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Steife Prise

Steife Prise

Titel: Steife Prise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Regen-auf-hartem-Boden, der, wie man annehmen musste, weil nichts Gegenteiliges geäußert worden war, entweder ein Häuptling war (so wie Mumm es verstehen würde) oder einfach nur ein Goblin, der die Aufgabe übernommen hatte, sich mit dummen Menschen zu unterhalten, sagte: »Suchst du den Schmied? Er besucht uns manchmal. Hier unten gibt es Eisen, nicht viel, aber er kann es gut gebrauchen. Natürlich ist es nutzlos für Töpfe, und wir tauschen es gegen Essen. Aber ich habe ihn schon seit Tagen nicht mehr gesehen. Du darfst dich nach ihm umsehen, niemand hindert dich daran. Die Dunkelheit ist in dir. Ich würde es nicht wagen, mich dir in den Weg zu stellen, Herr Poh-lie-zischt. Viel haben wir hier nicht, aber fühl dich wie zu Hause.«
    Mit diesen Worten winkte der alte Goblin einige jüngere Goblins heran, damit sie das, was von seiner Frau übrig war, aufhoben. Dann schlurfte er auf den Eingang einer anderen Höhle zu.
    »Habt Ihr schon viele Leichen gesehen, Herr Kommandeur?«, fragte Volker mit einer Stimme, die es fast schaffte, nicht zu zittern.
    »Allerdings, mein Junge, und bei einigen habe ich sogar mitgeholfen, sie in diesen Zustand zu versetzen.«
    »Ihr habt Leute umgebracht?«
    Mumm richtete den Blick zur Decke, damit er Volker nicht ansehen musste. »Ich sehe es eher so, dass ich mich immer bemüht habe, es zu vermeiden«, antwortete er. »Im Großen und Ganzen ist mir das auch ganz gut gelungen, aber früher oder später läuft dir immer jemand über den Weg, der fest entschlossen ist, dir das Lebenslicht auszublasen, und dann bist du gezwungen, ihn fertigzumachen, weil er einfach zu dumm ist, um sich zu ergeben. Besser kriegt man es nicht hin, und ich habe noch nie eine gut aussehende Leiche gesehen.«
    Die Begräbnisgruppe war jetzt in einer anderen Höhle verschwunden. Die beiden Polizisten blieben allein zurück, spürten jedoch, dass ringsum andere Wesen ihren Geschäften nachgingen.
    Der alte Goblin hatte wie beiläufig erwähnt, dass es sich bei der Toten um seine Frau handelte. Er war dabei nicht mal laut geworden! Mumm hätte nicht so ruhig dastehen können, wenn Sybils Leiche vor ihm gelegen hätte, und auf gar keinen Fall wäre er irgendeinem Goblin gegenüber so höflich gewesen. Wie kann man nur so werden? Wie kann einen das Leben dermaßen niederknüppeln?
    Die Straße verließ einen nie, genau wie Willikins gesagt hatte. Mumm erinnerte sich an die Scheuerfrauen. Die Unbesonnenheitsstraße wurde so oft gescheuert, dass man sich wundern musste, dass sie nicht schon ein Stück tiefer lag als der Boden ringsum. Die Türschwelle wurde geschrubbt und dann geweißt; die roten Fliesen auf dem Boden drinnen wurden gescheuert und dann mit Bleirot aufgefrischt; und der schwarze Backofen wurde sogar noch schwärzer geschrubbt, indem sie ihn wie wild mit Reißblei abrieben. Die Frauen in jenen Tagen hatten Ellbogen, die sich wie Kolben bewegten. Und es ging allein ums Überleben, und beim Überleben ging es nur um den Stolz. Man hatte nicht viel Kontrolle über das eigene Leben, aber man konnte es verflixt nochmal sauber halten und der Welt zeigen, dass man zwar arm, aber anständig war. Das war die große Angst: die Angst, hinter den eigenen Anspruch zurückzufallen, dass man am Ende nicht besser dastand als all jene, die in dem elenden Durcheinander des Stadtviertels namens »Schatten« aufwuchsen, kämpften und sich durchs Dasein gaunerten.
    Die Goblins hatten allem Anschein nach aufgegeben. Sie machten einfach im alten Trott weiter, während die Welt sie sanft, aber bestimmt verstoßen hatte; sie ließen sich gehen, fanden sich mit ihrem Schicksal ab … Aber Mord blieb Mord, ganz egal in wessen Zuständigkeitsbereich. Mumm knotete seine Gedanken unter dem Kinn zusammen, schnappte sich ein paar schwelende Fackeln und sagte: »Auf geht’s, Hauptwachtmeister. Dann wollen wir das Verbrechen mal bekämpfen.«
    »Jawohl«, erwiderte Volker. »Darf ich Euch noch was fragen?«
    »Klar doch«, antwortete Mumm und ging schon auf einen Tunnel zu, dessen Boden sich deutlich nach unten neigte.
    »Was geht hier eigentlich vor, wenn ich fragen darf? Ich weiß, dass ein Mord geschehen ist und dass womöglich irgendein Schurke wollte, dass ich Euch für den Täter halte, aber wie kommt es, dass Ihr dieses heidnische Kauderwelsch versteht? Ich habe gehört, dass Ihr etwas zu ihnen gesagt habt, und die müssen Euch verstanden haben, denn sie haben Euch geantwortet, aber es hört sich alles an, als würde

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