Steinbrück - Die Biografie
Düsseldorf – irgendwo entlang des Rheins gibt es mit Sicherheit ein prächtiges Feuerwerk. Peer Steinbrück ist zwar kein Freund solcher Volksbelustigungen, doch bei seinem ersten Jahreswechsel als Regierungschef hätte er sich schon mit einem Glas Sekt unter die Bürger gemischt. Das gehört dazu, wenn man nicht nur oberster Politikmanager, sondern auch Landesvater sein will.
Allerdings steht in Steinbrücks Kalender am 31. Dezember 2002 ein Termin, der jede Silvesterparty in heimischen Gefilden unmöglich macht: Thyssen-Krupp, Siemens und der Oberbürgermeister von Schanghai haben deutsche und chinesische Spitzenpolitiker eingeladen, an der Einweihung des neuen Transrapid teilzunehmen, der das Zentrum der Millionenmetropole mit dem weit außerhalb gelegenen Flughafen verbindet. Und so kommt es, dass am letzten Tag des Jahres 2002 Siemens-Chef Heinrich von Pierer und Thyssen-Krupp-Vorstandsvorsitzender Ekkehard Schulz gleich vier prominente SPD-Politiker in Schanghai begrüßen können: Neben Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe und Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement hat es sich selbst Bundeskanzler Gerhard Schröder nicht nehmen lassen, an der Eröffnung der ersten Transrapidstrecke weltweit teilzunehmen. Die Medien feiern diesen sichtbaren Exporterfolg deutscher Spitzentechnik mit vielen schönen Bildern, und da will Schröder, der »Genosse der Bosse«, ganz bestimmt nicht fehlen.
Auch für Steinbrück ist die Jungfernfahrt des Transrapid in Schanghai ein Pflichttermin. Schließlich kämpft er dafür, mit dem »Metrorapid« ein ähnliches Projekt in Nordrhein-Westfalen zu verwirklichen. Dabei handelt es sich um eine Schnellverbindung zwischen Düsseldorf und Dortmund, die auf der Transrapidtechnik beruht. Die Züge sollen im Zehn-Minuten-Takt verkehren und für die knapp 80 Kilometer lange Strecke 34 Minuten brauchen, einschließlich Zwischenstopps am Flughafen Düsseldorf, in Duisburg, Mühlheim, Essen und Bochum. Trotz der zahlreichen Haltepunkte ist eine Geschwindigkeit von 300 Stundenkilometern angestrebt, und man rechnet mit 40 Millionen Fahrgästen pro Jahr.
Obwohl Steinbrück sich als schleswig-holsteinischer Wirtschaftsminister klar gegen eine Transrapidverbindung zwischen Hamburg und Berlin ausgesprochen hat, fordert er jetzt als NRW-Ministerpräsident vehement die Unterstützung des Bundes für seinen »Metrorapid« ein. Für ihn ist diese superschnelle Verbindung zwischen der Landeshauptstadt und den wichtigsten Städten entlang der Ruhrgebietsachse ein absolut vorrangiges Verkehrsprojekt. Dabei geht es ihm nicht nur um die Entlastung der stark befahrenen Straßen in der Region, sondern auch um ein »Signal für die Zukunftsfähigkeit des Landes«.
Wie immer stellt die Finanzierung der Magnetschwebebahn das größte Problem dar. Nach dem Scheitern der Hamburg-Berlin-Verbindung ist der Metrorapid eines der Alternativprojekte, denn die Industrie drängt nach wie vor darauf, zur Sicherung künftiger Exporterfolge eine heimische Referenzstrecke zu bauen. Kaum jemand im Ausland werde die neue Magnetschwebetechnik bei Siemens und Thyssen-Krupp bestellen, wenn die Deutschen weiterhin bei dem konventionellen Rad-Schiene-System blieben, lautet das Argument.
Dennoch stellte der Bau der Flughafenverbindung in Schanghai nur eine wichtige Zwischenstation dar. Erstens war die Strecke viel zu kurz, weil die wirklichen Vorteile des Schnellzugs als Alternative zum Flugzeug erst auf weiten Distanzen zur Geltung kommen. Zweitens hatte die Bundesregierung mit einem dreistelligen Millionenbetrag geholfen, den Bau des Transrapid in Schanghai zu verwirklichen. Ohne den Zuschuss des deutschen Steuerzahlers wäre das Vorzeigeprojekt in China sicher nicht entstanden.
Der Bund bot für Alternativprojekte in Deutschland ebenfalls namhafte Zuschüsse an. Insgesamt waren knapp 2,3 Milliarden Euro vorgesehen – für den Metrorapid und eine zweite Strecke in München, die den neuen Franz-Josef-Strauß-Flughafen weit vor den Toren der Stadt im Erdinger Moos mit dem Zentrum der bayerischen Metropole verbinden sollte.
Natürlich entbrannte in der Folge zwischen Bayern und NRW ein heftiger Kampf um die Aufteilung der Mittel. Keine der beiden Verbindungen konnte ohne kräftige öffentliche Zuschüsse in Bau gehen. Am Ende entschied jede Million mehr oder weniger über Sein oder Nichtsein. Ebenso wie Steinbrück erhob auch der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber die Flughafenverbindung in seiner
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