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Steife Prise

Steife Prise

Titel: Steife Prise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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schadete es selbstverständlich nicht, wenn man einen Trupp Trolle oder Zwerge dabeihatte.
    Ankh-Morpork liebte Überraschungen, vorausgesetzt, die Finanzbehörde hatte nicht ihre Finger im Spiel. Der Vorhang würde erst in einer Stunde aufgehen, aber das spielte keine Rolle, denn es zählte allein, vor Ort zu sein; vielleicht noch wichtiger war, dass man dort gesehen wurde, insbesondere von den Leuten, die man selbst sehen wollte. Was einen auch erwarten mochte, es würde ein großartiges Ereignis werden, und man selbst war dabei, und die Leute hatten einen genau dort gesehen, und es war wichtig, und deshalb war man selbst auch wichtig.
    Es würde ein erinnerungswürdiger Abend werden, auch falls sich an die geheimnisvolle Aufführung hinterher niemand mehr erinnern sollte. Die wirklich Reichen veranstalteten solche Sachen oft aus reiner Eitelkeit, aber die heutige Veranstaltung sah ganz besonders geheimnisvoll aus und würde, wenn sie in die Hose ging, für richtig viel Spaß, Gelächter und Schadenfreude sorgen.
    Der Tag neigte sich dem Abend zu. Die Kneipe füllte sich, ebenso wie die Trinker, denen Jiminy mitgeteilt hatte, dass sie schon wieder auf Kommandeur Mumms Kosten tranken. Als die Schatten länger wurden, sah Jiminy an der Tür immer wieder neugierig zu Mumm hinüber, doch der stand nur regungslos da und schaute ab und zu auf seine Uhr.
    Schließlich tauchte – den Arm immer noch in Gips – der Bursche auf, den alle als den jungen Volker kannten, der aber, da waren sich die alten Knaben untereinander völlig einig, erwachsener aussah als je zuvor. Er kam in Begleitung von Jefferson, dem Schmied, den alle bestenfalls für eine tickende Zeitbombe hielten, und der Schmied trug eine Dienstmarke, genau wie Volker. Als die beiden auf Mumm zugingen, drängten alle Gäste aus der Kneipe heraus. Leider war von der Unterhaltung nichts zu verstehen. Sie fragten sich, warum der Schmied ein Megaphon dabeihatte, das er jetzt Mumm gab, und dann kamen Volker und der Schmied auf die Kneipe zu, wo die Leute sich wie eine Meereswoge teilten, um sie hindurchzulassen.
    Wieder schaute Mumm auf die Uhr. Immer mehr Leute drängten auf den Dorfanger. Leute mit einem gewissen Gespür für das Dramatische waren nach Hause gerannt, um dort Bescheid zu sagen, dass gleich etwas passieren würde und dass alle sofort mitkommen und sich das ansehen sollten. Für ein deftiges Spektakel oder gar eine zünftige Hinrichtung war die Landbevölkerung immer zu haben – darin unterschied sie sich in nichts von der Stadtbevölkerung. Man sagte eben gerne »Ich war dabei«, auch wenn es sich manchmal eher wie »Ich war dabei – boaaah!« anhörte.
    Mumm schob seine Uhr zum letzten Mal in die Tasche zurück und hielt das Megaphon an die Lippen.
    » VEREHRTE DAMEN UND HERREN !« Der Schmied hatte da eine ziemlich gute Flüstertüte zusammengehämmert, Mumms Stimme hallte auf dem ganzen Dorfanger wider. »Ich habe schon oft sagen gehört, meine Damen und Herren, dass am Ende alle Sünden vergeben sind.« Aus dem Mundwinkel raunte er so, dass nur Volker und der Schmied ihn verstehen konnten: »Mal sehen.« Dann fuhr er laut schallend fort: »Schlimme Taten sind verübt worden. Schlimme Taten sind befohlen worden. Schlimme Befehle sind befolgt worden. Aber das wird nie wieder geschehen … habe ich Recht, meine Damen und Herren? Und zwar deshalb, weil es ein Gesetz geben muss, aber ehe es das Gesetz gibt, muss es ein Verbrechen geben!«
    Absolutes Schweigen herrschte in der Abenddämmerung, als er hinüber zu dem Turm ging und zwei Flaschen Brandy am Gestänge zerschlug, ein paar Schritte zurückwich und den glühenden Zigarrenstummel hinterherwarf.
    Das Getuschel im Opernsaal erstarb, als Lady Sybil hinter dem Vorhang hervorkam und die Bühne betrat. Sie war eine Frau von, wie man so sagt, üppigen Proportionen, obwohl einige davon ihrer Meinung nach ein wenig zu üppig ausgefallen waren. Allerdings konnte sie sich die allerbesten Damenschneider leisten und verfügte obendrein über die nötige Haltung und das Auftreten, die zu den Insignien ihrer Klasse gehörten – zumindest der Klasse, in die sie hineingeboren war. So trat sie also hinaus vor den Vorhang, und sofort brandete Applaus auf, der immer lauter wurde. Als er ihrer Meinung nach lange genug angehalten hatte, brachte sie den Saal mit einer kleinen Geste auf magische Weise zum Verstummen.
    Lady Sybil hatte genau die richtige Stimme für derlei Gelegenheiten. Es gelang ihr nahezu

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