Steife Prise
wo die Sonne nicht hinscheint.«
Mumm ließ den Blick rasch über die anderen Gäste wandern, die bemerkenswerte Imitationen steinerner Statuen abgaben. »Hören Sie zu«, sagte er, »ich glaube nicht, dass Sie sich mit mir prügeln wollen.«
»O doch, genau das will ich! Sie haben es selbst gesagt. Irgendein Vorfahre hat das alles hier bekommen, weil er darum gekämpft hat! Wer sagt, dass man jetzt nicht mehr darum kämpfen darf?«
»Burlich und Starkimarm, wenn’s Recht ist«, antwortete eine höfliche, aber eiskalte Stimme hinter dem massigen Mann. Zu Mumms Entsetzen gehörte sie Willikins. »Ich bin nicht grausam, mein Herr, ich werde Ihnen nicht in den Unterleib schießen, aber ich sorge dafür, dass Ihnen hinterher schmerzhaft bewusst wird, wie sehr Sie Ihre Zehen bisher für selbstverständlich genommen haben. Nein, bitte machen Sie jetzt keine ruckartigen Bewegungen. Die Armbrüste von Burlich und Starkimarm sind weit und breit für ihren empfindlichen Abzug bekannt.«
Mumm fing wieder zu atmen an, als Jethro langsam die Hände hob. Irgendwo in seinem gewaltigen Zorn musste für einen Groschen Selbsterhaltungstrieb übrig geblieben sein. Trotzdem funkelte ihn der Schmied finster an und sagte: »Sie müssen sich also von einem bezahlten Mörder beschützen lassen?«
»Genauer gesagt, mein Herr«, antwortete ihm Willikins ruhig, »stehe ich in einem Angestelltenverhältnis zu Kommandeur Mumm, und zwar als Leibdiener, und diese Armbrust benötige ich, weil seine Socken sich manchmal energisch zur Wehr setzen.« Er sah Mumm an. »Irgendwelche Anweisungen, Kommandeur?« Dann rief er mit lauter Stimme: »Keine Bewegung, guter Mann! Soweit ich weiß, braucht ein Schmied bei seiner Arbeit beide Hände.« Er wandte sich wieder Mumm zu: »Entschuldigt bitte den Einwurf, Kommandeur, aber ich kenne Leute seines Schlages nur zu gut.«
»Willikins, ich glaube fast, du bist jemand seines Schlages.«
»Ganz recht, vielen Dank auch. Ich würde mir selbst keine Handbreit über den Weg trauen. Ich weiß sofort, wann ich einen Schurken vor mir habe. Immerhin besitze ich einen Spiegel.«
»Aber jetzt nimm das verdammte Ding runter, Willikins. Es könnte noch jemand zu Schaden kommen!«, sagte Mumm mit seiner offiziellen Stimme.
»Allerdings. Genau das ist meine Absicht gewesen. Wenn Euch etwas zugestoßen wäre, hätte ich Ihrer Ladyschaft nicht mehr unter die Augen treten können.«
Mumms Blick wanderte von Willikins zu Jethro. Der Kerl war eine Eiterbeule, die aufgestochen werden musste. Aber man konnte es dem Burschen nicht übelnehmen, schließlich hatte Mumm schon selbst des Öfteren mit ähnlichen Gedanken gespielt. »Willikins«, sagte er, »bitte nimm das elende Ding vorsichtig runter und hol dein Notizbuch heraus. Vielen Dank. Und jetzt schreibe bitte Folgendes auf: ›Ich, Samuel Mumm, ein wenig wider Willen Herzog von Ankh, habe die Absicht, die Sache unter Gentlemen, haha, auszutragen, und zwar mit meinem Freund Jethro …‹ Wie heißen Sie noch gleich mit vollem Namen, Jethro?«
»Äh, hören Sie mal, ich wollte nicht –«
»Ich habe Sie nach Ihrem verdammten Namen gefragt! Jiminy, wie heißt er mit Nachnamen?«
»Jefferson«, antwortete der Wirt, der seinen Knüppel wie eine Schmusedecke im Arm hielt. »Aber hört mal, Euer Gnaden, Ihr wollt doch bestimmt nicht …«
Mumm beachtete ihn überhaupt nicht und fuhr fort: »Wo war ich stehen geblieben? Ach ja: ›… mit meinem Freund Jethro Jefferson in einem freundschaftlichen Kampf um den Besitz des Gutes und seiner Ländereien, was auch immer dazu gehören mag, und zwar soll das alles an denjenigen von uns fallen, der nicht zuerst Spielstopp ruft, und sollte ich selbst es sein, der ebenjenes ausstößt, wird das keine Auswirkungen auf meinen Freund Jethro oder meinen Diener Willikins haben, der mich angefleht hat, mich diesem freundschaftlichen Faustkampf nicht auszusetzen.‹ Hast du das, Willikins? Ich gebe dir sogar eine Gehe-direkt-aus-dem-Gefängnis-Karte, die du Ihrer Ladyschaft vorzeigen kannst, falls ich etwas abbekommen sollte. Und jetzt gib schon her, damit ich es unterschreibe.«
Willikins reichte ihm widerwillig das Notizbuch. »Ich glaube nicht, dass sich Ihre Ladyschaft davon beeindrucken lässt. Herzöge ziehen nun mal nicht umher und –« Seine Stimme versagte im Angesicht von Mumms Lächeln.
»Du wolltest gerade sagen, dass Herzöge nicht umherziehen, hab ich Recht, Willikins? Und wenn du das gesagt hättest, hätte ich erwidert,
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