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Stehaufmaennchen

Stehaufmaennchen

Titel: Stehaufmaennchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Maria Profitlich
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schnell Schadensersatzforderungen in Millionenhöhe. Er hätte da Sachen gehört ...
    Die letzten Worte nehme ich nicht mehr wahr. Denn plötzlich bin ich völlig gefesselt vom Anblick meiner letzten Neuanschaffung, einem Alibinota. Ein Anrufbeantworter, groß wie ein Tonbandkoffer und mit Relaissteuerung. Mein Blick folgt dem Kabel, das sich aus Alibinota herausschlängelt, über den Teppich, hin zu einer Konstruktion aus Lüsterklemmen und Tesafilm, dieals Verteileranlage meiner gewachsenen Kommunikationseinrichtung fungiert und aus einem Loch hängt, in dem einst die Dose der Post saß.
    »... und die können das problemlos von der Post aus messen, was du zuhause alles angeschlossen hast. Und dann steht ruckzuck einer vor deiner Tür und klingelt.«
    »Echt?«
    »Klingelt!«
    »Ja ja ...«
    »Es klingelt bei dir! Hörst du das nicht?«
    Peter hat Recht. Es klingelt. Meine Nebenniere legt sich ins Zeug und pumpt Unmengen Adrenalin in meinen Körper. Knalle den Hörer auf, reiße meine Verteileranlage aus der Wand und stopfe den Alibinota in den Schrank. Öffne die Tür einen Spalt und linse raus. Frau Salmigkeit aus dem Sechsten.
    »Gehört der Fernseher auf dem Speicher Ihnen?«
    »Ja.«
    »Der kann da nicht stehen bleiben.«
    »Herrgottnochmal, dann schlepp ich ihn eben wieder runter.«
    »Brauchen Sie nicht, hab ihn schon mitgebracht.«
    Sie drückt mir einen kleinen tragbaren Schwarz-Weiß-Fernseher in die Hand. Peter Maffay unter den Fernsehern.
    »Ein anderer Fernseher steht da nicht?«
    »Ne. Sonst steht da nix.«
    Bedanke mich und schließe die Tür. Können Fernseher schrumpfen? Aus Gram, weil man sie ins Exil geschickt hat? Renne auf den Speicher. Tatsächlich. Der Grundig ist weg. Auf dem Weg nach unten höre ich laute Blasmusik aus der Wohnung der Familie Pritschkat. Sonst hören die nie so laut Musik. Eigentlich gucken die eher fern. Volksmusiksendungen und so. Mir kommt ein Verdacht. Klingele bei Pritschkats. Herr Pritschkat öffnet. Er ist im Blasmusikfieber. So wie heute hätte er noch nie Blasmusik wahrgenommen, und er würde sich entschuldigen,wenn es zu laut sei, aber dieser Klang wäre einfach unbeschreiblich. Ob er denn einen neuen Fernseher hätte? Oh ja, ein Superteil, Farbe und voll stereo! Vielleicht einen der Marke Grundig? Pritschkat guckt mich skeptisch an. Dann druckst er rum. Er könne das alles erklären. Er sei aus einem Grund, den er nicht näher erläutern möchte, auf den Speicher gegangen, um dort seinen Schwarz-Weiß-Fernseher für kurze Zeit unterzustellen. Dabei hätte er meinen Grundig entdeckt. Und weil er zwei Stunden später immer noch da stand, habe er ihn für Sperrmüll gehalten und einfach an sich genommen. Glaube ihm. Der alte Pritschkat ist kein Dieb. Wuchten zu zweit den Grundig in meine Wohnung. Dabei kommt uns die Familie Voosen entgegen. Sie tragen eilig einen Nordmende Spectra Color die Treppe hoch. Quetschen uns aneinander vorbei und sehen uns kurz an. Auch ohne Worte verstehen wir uns. Herr Romeikat hat ziemlich Bewegung in unser Haus gebracht. Das tut er immer noch, denn hinter den Voosens kommt Romeikat die Treppe hoch. Er zeigt auf meinen Grundig und fragt, wem denn der Fernseher gehöre. Pritschkat erläutert, dass dies nicht sein Gerät sei. Romeikat schaut mich fragend an. Dann sei das ja wohl meiner.
    »Nein, nein ... Wir haben den Fernseher beim Aufräumen auf dem Trockenspeicher gefunden. Da gehört ja nun wirklich kein Fernseher hin. Und deswegen wollten wir ... also ... wir dachten ... wir ...«
    Schaue hilfesuchend Pritschkat an. Pritschkat hat eine Idee.
    »... stellen ihn auf den Sperrmüll.«
    Starre Pritschkat an. Danke! Romeikat gibt sich zufrieden.
    »Dann will ich die Herren nicht aufhalten. Wissen Sie was? Ich gehe vor und öffne Ihnen die Haustür.«
    Schleppen meinen reiselustigen Grundig hinter Romeikat her bis auf den Bürgersteig. Pritschkat verabschiedet sich eilig und geht wieder rein. Ich bleibe stehen. Romeikat auch. Frage ihn,ob er denn jetzt Feierabend hätte. Oh ja, aber sein Bus würde erst in vierzig Minuten kommen und er würde deshalb noch ein bisschen die schöne abendliche Mailuft genießen, hier, auf dem Bürgersteig. Wir schauen uns an. Keiner von uns zeigt sich bereit, das Feld freiwillig zu räumen. Denke fieberhaft nach. Irgendwie muss ich Romeikat von meinem Fernseher weglotsen. Plötzlich hab ich eine brillante Idee.

    »Wissen Sie was? Ich ruf Ihnen schnell ein Taxi. Geht ruckzuck.«
    Hetze zurück in meine Wohnung

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