht viel. Auf den zweiten schon, denn so eine Kiste ist nicht dafür gebaut, durch die Gegend getragen zu werden, und weist folgerichtig nicht die Spur eines Griffes auf, an dem man den Fernseher einigermaßen bequem tragen könnte. Trotzdem wuchte ich das Gerät vom vierten Stock in den Keller. Vor Anstrengung schwitze ich so stark, dass mein Super Color mir fast aus der Hand rutscht. Im ersten Stock höre ich, wie der Türdrücker betätigt wird. Jemand betritt den Hausflur und kommt die Treppe herauf. Romeikat? Mache sofort kehrt und wuchte meinen Fernseher wieder nach oben. Die Schritte folgen mir. Vor meiner Tür suche ich in meiner Hosentasche nach meinem Schlüssel. Schwierig, wenn man mit der anderen Hand versucht, 21 Kilo Schwarzenegger im Gleichgewicht zu halten. Ich schaff es nicht. Die Schrittenähern sich dem vierten Stock. Flüchte samt Fernseher in den fünften Stock und lausche. Verdammt! Die Schritte folgen mir immer noch! Schleppe mich und Arnold in den sechsten Stock. Mit allerletzter Kraft stoße ich die Tür zum Trockenspeicher auf und setze meinen Grundig ab. Durch den Türspalt beobachte ich, wie Frau Salmigkeit aus dem sechsten Stock ihre Tür aufschließt. Falscher Alarm. Warte ein paar Minuten und schleppe den Fernseher wieder nach unten. Habe Glück. Im Flur kommt mir keiner entgegen. Dafür auf der Kellertreppe. Mache sofort wieder kehrt. Trockenspeicher, die zweite. Da soll noch einer sagen, Fernsehen macht träge. Habe keine Lust mehr, den Grundig durchs Haus zu buckeln, und lasse ihn auf dem Speicher stehen. Hier ist er sowieso besser aufgehoben als im Keller.
Später ruft Peter an. Ob ich heute Abend Besuch aus dem Jenseits gucke. Nein, täte ich nicht. Erzähle von meiner Bekanntschaft mit Herrn Romeikat und dem damit verbundenen Exil meines geliebten Grundigs. Peter beruhigt mich. Die könnten gar nix machen. Reinlassen müsse man die nicht. Die Typen wären im Grunde genommen total harmlos. Ganz anders als die von der Post. Die würden nämlich komplett ausrasten, wenn man zum Beispiel schwarz einen Anrufbeantworter anklemmt. Da würden die überhaupt keinen Spaß verstehen, weil man ja auch unautorisiert an so einer Telefonbuchse herumbastelt. Und die sei ja schließlich Eigentum der Post. Und wenn durch private Bastelei so ein Schaden im Telefonnetz entstünde, da kämen dann ganz
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