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Stein und Flöte

Stein und Flöte

Titel: Stein und Flöte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Bemmann
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bleibt.«
    Lauscher wartete Barlos zustimmendes Nicken ab und sagte dann: »Wir nehmen eure Einladung gern an. Daß bei euch gespielt und gesungen wird, haben wir schon gemerkt. Mein Herr ist begierig darauf, neue Lieder kennenzulernen. Er heißt Barlo, und ich bin sein Diener Lauscher.«
    »Mein Name ist Walosch«, sagte der bärtige Fischer, »und ihr sollt Gäste in meinem Hause sein, so lange ihr wollt. Das Mädchen, das euch das Lied von Schön Agla vorgesungen hat, ist meine Enkelin Marla. Aber jetzt müssen wir erst einmal die Fische an Land bringen.«
    Lauscher und Barlo halfen den Fischern, die Netze, in denen die gefangenen Fische zappelten, aus den Kähnen zu heben. Auf dem Steg wurde der Fang gleich sortiert. Was zu klein war, warfen die Männer zurück ins Wasser, die brauchbaren Fische, Schleien, Äschen und Karpfen, wurden durch einen Schlag mit dem Messerrücken auf den Kopf getötet, ausgenommen und in Körbe gelegt, die ein paar Jungen inzwischen geholt hatten. Dann nahmen je zwei Männer einen Korb und gingen zum Dorf. Nur Walosch blieb zurück und forderte seine Gäste auf, ihm zu seinem Haus zu folgen. »Lauf voraus«, sagte er zu Marla, die mit den anderen Kindern noch am Seeufer stand, »und sag deiner Großmutter, daß wir Besuch haben!«
    Barlo und Lauscher nahmen ihre Reittiere beim Zügel und gingen mit Walosch zwischen niedrigen, weiß gekalkten Fischerhütten die Straße entlang bis zu Waloschs Haus, das am Ende des Dorfes stand. In der Tür erwartete sie eine hochgewachsene grauhaarige Frau mit schmalem, faltigem Gesicht. Ihre dunkelbraunen Augen wirkten jung und sahen fröhlich aus, als ob sie oft und gern lache. Sie begrüßte die Gäste und bat sie, ins Haus zu kommen. Walosch nahm ihnen die Tiere ab und führte sie zu einem niedrigen Stall neben dem Haus. »Ich weiß nicht nur mit Fischen Bescheid, sondern auch mit Pferden«, sagte er. »Mein Sohn wird sich gleich um eure Tiere kümmern, wenn er unsere Pferde füttert.«
    Barlo und Lauscher traten in eine geräumige Stube, die mit Binsenteppichen ausgelegt war. An der Innenwand war eine Feuerstelle, an der eine jüngere Frau, vielleicht Marlas Mutter, damit beschäftigt war, zwei dicke Karpfen aus dem Fang auf einem Rost zu braten. Lauscher roch den Duft der Fische und bekam Hunger.
    Er brauchte nicht mehr lange zu warten, denn Walosch kam schon vom Stall zurück und bot seinen Gästen Plätze am Tisch an, und auch die anderen Familienmitglieder kamen und setzten sich, außer den beiden Alten noch ein junger Mann, der Waloschs Frau so ähnlich sah, daß man ihn sofort als ihren Sohn erkannte, und dann noch Marla und zwei kleinere Jungen. Die Mutter der Kinder, die das Essen zubereitet hatte, legte den Gästen auf frisch gebackenen Fladenbroten die Rückenstücke vor. Als einzige Würze diente grobkörniges Salz, das in einer Holzschale auf dem Tisch stand.
    Nach dem Essen brachte Walosch einen Krug mit rötlichgelbem Birnenmost, den er in gedrechselte Holzbecher ausschenkte. »Hoffentlich ist er euch nicht zu herb«, sagte er. »Ihr habt auf eurer Reise sicher schon besseres getrunken.« Doch Barlo und Lauscher fanden, daß dies genau das richtige Getränk nach dem gebratenen Fisch sei, und ließen sich gleich noch einmal eingießen.
    »Du hast schön gespielt, Barlo, als wir draußen auf dem See waren«, sagte Walosch. Barlo dankte ihm lächelnd für das Lob, holte seine Flöte heraus und spielte das Lied von Schön Agla, das ihnen Marla vorgesungen hatte. Die ersten drei Strophen flötete er langsam und traurig, bei den drei letzten jedoch veränderte er einzelne Töne der Melodie, so daß sie wie ein lustiger Tanz klangen.
    »Du lernst schnell«, sagte Walosch, als Barlo zu Ende gespielt hatte. »Dieses Lied wird bei uns viel gesungen.«
    »Wir haben von Marla gehört, daß es eine Geschichte zu dem Lied gibt«, sagte Lauscher. »Aber sie konnte sie nicht erzählen. Kennst du sie?«
    »Ich kenne sie schon«, sagte Walosch, »aber ich bin kein guter Geschichtenerzähler. Das kann mein Sohn besser. Ihr müßt wissen, daß er über seine Mutter von dieser Agla abstammen soll. Es heißt, daß auch sie schon diese lustigen Augen gehabt hat. Willst du sie ihnen erzählen, Lagosch?«
    Lagosch schaute die Gäste mit seinen braunen, lustigen Augen an, trank noch einen Schluck und begann dann mit der

Geschichte von Schön Agla und dem Grünen
    Schon vor langer Zeit wohnten unsere Leute hier am See. In diesen Tagen lebte ein junger Fischer

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