Steine der Macht: Das Isais-Ritual am Untersberg (German Edition)
heute ist es genug, ich nehme jetzt Kurs auf Gran Canaria. Wenn der Rückenwind so bleibt, dann sind wir in einer Stunde in El Berriel und zum Abendessen wieder in unserem Hotel.“
Raiko gab noch über Funk die Flugroute an die Kontrollstelle in Teneriffa durch, und dann ging es über dichten Wolken, welche wie eine Winterlandschaft aussahen, in Richtung Gran Canaria. Linker Hand ragte in einiger Entfernung der schneebedeckte Gipfel des viertausend Meter hohen Teide auf Teneriffa aus der Wolkendecke.
Abermals fragte Raiko, dem die ganze Sache suspekt geworden war: „Weißt du, ich habe schon einiges in der Fliegerei erlebt, aber so etwas kann es ja einfach nicht geben.“
„Frag doch den Commodore, den ehemaligen Leiter der Flugschule von El Berriel, den alten Fernandez. Der hat mir vor Jahren schon einmal von der geheimnisvollen Insel ‚San Borondon‘ erzählt. Es war in den Sechzigerjahren des vorigen Jahrhunderts. Er wollte mit einer zweisitzigen Maschine zu den Inseln La Gomera und dann weiter nach La Palma fliegen. Nach einer Landung auf dem hoch gelegenen, kleinen Rollfeld in La Gomera startete er wieder in Richtung La Palma.
Nebel kam plötzlich auf. Fernandez ließ das kleine Flugzeug bis auf fünfzig Meter über dem Meer sinken. Er hatte nur noch Sicht nach unten auf die Wellen. Auf einmal lichtete sich der Nebel, und einige Kilometer vor ihm sah er eine Insel, wo normalerweise nur Wasser sein durfte. Fernandez musste steigen, denn da waren zwei Vulkane, die beträchtlich in die Höhe ragten. Er umflog das kleine Eiland und erblickte dabei eine dichte Vegetation, die bis an die felsige Küste ragte. Zwei oder drei Riesenechsen, ähnlich Waranen, jedoch mindestens vier Meter lang, sah er zwischen den großen, ihm absolut unbekannten Bäumen herumkriechen. Fernandez wusste nicht, wie ihm geschah. Er steuerte seine Maschine rasch wieder durch den Nebel zurück und erblickte kurz danach die Westküste der Insel La Palma.
Beinahe hätte man ihm damals der Pilotenschein abgenommen, als er nach seiner Rückkehr am Flugplatz von seinem mysteriösen Erlebnis erzählte.
Er wurde selbst von seinen Fliegerkameraden belächelt. Niemand glaubte ihm auch nur ein Wort.“
Raiko hatte Wolf stumm zugehört.
„Fernandez ist schon seit Jahren im Ruhestand, aber du weißt sicher, wo er zu Hause ist. Fahr zu ihm und frage ihn. Mir hat er seine Geschichte ja schließlich auch erzählt.“
Mittlerweile waren sie an der Südspitze von Gran Canaria angelangt, und Wolf verließ die Reiseflughöhe. Sie stießen durch die dichte Wolkenschicht nach unten und kamen dank der genauen Routenführung von Raikos GPS direkt vor den Dünen von Maspalomas wieder ins Freie. Über Funk erfuhr Raiko von seinem Bruder, der ebenfalls Flight Instructor in El Berriel war, dass ein starker Seitenwind mit fast dreißig Knoten am Beginn der Runway 07 herrschte. Am Ende der Landebahn war dann nur noch Gegenwind zu erwarten. Raiko fragte Wolf, der ja bei diesem Flug Pilot in Command war, ob er das Flugzeug landen dürfe, da er mit solchen extremen Windsituationen besser vertraut war.
Wolf überließ Raiko das Steuer und verlegte sich aufs Fotografieren. Raikos anfängliche Unruhe wegen des starken Seitenwindes hatte sich auch auf Silvia übertragen. Aber nachdem die Landung ohne jegliche Probleme sanft erfolgte, war auch ihre Laune wieder bestens.
Als Wolf im Büro der Flugschule die Strecke und die Zeiten in sein Flugbuch eintrug und dabei auf seine Armbanduhr schaute, bemerkte er, dass die Uhr um fünfundzwanzig Minuten nachging. Aber er behielt das vorerst für sich, da er Raiko nicht noch mehr verunsichern wollte.
Beim Verabschieden meinte Wolf noch zu ihm: „Deinen Fliegerfreunden würde ich an deiner Stelle nichts von unserem Erlebnis erzählen. Denke an Fernandez und – wie schon gesagt – rede einmal mit ihm.“
Silvia schaute Raiko mit einem mitleidigen Lächeln nach und sagte zu Wolf: „Den armen Kerl haben wir jetzt ordentlich durcheinandergebracht. Ich glaube, der braucht heute noch einen Whisky.“
„Und wir beide werden uns jetzt an der Hotelbar eine Sangria genehmigen, ich habe dir nämlich noch etwas zu sagen, und außerdem muss auch ich die Geschichte mit San Borondon erst einmal verdauen.“
Der Volvo XC90 war von der Hitze des Tages noch gut aufgewärmt. Wolf startete den Mietwagen. In fünfzehn Minuten würden sie wieder in Maspalomas in ihrem Hotel sein.
Als sie dann an der Bar saßen und sich einen Krug
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