Steilufer
Lübschen Seglervereinigung, die wir gerne allein mit Ihnen geklärt hätten.«
Die Erklärung war Angermüller unangenehm, doch so waren die Vorschriften für eine Zeugenvernehmung.
»Ich habe keine Geheimnisse vor meiner Frau.«
Ille Burmester schüttelte unwillig den Kopf und sah ihren Mann befremdet an.
»Erich, bitte lass doch dieses Schmierentheater. Ich helfe Oker ein bisschen in der Küche. Könnten Sie so freundlich sein?«, wandte sie sich an Jansen, der aufstand und sie in ihrem Rollstuhl in die Küche fuhr.
Burmester war nicht anzumerken, ob ihm die ablehnende Behandlung durch seine Frau vor den beiden Beamten in irgendeiner Weise peinlich war.
»Na, Herr Kommissar, Sie freuen sich bestimmt auch auf Ihren Feierabend?«, fragte er Angermüller in leichtem Plauderton. Der räusperte sich nur umständlich, denn nach Small Talk mit diesem Mann stand ihm ganz und gar nicht der Sinn. Mit Jansen kehrte auch die dienstliche Atmosphäre an den Tisch zurück und Angermüller konnte endlich zum Thema kommen.
»Herr Dr. Burmester, Sie sind ja im Vorstand der Lübschen Seglervereinigung. Haben Sie da eine spezielle Funktion?«
»Ich bin zweiter Vorsitzender, ohne besondere Aufgaben. In den 40 Jahren meiner Mitgliedschaft habe ich jedes Vorstandsamt schon mal ausgeübt: Kassenwart, Schriftführer, Sportwart, auch lange Jahre erster Vorsitzender. Aber vor ein paar Jahren hab ich gesagt, nu is man gut, Kinners, lasst man die junge Generation ran, ich will man büschen kürzertreten. Doch zum Vize hab ich mich denn doch wieder überreden lassen.«
In gespielter Hilflosigkeit streckte Burmester die Arme von sich und hob die Schultern.
»Was soll man machen?« Er gab sich sehr selbstgefällig.
»Sie haben wohl ein Herz für die jungen Leute?«
»Natürlich! Die sind doch die Zukunft unseres Vaterlandes, oder nicht?«
»Kennen Sie einen Maik Priewe?«, fragte Angermüller knapp und zum ersten Mal war Burmester offensichtlich irritiert.
»Ähem. Wie war der Name?«
»Priewe, Maik. Paula, Richard, Ida, Emil.«
»Also, leider sagt mir das nichts.« Burmester blickte ratlos von einem zum anderen.
»Der Herr Priewe hat uns erzählt, dass er schon öfters für Sie gearbeitet hat. Ordnerdienste, Zeitungen austragen.«
»Ach so!« Dr. Burmester lächelte nachsichtig. »Das meinen Sie! Das ist der zweite Verein, in dessen Vorstand ich sitze, und der tut was für die jungen Menschen im Gegensatz zu unseren Politikern, die immer nur schöne Reden schwingen! Aber natürlich kenne ich nicht jeden Einzelnen, dem wir da auf den rechten Weg helfen.«
»Auf den rechten Weg. Schön haben Sie das gesagt und so zutreffend bei einem vorbestraften, gewalttätigen Neonazi wie Maik Priewe.« Angermüller spürte Ärger in sich aufsteigen angesichts der grenzenlosen Selbstsicherheit des alten Herrn, was Jansen nicht verborgen blieb. Er deutete dem Hauptkommissar mit einer unauffälligen Bewegung an, dass er einen Gang zurückschalten sollte.
»Neonazi! Was für ein hässliches Wort! Eine gesunde nationale Einstellung bei unserer Jugend ist doch höchst wünschenswert und überlebenswichtig! Von den roten Lehrern wird heutzutage doch nur Geschichtsfälschung betrieben! Wir verhelfen den jungen Leuten zu einem korrekten Geschichtsbild, damit sie wieder stolz auf ihre Heimat sein können.«
Jansen, der nicht in Burmesters Blickwinkel saß, schüttelte den Kopf und tippte leicht mit dem Zeigefinger an seine Stirn, um seinem Kollegen klar zu machen, dass hier sowieso nichts mehr zu machen sei.
»Sollen sich denn unsere jungen Menschen überrollen lassen von den Einwandererhorden, die unsere unfähige Regierung sogar noch ins Land holen will? Einwanderungsland! Wo soll das hinführen? Wir brauchen nicht das Lumpenproletariat dieser Welt, das sich noch dazu ungezügelt vermehrt!«
Burmester sah von einem zum anderen, als erwarte er Beifall für seine Argumentation. »Ist das nicht so?«
»Soweit mir bekannt ist, geht es dabei um gesteuerte Einwanderung, aber…«
Angermüller kam nicht weit mit seinem Widerspruch, Burmester hatte sich warm gelaufen.
»Herr Hauptkommissar!«, er legte Angermüller die Hand auf den Oberarm und es klang, als spräche der alte Herr mit einem uneinsichtigen Kind. »Das Einzige, was in diesem Lande gesteuert ist, sind unsere Massenmedien und Sie sind das Opfer! Sie sollen glauben gemacht werden, dass wir Einwanderung brauchen! Ist Ihnen noch nicht aufgefallen, wie gleichförmig die alle berichten? In
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