Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Steife Prise

Steife Prise

Titel: Steife Prise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
herausgefallen war, das eigentlich zartrosa war, mit winzigen gestickten Blumen und einem kleinen Flakon Parfum darauf. Trotzdem dürfte die einzige vergleichbare Waffe in der gesamten Geschichte der sanften Überzeugungskunst die Ballista sein.
    Am Nachmittag nahm Lady Sybil den Tee mit einigen ihrer Freundinnen, ausnahmslos alten Mädchen aus dem Internat für junge Damen in Quirm, und plauderte aufs Angenehmste über die Kinder anderer Leute, während die restliche Welt, befeuert von Nachrichten, die mit einer Präzision und Geschwindigkeit über das Land graupelten, wie sie kein Zauberer jemals für möglich gehalten hätte, insgeheim damit anfing, ihre Meinung zu ändern.
    Zur gleichen Zeit besuchte Mumm mit Klein-Sam den Zoo, wo er mit allen Wärtern Bekanntschaft schloss, von denen fast jeder jemanden kannte, der an Bord der Dicken Ditte gewesen war. Sie öffneten ihnen sämtliche Türen und so gut wie jeden Käfig. Der Direktor selbst kam herbeigeeilt, um sich diesen fröhlichen Sechsjährigen anzusehen, der geradezu wissenschaftlich Giraffenkaka auf einer uralten Schnupftabakwaage wog, sie mit ein paar alten Küchenmessern sezierte und seine Beobachtungen in einem Notizbuch mit einem Goblin auf dem Einband festhielt. Der Höhepunkt für Sam Mumm war jedoch die prompte Lieferung des Elefanten, auf die sich Klein-Sam schon so lange gefreut hatte – gerade als die Mumms dort eintrafen, tat Jumbo dem Jungen den Gefallen. Sams Sohn war buchstäblich im siebten Himmel. Kein Philatelist, der in einer läppischen Briefmarkensammlung aus dem Secondhandladen eine seltene seitenverkehrte blaue Dreiecksmarke findet, hätte glücklicher sein können als Klein-Sam, als er mit seinem dampfenden Eimerchen davonstapfte. Klein-Sam hatte den Elefanten gesehen.
    Sam Mumm ebenso. Der Direktor hatte ihm gesagt, dass Klein-Sam unglaublich talentiert sei und einen wunderbar unverkrampften Zugang zu den naturwissenschaftlichen Themengebieten habe, ein Kommentar, zu dem Klein-Sams Vater weise nickte und das Beste hoffte.
    Der Tag wurde mit einem Besuch auf dem Rummelplatz abgerundet, wo Mumm dem Mann einen Dollar für die Fahrt auf der Hoppladihopp-Maschine gab und Wechselgeld für einen Vierteldollar zurückbekam. Als er ihn darauf aufmerksam machte, fing der Mann zu fluchen an, holte aus und fand sich zu seiner großen Verwunderung in einem stählernen Griff wieder, in dem er durch eine jubelnde Menge abgeführt und dem nächstbesten einheimischen Polizisten übergeben wurde, der salutierte und fragte, ob Mumm ihm seinen Helm signieren würde. Das war keine große Sache, aber, wie Mumm immer sagte, hinter kleinen Dingen verbergen sich oft große Dinge. Er gewann außerdem eine Kokosnuss, ein eindeutiger Erfolg, und Klein-Sam bekam eine große Zuckerstange, in deren Mitte über die ganze Länge »Quirm« geschrieben stand und die ihm die Zähne zusammenklebte, auch das ein denkwürdiges Ereignis.
    Mitten in der Nacht sagte Mumm, der schon eine Weile dem Rauschen der Brandung zugehört hatte: »Bist du wach, Liebste?« Und dann, als er keine Antwort bekam, sagte er, weil man es in solchen Situationen immer so macht, ein wenig lauter: » Bist du wach, Liebste? «
    »Ja, Sam. Jetzt schon.«
    Mumm starrte an die Decke. »Ich frage mich, ob das alles klappt.«
    »Aber ja doch! Die Leute sind völlig begeistert davon. Sie sind fasziniert. Und ich habe an mehr Strippen gezogen, als sich an einem Elefantenkorsett befinden. Natürlich klappt es. Wie sieht’s bei dir aus?«
    An der Decke saß ein Gecko. In Ankh-Morpork gab es keine Geckos. Er musterte Mumm mit juwelenhaften Augen. Dann sagte Mumm: »Na ja, es wird mehr oder weniger ein Standardverfahren.« Er bewegte sich unruhig hin und her, und der Gecko zog sich in eine Zimmerecke zurück. »Trotzdem bin ich ein wenig besorgt. Das meiste von dem, was ich mache, geschieht in Übereinstimmung mit dem Gesetz; anderes passiert sozusagen ad hoc. «
    »Du hast dem Gesetz lediglich die Möglichkeit zum Zugriff gegeben, Sam. Der Zweck heiligt die Mittel.«
    »Ich fürchte, dass viele böse Menschen genau dieses Argument zur Rechtfertigung böser Taten benutzt haben.«
    Sybils Hand suchte unter der Decke die seine. »Das ist kein Grund dafür, dass ein guter Mensch es nicht zur Rechtfertigung einer guten Tat benutzen sollte. Du musst dir deswegen keine Gedanken machen, Sam!«
    Weibliche Logik, dachte Sam: Alles wird gut, weil es gut werden soll. Leider kommt die Wirklichkeit nie so einfach daher

Weitere Kostenlose Bücher