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Steife Prise

Steife Prise

Titel: Steife Prise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Fachkenntnis im Bereich der Schreibkunst hatte er nicht vorzuweisen, fügte aber dennoch hinzu: »Was möchten Sie denn gerne schreiben, Jane?«
    Das Mädchen machte ein verschämtes Gesicht. »Momentan arbeite ich an etwas, das man als Roman über die Verwicklungen zwischenmenschlicher Beziehungen bezeichnen könnte, also die vielen Hoffnungen und Träume und Missverständnisse.« Sie hüstelte nervös, als wollte sie sich entschuldigen.
    Mumm schürzte die Lippen. »Aha. Hört sich grundsätzlich nicht schlecht an, mein Fräulein, aber diesbezüglich kann ich Ihnen nicht weiterhelfen – aber an Ihrer Stelle, und das sage ich jetzt einfach so aus dem Stegreif, würde ich jede Menge Schlägereien und Verfolgungsjagden mit reinnehmen, und Leichen, die aus Schränken herausfallen … und vielleicht einen Krieg, sozusagen als Hintergrund?«
    Jane nickte beklommen. »Ein beachtenswerter Vorschlag, Herr Kommandeur, der durchaus für sich spricht, aber kämen dabei nicht womöglich die Beziehungen ein wenig zu kurz?«
    Mumm überlegte kurz, dann antwortete er: »Da könnten Sie Recht haben.« Und dann fiel ihm, wie aus dem Nichts – oder vielleicht aus irgendeinem tiefen Loch –, noch etwas ein, so wie es ihm schon oft passiert war, manchmal auch in Alpträumen. »Ich frage mich, ob schon mal ein Autor über die Beziehung zwischen dem Jäger und seiner Beute nachgedacht hat, zwischen dem Polizisten und dem geheimnisvollen Mörder, dem Mann des Gesetzes, der manchmal wie ein Verbrecher denken muss, um seine Arbeit zu erledigen, und vielleicht sehr unangenehm überrascht wird, wenn er erkennt, wie gut er darin ist. Aber das ist nur so eine Idee, verstehen Sie mich nicht falsch«, sagte er matt und fragte sich, wo zur Hölle das jetzt wieder hergekommen war. Vielleicht hatte es diese eigenwillige Jane aus ihm herausgeholt, und vielleicht konnte sie das Rätsel sogar aufklären.
    »Wem darf ich noch etwas Tee einschenken?«, erkundigte sich Ariadne strahlend.
    Als die Kutsche davonfuhr, war Lady Sybil sehr still, also beschloss Mumm, dass er ebenso gut gleich in den sauren Apfel beißen und die Angelegenheit hinter sich bringen könne. Sybil sah nachdenklich aus, was immer ein beunruhigendes Zeichen war.
    »Sitze ich in der Klemme, Sybil?«
    Seine Frau sah ihn ausdruckslos an, dann sagte sie: »Du meinst, weil du diesem Strauß aus zarter Mädchenblüte geraten hast, damit aufzuhören, sich nach dem Leben zu sehnen, und sich stattdessen aufzumachen und des eigenen Glückes Schmied zu werden? Um Himmels willen, nein! Du hast dich genauso benommen, wie ich es von dir erwartet hätte, Sam. So wie immer. Ich habe Ariadne schon vorher gesagt, dass du sie nicht im Stich lassen würdest. Ihr Einkommen ist sehr begrenzt, und wenn du die Mädchen nicht so energisch in den Senkel gestellt hättest, hätte sie ihre Töchter eines Tages womöglich noch mit der Schaufel aus dem Haus jagen müssen. Nein, Sam, ich frage mich nur, was in deinem Kopf so alles vorgeht, mehr nicht. Ich weiß, dass manche Leute glauben, die Polizeiarbeit sei eine Arbeit wie jede andere, aber du nicht, stimmt’s? Ich bin sehr stolz auf dich, Sam, und möchte es überhaupt nicht anders haben, aber manchmal mache ich mir wirklich Sorgen. Wie auch immer – gut gemacht! Ich bin schon sehr gespannt darauf, was die junge Jane schreiben wird.«
    Am nächsten Tag ging Mumm mit seinem Sohn angeln, was ein wenig dadurch behindert wurde, dass er überhaupt keine Ahnung vom Angeln hatte. Klein-Sam schien es nichts auszumachen. Er hatte in den Weiten des Kinderzimmers ein Krabbennetz ausfindig gemacht und beschäftigte sich damit im flachen Wasser, jagte Flusskrebse und stand manchmal lange Zeit einfach reglos da und starrte auf dieses oder jenes. Nachdem er den Schock überwunden hatte, stellte Mumm fest, dass Klein-Sam das mit viel Freude tat. Einmal machte der Junge seinen übervorsichtigen Vater sogar auf etwas im Fluss aufmerksam, »wie Insekten im Wasser mit einem Mantel aus kleinen Kieselsteinen«. Mumm musste sie sich genauer ansehen und fand heraus, dass es absolut stimmte, was ihn sogar noch mehr erstaunte als seinen Sohn. Der hatte, wie er seinem Vater auf dem Rückweg erzählte, eigentlich sehen wollen, ob Fische Kaka machten. Eine Frage, die Sam Mumm in seinem ganzen Leben noch nie beschäftigt hatte, für seinen Sohn jedoch von größter Wichtigkeit zu sein schien. Und zwar in einem solchen Maße, dass er regelrecht davon abgehalten werden musste, noch

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