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Steilufer

Steilufer

Titel: Steilufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Danz
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Ausschnitt mit bunten Ornamenten und Spiegeln bestickt war und ihre Beine steckten in einer farblich passenden Hose, die aus einem fließenden, leichten Stoff zu sein schien. Um den Hals lagen mehrere Silberketten, zum Teil mit türkis schimmernden Steinen dazwischen – die ganze Erscheinung strahlte eine exotische Eleganz aus.
    »Nabend! Wir wollten Herrn Dr. Burmester sprechen, aber es scheint niemand zu Hause zu sein.«
    Jansen war schon wieder auf dem Weg zum Ausgang.
    »Worum geht es denn? Ich bin Ille Burmester. Vielleicht kann ich Ihnen ja weiterhelfen?«
    Ihr Begleiter, ein junger Mann Anfang 20, mit langem, schwarzem Haar, das er zum Zopf gebunden trug, hatte inzwischen den Rollstuhl durch die Pforte geschoben. Angermüller und Jansen stellten sich vor.
    »Wir hätten da ein paar Fragen an Dr. Burmester im Zusammenhang mit der Lübschen Seglervereinigung.« Angermüller versuchte, es so allgemein wie möglich zu formulieren.
    »Hat jemand von seinen Seglern was verbrochen?«, fragte Frau Burmester amüsiert. Angermüller rätselte, wie alt sie wohl sein mochte, als er sie jetzt aus der Nähe sah. Die Falten um ihre blauen Augen waren unübersehbar, aber der Blick war wach und aufmerksam und ihre Stimme klang jung und kräftig.
    »Nein, nein, so weit geht es nicht.«
    »Dann bin ich ja beruhigt!«, sagte sie spöttisch. »Freitag-
    nachmittag trifft sich mein Gatte, soweit ich weiß, oft mit Freunden in der Lübschen. Aber bevor er zum Abendessen ausgeht, kommt er gewöhnlich hier noch einmal vorbei.« Eine ganze Kollektion dünner Silberreifen klingelte leise an ihrem Arm, als sie ihn hob, um einen Blick auf ihre zierliche Armbanduhr zu werfen.
    »Wahrscheinlich wird er bald kommen. Lassen Sie uns doch auf die Terrasse gehen. Im Sitzen wartet es sich bestimmt bequemer. Na ja, ich sitze ja sowieso schon bequem, nicht wahr, Oker?«
    Die letzte Bemerkung der Frau klang überhaupt nicht bitter und der mit Oker angesprochene junge Mann hinter ihrem Rollstuhl schüttelte lachend den Kopf. Angermüller und Jansen waren einverstanden und so begab man sich auf die Terrasse, die auf der Hausrückseite in Höhe des Hochparterres lag, aber über eine Schräge gut mit dem Rollstuhl zu erreichen war. Oker musste den Sonnenschirm kippen, um Schatten in der tief stehenden Abendsonne zu schaffen und wurde dann ins Haus geschickt, um Getränke zu holen.
    »Sie haben es sehr schön hier!«
    Angermüller schaute sich anerkennend um. Auf dieser Seite des Hauses war der Garten etwas natürlicher, wilder. Phlox und Lupinen wucherten in allen Schattierungen von Rosa und Violett, dazwischen leuchteten gelbe und weiße Margeriten, vereinzelt Lilien in flammendem Orange. Die Blumen und dichte, mannshohe Büsche waren auf einer weitläufigen Rasenfläche verteilt und hie und da, wie zufällig hingestellt, fanden sich ein paar interessante Skulpturen, teils sehr futuristische Formen aus Metall, teils afrikanisch anmutende, aus verwittertem Holz.
    »Danke schön! Mein Großvater, Johann Hinrich Burmester, hat dieses Haus gebaut und den Garten angelegt. Die Kunst habe ich angeschafft, denn die hätte ihm auch nicht gefallen.«
    Sie lachte. »Ich habe hier mein ganzes Leben verbracht und könnte mir überhaupt nicht vorstellen, woanders zu leben.«
    »Ach, Burmester ist Ihr Geburtsname?«
    »Oh ja! Dieses Schild am Gartentor hängt dort seit 1901. Die Burmesters sind eine alte Kaufmannsfamilie, sehr erfolgreich im Import-Export. Bis zum Ausbruch meiner Krankheit habe ich die Firma selbst geleitet. Erich ist kein geborener Burmester.«
    Angermüller meinte, hinter diesem letzten Satz eine Änderung in ihrem bislang wohlwollend-heiteren Tonfall verspürt zu haben, doch ihr Gesichtsausdruck blieb unverändert freundlich.
    »Und wer führt Ihre Firma jetzt?«
    »Es gibt die Firma Burmester nicht mehr. Ich habe sie verkauft und sie ist in einem anderen Unternehmen aufgegangen.«
    »Und, tut Ihnen das leid?«
    »Wissen Sie, ich bin Realistin – oder besser: Ich bin Realistin geworden, Herr Kommissar. Das ist jetzt 30 Jahre her. Seither bin ich bei den kleinsten Dingen des alltäglichen Lebens auf fremde Hilfe angewiesen. Es war besser so. Ich bin die letzte Burmester. Kinder waren mir nicht vergönnt. An materiellen Werten habe ich mehr, als ich in diesem Leben je brauchen werde. Für wen hätte ich die Firma erhalten sollen?«
    »Was ist mit Ihrem Mann, hätte der nicht einsteigen können?«
    »Mein Mann?« Sie sah Angermüller mit einem

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