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Stehaufmaennchen

Stehaufmaennchen

Titel: Stehaufmaennchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Maria Profitlich
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gezogen wurden. Und zwar die 12, die 13, die 14, die 15, die 16, die 17, die 18 und die 19. Der Wartemarkenautomat löst nämlich automatisch bei jedem Knopfdruck einen elektronischen Impuls aus. Ich kann dann in dieser Anzeige hier genau sehen, wie viele Personen draußen warten, und sie in der richtigen Reihenfolge aufrufen. Das spart enorm Wartezeit.«
    »Das merkt man deutlich.«
    »Sehen Sie.«
    »Und was soll ich jetzt tun?«
    »Warten, bis Sie dran sind.«
    »Können wir nicht einfach so tun, als ob ich die Zwölf hätte?«
    »Nein, denn ich muss dem System ja den Eingang der Wartemarke Nummer zwölf bestätigen. Hier, mit der Taste N. Wenn ich jetzt die Nummer zwölf bestätige, ohne dass sie vorliegt, und der tatsächliche Inhaber der Wartemarke zwölf erscheint, kann ich seine Nummer nicht mehr bestätigen. Und dann?«
    »Ähm ...«
    »Gibt’s Streit zwischen den Wartenden. Und genau das soll das System ja verhindern.«
    »Draußen kann aber keiner mit der Nummer zwölf sitzen, weil der Automat draußen leer ist.«
    »Und wo bitte haben Sie dann Ihre Wartemarke her?«
    »Die hab ich mir im Flur gegenüber geholt.«
    Der Sachbearbeiter springt auf. »WAS? Sind Sie wahnsinnig!? Sie können doch keine Wartemarke aus einem anderen Wartebereich ziehen! Wissen Sie, was das auslösen kann?«
    Er stürmt an mir vorbei nach draußen. Gehe ihm nach. Im Flur nebenan hat sich eine Menschenmenge gebildet. Beamte, Angestellte und Wartende diskutieren heftig miteinander. Aggression liegt in der Luft. Bekomme mit, dass wohl mit dem System irgendwas nicht stimmt. Eine fehlende Wartemarke scheint der Grund zu sein. Nummer 138. Solange diese Nummer nicht bestätigt wird, ist das System blockiert, erfahre ich. Wende mich diskret an einen der hier zuständigen Sachbearbeiter und teile ihm mit, dass ich die vermisste Marke hätte. Der Mann ist erleichtert und nimmt mich mit zu seinem Büro.
    »Gott sei Dank! Die Situation drohte schon zu eskalieren. Sie haben also Fragen zum Leistungsbezug?«
    »Nein, ich will mich eigentlich wegen meiner beruflichen Perspektiven beraten lassen.«
    »Da sind Sie hier falsch. Da müssen Sie zu den Kollegen in den Flur gegenüber.«
    »Die akzeptieren meine Wartemarke nicht.«
    »Da kann ich nix für Sie machen.«
    Will gehen, als mich der Sachbearbeiter zurückruft. Er druckst rum.
    »Ähm ... Könnte ich vielleicht trotzdem Ihre Wartemarke haben? Für Sie ist sie ja wertlos, aber wir könnten dann endlich mal weitermachen hier.«
    Gebe ihm meine Marke und gehe. Während ich rausgehe, höre ich noch, wie er sich an die aufgebrachte Menge wendet.
    »Mal alle herhören, bitte! Wir haben Grund zur Hoffnung! Die vermisste Wartemarke Nummer 138 ist aufgetaucht.«
    Verhaltener Jubel kommt auf. Der Sachbearbeiter fährt fort.
    »Ich bitte nun denjenigen mit der Nummer 139, die Wartemarke 138 von mir in Empfang zu nehmen und seinerseits seine Wartemarke an den mit der Nummer 140 zu übergeben, der seine Marke ebenfalls weitergibt und so weiter. Wir wollen ja, dass es gerecht und vor allem unkompliziert zugeht.«
    Eine wilde Wartemarkentauscherei setzt ein. Dabei bricht ein regelrechter Tumult aus, dessen Ende ich aber nicht mehr mitkriege. Bin längst wieder auf dem Weg nach Hause.

20. Mai 1989
    Rufe beim Arbeitsamt an. Eine junge Frauenstimme meldet sich. Klingt eifrig.
    »Arbeitsamt Siegburg, guten Tag. Was kann ich für Sie tun?«
    »Guten Tag, ich hätte gerne einen Termin wegen einer Berufsberatung.«
    »Hatten Sie deswegen schon mal einen Termin bei uns?«
    »Nein, deswegen ruf ich ja an.«
    »Weil normalerweise ist das nämlich so, dass ein Termin immer im Anschluss des vorausgegangenen Termins direkt mit dem Sachbearbeiter gemacht wird. Dann kommen Sie also zum ersten Mal und möchten sich arbeitslos melden?«
    »Nein, gemeldet bin ich schon.«
    »Versteh ich nicht. Dann hatten sie also doch schon mal einen Termin?«
    »Nein, als ich mich arbeitslos gemeldet habe, bin ich einfach so gekommen. Ohne Termin.«
    »Ohne Termin? Da mussten Sie aber bestimmt lange warten, was?«
    »Es ging.«
    »Das ist jetzt vorbei, wir haben nämlich ein neues System. Vollautomatisch.«
    »Ich weiß.«
    »Da muss keiner mehr warten. Ist ganz unkompliziert.«
    »Ich weiß.«
    Pause. Die Frau hat offensichtlich den Faden verloren. Bringe sie auf das Anliegen meines Gesprächs zurück, indem ich noch mal den Termin ins Spiel bringe.
    »Was ist jetzt mit meinem Termin?«
    »Ach ja ... Ich könnte Sie ja mal mit einem

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