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Steife Prise

Steife Prise

Titel: Steife Prise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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und lässt sich auch nicht durch Papierkram aus der Welt schaffen.
    Mumm döste eine Weile entspannt vor sich hin, dann hörte er Sybil flüstern: »Er kann doch nicht ausbüxen, Sam, oder? Du hast gesagt, er kennt sich gut mit Schlössern aus.«
    »Hier in Quirm haben sie an den Zellen verdammt gute Schlösser, außerdem wird er rund um die Uhr bewacht, und auf dem Weg nach Ankh-Morpork wird ihr Gefangenenwagen von einer bewaffneten Eskorte begleitet. Ich kann mir nicht vorstellen, unter welchen Umständen er da entkommen will. Schließlich wollen die Jungs aus Quirm diese Sache streng nach Vorschrift durchziehen. Jede Wette, dass sie ihre Rüstungen dermaßen poliert haben, dass sie wie blankes Silber glänzen. Sie wollen mich beeindrucken, weißt du? Keine Sorge, ich bin sicher, dass nichts schiefgeht.«
    Sie lagen eine Weile ruhig nebeneinander, dann sagte Mumm: »Der Zoodirektor hat sich sehr schmeichelhaft über Klein-Sam geäußert.«
    Sybil murmelte schläfrig: »Vielleicht wird er ja ein neuer Woolsthorpe, aber diesmal vielleicht einer, dem es nicht an gesundem Menschenverstand mangelt.«
    »Ach, ich weiß nicht, was mal aus ihm wird«, sagte Mumm, »aber egal, was er später einmal macht, er wird seine Sache gut machen.«
    »Dann wird aus ihm ein echter Sam Mumm«, erwiderte Sybil. »Aber jetzt sollten wir ein wenig schlafen.«
    Am folgenden Tag fuhr die Famile nach Hause, das heißt, Sybil und Klein-Sam fuhren in einer Schnellkutsche nach Ankh-Morpork, und zwar nach einer kurzen Unterbrechung, die dazu führte, dass Klein-Sams wachsende Sammlung vom Kutscheninneren aufs Dach umgeladen wurde. Samuel Mumm hingegen fuhr mit der Schwarzäugigen Susanne zum Gut Käsedick zurück, weil er dort noch einiges zu erledigen hatte. Da er ein König des Flusses war, ließ ihn der Lotse einen Teil der Strecke ans Steuerrad, obwohl er ihm dabei für alle Fälle misstrauisch über die Schulter schaute. Sam Mumm machte das alles großen Spaß, was bei ihm nicht sehr oft vorkam. Es ist eigenartig, wenn man unverhofft etwas kennenlernte, das man allem Anschein nach schon immer hatte tun wollen, obwohl man bis zu diesem Moment nicht einmal gewusst hatte, dass man es schon immer tun wollte, ja, nicht einmal gewusst hatte, worum es sich überhaupt handelte. Aber in jenen Augenblicken war Sam Mumm der Lotse eines Flussschiffes und freute sich dabei wie ein Honigkuchenpferd.
    In der Nacht lag er allein in der unermesslichen Weite von Gut Käsedick – abgesehen natürlich von den hundert oder noch mehr Bediensteten – und wälzte die Ereignisse der vergangenen Woche wieder und wieder in seinem Kopf hin und her; vor allem seinen eigenen Anteil daran. Ein ums andere Mal nahm er sich gnadenlos ins Kreuzverhör. Hatte er geschummelt? Nein, eigentlich nicht. Hatte er andere getäuscht? Eigentlich nicht. Hatte er sich wie ein ordentlicher Polizist verhalten? Hm, also … Genau das war die Frage.
    Am Morgen brachten ihm zwei junge Dienstmädchen das Frühstück, und Mumm amüsierte sich darüber, dass sie einen männlichen Diener als Aufpasser dabeihatten. In gewisser Hinsicht fand er das schmeichelhaft. Dann machte er einen Spaziergang durch die herrliche Landschaft, lauschte den munteren Melodien des Rotkehlchens undsoweiter (die Namen der anderen wollten ihm nicht einfallen, aber sie waren ebenfalls verflixt gute Sänger).
    Und wie er so daherspazierte, fiel ihm mit einem Mal auf, dass er aus jeder Kate und von jedem Feld her beobachtet wurde. Ein oder zwei Leute kamen auf ihn zu, schüttelten ihm aufgeregt die Hand und rannten ebenso eilig wieder davon. Mumm hatte den Eindruck, als würde er die Welt mit sich herumschleppen. Die Atmosphäre war dermaßen angespannt, dass er glaubte, im nächsten Augenblick aus voller Lunge laut »Huh!« schreien zu müssen.
    Aber Mumm wartete noch ab … Er wartete auf den Abend.
    Die ersten Kutschen trafen schon sehr früh vor dem Opernhaus von Ankh-Morpork ein. Es würde ein denkwürdiges Ereignis werden: Angeblich wollte nicht nur der Patrizier kommen; sogar Lady Margolotta, die Herrscherin von Überwald, wollte ihn anscheinend begleiten, dazu der Botschafter der Zwerge und der Schwarzrubinene Vizekönig des Diamantenen Königs der Trolle, der mit fast ebenso vielen Höflingen, Sekretären, Leibwächtern, Küchenmeistern und Ratgebern in der Stadt eingetroffen war wie der Botschafter der Zwerge.
    Die Bevölkerung von Ankh-Morpork war auf eine sehr anspruchslose Weise sehr anspruchsvoll, und das

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