Steine der Macht: Das Isais-Ritual am Untersberg (German Edition)
Sangria bestellten, meinte Wolf:
„Weißt du, ich habe über diese Kompassabweichung nachgedacht, die wir bei dieser Insel gehabt haben. Das waren gut fünfzehn Grad. Das heißt, wir könnten damit vielleicht die Zeit eingrenzen, in der wir uns befunden haben.“
Silvia schaute Wolf erstaunt an. „Wie soll das möglich sein? Was hat die Kompassabweichung mit der Zeit, in der diese Insel existierte, zu tun?“
„Na ja, der magnetische Nordpol war nicht immer dort, wo er sich heute befindet. Ich weiß aus meiner Pilotenausbildung, dass sich dieser im Lauf der Zeit immer verschoben hat. Wir brauchen jetzt also nur nachzusehen, wann seine Position so war, wie wir es gesehen haben.“
Kurze Zeit später in ihrem Zimmer, als Wolf mit seinem kleinen Notebook über das Hotelnetzwerk im Internet nachsah, erfuhren sie, dass diese Position des magnetischen Nordpols das letzte Mal vor circa fünfzigtausend Jahren so gewesen sein sollte.
„Fünfzigtausend Jahre!“ Silvia schaute vom Balkon aufs Meer hinaus. „Das kann man sich gar nicht vorstellen. Kann denn so etwas überhaupt möglich sein?“
„Weißt du, ich glaube, die Zeitspanne spielt dabei keine Rolle. Und dass so ein Zeitsprung existieren kann, das habe ich am Untersberg schon mehrere Male hautnah erlebt“, erwiderte Wolf.
„Und bevor ich es vergesse, wir haben es auch hier mit einer kleinen dauerhaften Zeitverschiebung zu tun gehabt. Sieh einmal auf meine Armbanduhr und vergleiche sie mit der Uhr am Fernsehgerät.“
Silvia wunderte sich, als sie den Unterschied sah.
Wolf lachte. „Aber nimm es nicht tragisch, immerhin bist du jetzt um fünfundzwanzig Minuten jünger als deine Umgebung!“
Er würde dem General beim nächsten Treffen von seiner Entdeckung berichten. Vielleicht würde ihm dieser auch etwas über die blauen Kristalle sagen. Besonders ihr Verwendungszweck wäre für Wolf von Interesse gewesen.
Nach einem relativ ruhigen letzten Tag, mit einer zweistündigen Geländefahrt auf Eselpfaden in den Bergen Gran Canarias kam dann wieder der Rückflug, der Wolf und Silvia recht kurz vorkam. Aber es waren eigentlich nur die intensiven Gespräche der beiden, welche die Zeit wie im Fluge vergehen ließ. Und es drehte sich alles um diese geheimnisvolle Insel San Borondon.
„Mit meinem Verstand kann ich das zwar immer noch nicht begreifen, aber dass die Insel wirklich da war, haben wir ja schließlich beide gesehen, und Fotos davon hast du ja auch eine Menge gemacht“, meinte Silvia und lehnte sich in den Flugzeugsitz zurück.
„Vermutlich gibt es viele solcher Zeitportale auf unserer Erde. Man kann sie nicht sehen, und dennoch könnten sie existieren. Wer weiß, wie viele ungeklärte Fälle von verschwundenen Leuten sich damit erklären ließen? Mag sein, dass auch diese Phänomene eines Tages erforscht sein werden.“ Sie würden in einer Stunde wieder in München landen. Auch Wolf senkte die Lehne seines Sitzes ab und versuchte, noch etwas zu schlafen.
Kapitel 7
Das Chronoskop
Es waren nun exakt vierzehn Tage vergangen. Mittlerweile hatte Wolf die Bilder, die er von San Borondon gemacht hatte, am Computer ausgedruckt. Er würde sie General Kammler zukommen lassen.
Zeitig am Morgen kam Wolf bereits beim Marmorbrunnen an. Er war ein wenig zu früh beim alten Gasthof eingetroffen, und Anton, der Wirt, stand gerade beim Eingang. Er begrüßte Wolf herzlich und wollte ihn schon hereinbitten, als dieser meinte: „Danke, recht nett von Ihnen, aber ich habe heute eine Verabredung hier draußen beim Brunnen.“
Anton wunderte sich ein wenig und ging wieder hinein. Im selben Moment kam auch schon Obersturmbannführer Weber auf den kleinen Parkplatz. Er hatte einen Rucksack umgeschnallt, in dem sich das Chronoskop und die Batterie befinden mussten. Obwohl es ein Militärrucksack war, fiel das gar nicht besonders auf. Viele Leute hatten heutzutage wieder in Mode gekommene Dinge im Military Look.
„Bitte schalten Sie ihr Mobiltelefon aus und nehmen Sie den Akku heraus. Das gilt ebenso für Ihr Autotelefon. Wir müssen vorsichtig sein. Das Gerät, das wir heute mit dabeihaben, darf niemandem in die Hände fallen.“
Woher wusste Weber, dass man ein Handy auch im ausgeschalteten Zustand orten konnte? Wolf war immer wieder aufs Neue verwundert, woher diese SS-Leute ihre Informationen bekamen.
„Keine Sorge“, sagte Wolf und tat, was Weber von ihm verlangte. „Ich mach das schon.“
Den Rucksack mit dem Chronoskop konnte Weber ohne Weiteres
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