Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Steife Prise

Steife Prise

Titel: Steife Prise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
sagen.«
    Feldwebel Colon schnupperte an der dicken, fetten Zigarre, der dicksten, die er jemals gesehen hatte und die so gut roch, dass sie wahrscheinlich illegal war; er spürte das Kribbeln, das Gefühl, dass er in etwas hineingetreten war, das viel größer war als vermutet, das Gefühl, dass sich etwas Gewaltiges entfalten würde, wenn man bloß irgendwo an einem kleinen Faden zog. Er rollte die Zigarre zwischen den Fingern, so wie er es bei echten Kennern gesehen hatte. Dabei war Feldwebel Colon, was Tabakwaren anging, ein Allesfresser, dessen Grundkriterium der Preis war, und die Prozedur des Zigarrerauchens war ihm als einem Mann, der sich lieber eines guten Batzens Kautabak erfreute, ohnehin eher fremd. Was hatte er da noch bei diesen feinen Pinkeln gesehen? Ach ja, man musste die Dinger zwischen den Fingern hin- und herrollen und dabei ans Ohr halten. Er hatte keine Ahnung, wozu das gut sein sollte, machte es aber trotzdem.
    Und fluchte.
    Und ließ die Zigarre auf den Boden fallen …
    Der Weg vom Galgenberg führte hinter den Bäumen nach unten, meistens zwischen Ginsterbüschen und kleineren Felsbrocken hindurch, gelegentlich über einen Streifen unfruchtbaren Bodens, aus dem sämtliche Substanz ausgewaschen war. Es war ein unkultiviertes, karges Land, die Heimat dürrer Kaninchen, verzweifelter Mäuse ohne Hoffnung, vereinzelter verschreckter Ratten – und die Wohnstätte der Goblins.
    Dort, zwischen den Büschen, befand sich der Eingang zu einer Höhle. Ein Mensch musste sich tief bücken, wenn er sich in dieses übelriechende Loch zwängen wollte, und er würde dabei ein leichtes Ziel abgeben. Doch als Mumm jetzt davor in die Knie ging und sich hineinschob, wusste er, dass ihm nichts geschehen würde. Er wusste es einfach. Er hatte es schon draußen im Tageslicht vermutet, und weiter unten im Dunkeln wusste er es. Das Wissen wurde fast greifbar, als ihn die Flügel der Dunkelheit umhüllten und er die Geräusche der Höhle hörte, jeden einzelnen Laut.
    Mit einem Mal kannte er die Höhle, bis hinunter zu der Stelle, an der man Wasser finden konnte, er kannte die Pilzgärten, die erbärmlich leeren Vorratskammern, die Küche. Natürlich waren das menschliche Begriffe. Goblins aßen normalerweise überall dort, wo es etwas zu essen gab, und schliefen dort, wo sie vom Schlaf übermannt wurden; sie hatten keine richtige Vorstellung von einem Zimmer mit einem bestimmten Zweck. Das alles wusste er jetzt, als hätte er es schon sein ganzes Leben gewusst, dabei war er noch nie an einem Ort gewesen, den ein Goblin als sein Zuhause bezeichnet hätte.
    Aber jetzt befand er sich im Dunkeln, und Mumm und die Dunkelheit hatten … eine Art Pakt geschlossen. Zumindest dachte das die Dunkelheit. Mumm dachte eher unprosaisch: Verdammt, jetzt geht das schon wieder los!
    Jemand stupste ihn ins Kreuz, und er hörte Volker erschrocken keuchen. Mumm wandte sich an einen grinsenden Goblin und sagte: »Wenn du das noch einmal machst, Sonnenscheinchen, kriegst du eine gewaffelt, verstanden?« Genau das sagte er, und genau das hörte er sich sagen … Nur dass etwas, nicht direkt eine andere Stimme, sich an seinen Worten entlangringelte wie eine Schlange um einen Baum, und beide Wachen ließen die Waffen fallen und flitzten zurück ins Tageslicht. Es geschah einfach so, ohne dass sie aufgeschrien oder etwas gerufen hätten. Als wollten sie sich ihre Luft fürs Rennen aufsparen.
    »Alle Wetter, Kommandeur Mumm! Das war ja die reinste Magie!«, sagte Volker und bückte sich, um die fallengelassenen Äxte aufzuheben. Mumm starrte in die kompakte Dunkelheit und sah, wie die Hände des Jungen über den Boden tasteten und die Waffen nur durch schieres Glück fanden.
    »Lass sie fallen! Ich sagte fallen lassen! Sofort!«
    »Aber wir sind unbewaffnet!«
    »Keine Widerrede, Junge!« Die Äxte plumpsten wieder auf den Boden.
    Mumm atmete auf. »So, wir machen jetzt gleich die Bekanntschaft dieses netten Obergoblins. Wir treten ohne Furcht vor ihn, weil wir Polizisten sind, verstanden? Polizisten dürfen überall hin, wenn sie im Namen des Gesetzes ermitteln.«
    Sie gingen weiter, und die Decke wurde höher, bis Mumm schließlich völlig aufrecht stehen konnte. Volker hingegen hatte Schwierigkeiten. Hinter Mumm ertönte ein Choral aus dumpfen Schlägen, eigenartigem Scharren und Worten, die nette alte Mütterchen nicht kennen und besser gar nicht erst zu Ohren bekommen sollten. Mumm musste stehen bleiben und warten, bis der Junge ihn

Weitere Kostenlose Bücher