Steife Prise
dass das Wort ›Herzog‹ genau das bedeutet: umherziehen. Und kämpfen.«
»Na, von mir aus«, sagte Willikins, »aber vielleicht solltet Ihr ihn vorher warnen …?«
Willikins wurde von den Kneipengästen unterbrochen, die eilig nach draußen drängten und durch das ganze Dorf rannten; Jethro blieb allein und völlig verunsichert zurück. Mumm drehte sich halb zu ihm und halb zu Willikins um und sagte: »Es könnte gut sein, dass du jetzt siehst, wie ich mir eine Zigarre anzünde, Willikins, aber ich glaube, dass es sich ebenso gut herausstellen könnte, dass dir deine Augen in diesem Falle einen Streich gespielt haben, verstanden?«
»Ja, und taub bin ich obendrein, Herr Kommandeur.«
»Guter Mann. Aber jetzt sollten wir nach draußen gehen, dort steht weniger Glas im Wege, und die Sicht ist besser.«
Jethro sah aus wie ein Mann, dem man den Boden unter den Füßen weggezogen hatte, der aber nicht wusste, wie man hinfiel.
Mumm zündete seine Zigarre an und genoss einen Augenblick die verbotene Frucht. Dann hielt er dem Schmied die Packung hin, der sie jedoch wortlos abwies.
»Sehr vernünftig«, sagte Mumm. »Aber jetzt sollte ich Sie wirklich darüber aufklären, dass ich mich mindestens einmal pro Woche, auch heutzutage noch, gegen Leute zur Wehr setzen muss, die versuchen, mich mit allem Möglichen umzubringen, angefangen von Schwertern über Stühle bis, in einem Falle, zu einem sehr großen Lachs. Wahrscheinlich wollen sie mich nicht alle unbedingt umbringen, aber sie wehren sich dagegen, dass ich sie festnehme. Wissen Sie«, seine Handbewegung umfasste die gesamte Landschaft rundum, »dieses ganze … Zeug hier, das ist einfach so passiert, ob ich es wollte oder nicht. Von Hause aus bin ich nur ein einfacher Polizist.«
»Klar«, sagte Jethro und sah ihn wütend an. »Ein Bulle, der auf den Gesichtern der sich plagenden und schindenden Masse herumtrampelt!«
Mumm war an derlei Kommentare gewöhnt und reagierte milde darauf. »In letzter Zeit kann ich gar nicht mehr so gut auf ihnen herumtrampeln, weil ich sie ja alle schon so schön in den Dreck getreten habe, wie man mir nachsagt. Na schön, das war nicht besonders witzig, ich geb’s zu.« Mumm stellte fest, dass inzwischen einige Leute die Dorfstraße herunterkamen, darunter auch Frauen und Kinder. Es sah ganz danach aus, als hätten die Kneipengäste sämtliche Nachbarn aufgescheucht. »Wollen wir die Sache nach den Regeln des Marquis von Fantailler austragen?«, fragte er Jethro.
»Kenn ich nicht«, antwortete der Schmied und winkte der näherkommende Horde zu.
»Die Boxregeln des Marquis von Fantailler«, sagte Mumm.
»Wenn sie von einem Marquis verfasst wurden, will ich nichts damit zu tun haben!«
Mumm nickte. »Willikins? «
»Ich habe es vernommen, Kommandeur, und in meinem Notizbuch festgehalten: ›Fantailler abgelehnt‹.«
»Dann schlage ich vor, Herr Jefferson«, sagte Mumm, »dass wir Herrn Jiminy darum bitten, das Procedere offiziell einzuleiten.«
»Ich will, dass Ihr Lakai in seinem Buch aufschreibt, dass meine Mutter nicht aus ihrem Häuschen raus muss, ganz egal, was passiert!«
»Einverstanden«, sagte Mumm. »Willikins, bitte halte auch fest, dass Herrn Jeffersons alte Mutter nicht aus ihrem Häuschen geworfen wird, nicht mit Stöcken geschlagen wird, nicht an den Pranger kommt und auch sonst nicht misshandelt wird, verstanden?«
Willikins, dem es nicht ganz gelang, sich ein Lächeln zu verkneifen, leckte an seinem Bleistift und schrieb eifrig. Mumm verfasste weniger geräuschvoll eine geistige Notiz, die besagte: »Die Unbeherrschtheit hat von dem Burschen abgelassen. Jetzt fragte er sich, ob er tatsächlich dabei umkommen könnte. Ich habe noch keinen Schlag gelandet, noch keinen einzigen, und schon bereitet er sich auf das Schlimmste vor. Dabei sollte man sich doch vielmehr auf das Allerbeste vorbereiten.«
Die Menge schwoll von Sekunde zu Sekunde an. Mumm sah sogar ein paar Leute, die einen sehr alten Mann auf einer Matratze herbeitrugen, wobei er sie mit dem Spazierstock auf die Waden schlug und damit zu größerer Eile antrieb. Mütter, die weiter hinten standen, hielten ihre Kinder hoch, damit sie besser sehen konnten, und ohne dass sie es wussten, hatte fast jeder eine Waffe dabei. Es war wie bei einem Bauernaufstand, nur ohne den Aufstand und mit einer sehr höflichen Bauernklasse. Die Männer legten unterwürfig grüßend den Finger an die Stirn, wenn Mumm in ihre Richtung sah, die Frauen knicksten oder
Weitere Kostenlose Bücher