Steife Prise
Kaninchen halten könnte, und so wie sie aussehen, tun sie das auch. Offenbar warten sie auf etwas.«
Volker ließ sich mit seiner Antwort ein paar Sekunden Zeit: »Es war wirklich sehr lehrreich, mit Euch zu arbeiten, Herr Kommandeur.«
»Hör mal«, sagte Mumm, »falls ich plötzlich die Flucht ergreifen muss, bleib immer dicht bei mir, ja? Davonlaufen gehört auch zu den Fähigkeiten, auf die ein Polizist manchmal zurückgreifen muss.«
Er wandte sich an die Menge der immer noch reglos dastehenden Goblins und sagte: »Ich bin Kommandeur Mumm von der Stadtwache Ankh-Morpork! Wie kann ich euch helfen?«
»Reschtisch-Keit!« Der Schrei ließ irgendetwas von der Decke bröckeln. Er hallte in der Höhle wider und kam von irgendwo als Echo zurück, als eine Höhle nach der anderen ihn aufnahm, umdrehte und wieder zurückwarf. Dann wurden mehrere Fackeln angezündet, und es wurde etwas heller. Mumm brauchte einen Moment, um sich dessen bewusst zu werden, weil das Licht, das er gesehen hatte – dieses merkwürdige künstliche Licht, das wahrscheinlich in seinem Kopf leuchtete –, heller gewesen war und sich nur schwer mit dem verqualmten Orange vermischte, das sich jetzt in der Höhle ausbreitete.
»Sieht doch ganz so aus, Kommandeur, als freuten sie sich, uns zu sehen – oder nicht?«
Volkers Glaube und seine Hoffnung hätte man in Flaschen abfüllen und an die Verzweifelten anderswo verkaufen sollen. Mumm nickte bloß, weil sich die Reihen teilten und eine Art Pfad bildeten, an dessen Ende etwas lag, bei dem es sich zweifellos um einen Leichnam handelte. Es war eine gelinde Erleichterung, dass es sich um eine Goblinleiche handelte, aber eine Leiche ist nie eine gute Nachricht, besonders dann nicht, wenn man sie in schmuddeligem, trübem Licht erblickte, und schon gar nicht für die Leiche selbst. Trotzdem jubelte etwas in ihm und rief Halleluja !, denn dort lag eine Leiche, und er war ein Bulle, und das hier war ein Verbrechen, und ringsum standen jede Menge verdächtig aussehende Goblins, und, ja, hier hatte ein Verbrechen stattgefunden. Seine Welt. Ja, das hier war seine Welt.
Im kriminaltechnischen Labor der Stadtwache von Ankh-Morpork brühte Igor, begleitet von fernem Grollen, seltsamen Lichtblitzen und dem Geruch von Elektrizität, Kaffee auf. Als er schließlich einen großen roten Hebel umlegte, ergoss sich eine schäumende braune Flüssigkeit gurgelnd in eine Kanne, aus der sofort zwei Becher gefüllt wurden. Einer trug die Aufschrift »Igorf flicken dich fufammen«, den anderen zierte der Spruch »Zwerge tun’s ein bisschen weiter unten«. Letzteren reichte Igor Feldwebelin Grinsi Kleinpo, deren frühere Erfahrungen als Alchimistin der Grund waren, dass sie manchmal Dienst im Labor schob. Die Gemütlichkeit des vormittäglichen Kaffeegenusses war in dem Augenblick dahin, als Nobby Nobbs mit Feldwebel Colon im Schlepptau hereinkam. »Der Feldwebel hat einen kleinen Schock erlitten, Igor. Vielleicht kannst du ihm helfen.«
Igor war sofort dazu bereit: »Hm, ich könnte ihm gleich noch einen verpassen.« Fred Colon ließ sich auf einen Stuhl sinken, der unter seinem Gewicht verdächtig knarrte. Der Stuhl war mit Gurten und Riemen ausgestattet.
»Hör mal«, sagte Nobby, »ich erzähl hier keinen Scheiß! Du hast doch schon mal von der Werbekampagne gehört: Dieser Tabak zählt! Unser Fred hat gerade eine Zigarre gehabt, die ihm was er zählt hat. Ich habe sie hier in diese Plastiktüte gesteckt, ganz nach Vorschrift.«
Grinsi nahm den Beutel entgegen und spähte hinein. »Da sind belegte Brote mit Ei drin! Ehrlich, Nobby, hat dir noch niemand erklärt, was forensisch bedeutet?« Da sie annahm, dass sie ohnehin nichts mehr versauen konnte, leerte Grinsi die Brote auf den Tisch, wo sich auch eine mit Mayonnaise verschmierte Zigarre zu ihnen gesellte. Sie wischte die Mayonnaise vorsichtig ab und musterte die Zigarre aufmerksam. »Wie jetzt, Nobby? Ich rauche nicht und verstehe auch nicht viel von Zigarren, aber diese hier kommt mir momentan ziemlich glücklich und zufrieden vor.«
»Halt sie mal ans Ohr«, erwiderte Nobby hilfsbereit.
Grinsi tat wie geheißen und sagte: »Ich höre bloß das Knistern des Tabaks, der vermutlich ordnungsgemäß gelagert und verarbeitet wurde.«
Die Zwergin hielt die Zigarre ein Stück von ihrem Gesicht weg und musterte sie misstrauisch, dann reichte sie sie wortlos an Igor weiter, der sie sich ebenfalls ans Ohr hielt, zumindest an das, das er momentan in Gebrauch
Weitere Kostenlose Bücher