Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Steife Prise

Steife Prise

Titel: Steife Prise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
gelockt und vielleicht gefangen genommen wurde.« Außerdem, dachte er, fehlt eine Klaue.
    Irgendwann verwandelt sich jede Leiche in ein Rätsel, das es zu enträtseln gilt, sagte sich Mumm, als er niederkniete, aber meistens zu spät, und man hat auch nie genug Zeit. Laut sagte er: »Sieh dir die Wunden an diesem Bein an, mein Junge. Sieht aus, als wäre sie in eine Kaninchenfalle getreten, vielleicht weil sie vor … jemandem weggerannt ist.«
    Mumm stand so rasch wieder auf, dass die interessiert zuschauenden Goblins zurückwichen. »Meine Güte, Junge, so etwas sollte man nicht tun, nicht einmal auf dem Land! Gibt es nicht so etwas wie einen Kodex? Man tötet die Männchen, aber nicht die Weibchen, so ist es doch, oder? Und das hier ist nicht einfach so im Eifer des Gefechts passiert! Da wollte jemand sehr viel Blut aus dieser Frau herausholen! Und jetzt sag du mir, warum!«
    Mumm war sich nicht sicher, was Volker geantwortet hätte, wenn sie nicht von finster dreinblickenden Goblins umringt gewesen wären, und das war auch gut so.
    »Wir haben es mit einem Mord zu tun, dem schlimmsten Verbrechen überhaupt! Und weißt du auch, weshalb er verübt wurde? Ich würde so ziemlich alles wetten, dass es hier allein darum ging, dass Wachtmeister Aufstrich, der den ihm zugespielten Informationen entsprechend handelte, literweise Blut im Totenhain findet. Genau dort, wo Kommandeur Mumm sich, wie alle wussten, mit einem lästigen Schmied treffen wollte. Und nachdem beide Männer von hitzigem Gemüt sind, wird sich dort offensichtlich ein Gewaltverbrechen abgespielt haben. Stimmt’s, oder hab ich Recht?«
    »Es wäre eine konsequente Schlussfolgerung, Herr Kommandeur, das müsst Ihr zugeben.«
    »Selbstverständlich, aber jetzt ist es eine absolut hirnrissige Schlussfolgerung, und das musst du zugeben!«
    »Jawohl, das stimmt, und ich entschuldige mich dafür. Trotzdem würde ich den Tatort gerne nach einem Hinweis auf Herrn Jefferson absuchen.« Volker machte ein halb beschämtes, halb trotziges Gesicht.
    »Und warum, wenn ich fragen darf?«
    Volker reckte das Kinn vor. »Weil ich mich schon einmal wie ein ausgemachter Idiot aufgeführt habe, und das möchte ich nicht wiederholen. Abgesehen davon könntet Ihr auch falschliegen. Diese arme Frau könnte ja auch an den Schmied geraten sein, wer weiß. Wenn ich mich unter den gegebenen Umständen nicht genauer umsehe, will später garantiert jemand Wichtiges wissen, warum ich es nicht getan habe. Und dieser Jemand dürftet Ihr sein, Herr Kommandeur.«
    »Gute Antwort, junger Mann! Und ich muss zugeben, dass ich mich schon öfter wie ein ausgemachter Idiot verhalten habe, als mir lieb ist, weshalb ich dir das gut nachfühlen kann.«
    Mumm richtete den Blick noch einmal auf den Leichnam. Mit einem Mal hielt er es für sehr wichtig herauszufinden, was Willikins mit der Klaue samt Ring gemacht hatte, die sie in der Nacht zuvor gefunden hatten. Verlegen sagte er zu den versammelten Goblins: »Ich glaube, ich habe ein Schmuckstück gefunden, das dieser jungen Frau gehörte. Selbstverständlich gebe ich es euch zurück.«
    Der teilnahmslosen Horde war nicht einmal ein Zeichen der Anerkennung anzumerken. Mumm musste diesen Gedanken noch einmal überdenken. Horden fallen irgendwo ein und töten und rauben. Diese Truppe hier sah eher aus wie ein sehr bekümmertes Häuflein. Er ging auf einen grauhaarigen alten Goblin zu, der vielleicht vor tausend Jahren das letzte Mal an der Oberfläche gewesen sein mochte, und sagte: »Ich möchte mich hier gerne näher umsehen. Der Tod dieser Frau tut mir sehr leid. Ich werde ihre Mörder der Gerechtigkeit übergeben.«
    »Reschtisch-Keit!« Wieder hallten die Silben durch die Höhle. Der alte Goblin trat vorsichtig vor und zupfte Mumm am Ärmel. »Die Dunkelheit ist dein Freund, Herr Poh-lie-zischt. Ich höre dich, du hörst mich. In der Dunkelheit darfst du hingehen, wohin du hingehen willst. Herr Poh-lie-zischt, bitte bring uns nicht um.«
    Mumm blickte an dem Goblin vorbei auf die Reihen hinter ihm, die meisten davon so mager wie Gartenrechen, und dieser, nun ja, Häuptling vielleicht, der aussah, als wollte er vor ihm im Stehen zerbröseln, wollte nicht, dass Mumm ihm etwas antat? Er musste an die verstreuten Blumen denken. Den verwaisten Zitronenmelisse-Tee. Das stehen gelassene Essen. Hatten die Goblins sich etwa vor ihm verstecken wollen? Er nickte und sagte: »Ich greife nie jemanden an, der mich nicht angreift, und so will ich es auch

Weitere Kostenlose Bücher