Steine der Macht: Das Isais-Ritual am Untersberg (German Edition)
sehe ich keine Schwierigkeit, Er aber, mit seinem großen Bauch, soll sich schön in die Mitte des Bootes setzen und dort auch ruhig verweilen.
Linda kicherte wegen dieser Worte des Schiffers verhalten unter ihrer Mönchskapuze, welche sie tief ins Gesicht gezogen hatte.
„Hab Dank, guter Mann, möge der Herr dich bei den gefährlichen Fahrten auf dem Fluss beschützen“, sagte Wolf zu dem Schiffsführer und, zu Linda gewandt, sprach er in ernstem Ton: „Bruder Lindus, begib du dich als Erster auf das Boot.“
Als auch er zu Linda auf das Salzschiff hinüberstieg, flüsterte sie ihm leise ins Ohr: „Gefährlich ist hier gar nichts, schau dir einmal an, wie breit und stabil diese Schiffe sind. Aber als du jetzt auf das Boot gestiegen bist, da hat es sich schon etwas zur Seite geneigt.“
Wolf versuchte, einen noch ernsteren Gesichtsausdruck aufzusetzen, und sagte: „Es geziemt sich nicht für einen Novizen, solche Reden mit einem Bruder zu führen. Tu reuig Abbitte und sündige hinfort nicht mehr.“
Linda musste sich zusammennehmen, um nicht in helles Gelächter auszubrechen. Aus Wolf wäre bestimmt ein guter Mönch geworden, dachte sie und neigte ihr Haupt wieder zu Boden, um nicht als Frau aufzufallen.
Mittlerweile war die Beladung des Schiffes abgeschlossen und die Salzfässer gut vertäut. Die Besatzung, es waren sechs Männer, ging an ihre Positionen.
Die Taue wurden losgemacht, und die etwa vierstündige Fahrt konnte beginnen. Nach einer knappen halben Stunde kamen die Sandbänke, welche wie kleine Inseln den Fluss in mehrere Arme teilten, in Sicht. Die Schiffleute hatten jetzt Mühe, das schwer beladene Boot mit langen Stangen sicher zwischen den seichten Stellen und Inseln hindurchzusteuern. Dann erblickten sie auch schon die ersten Häuser der Stadt Salzburg an beiden Ufern. Durch den Schnee auf den Häusern sah alles irgendwie märchenhaft aus. Jetzt konnten sie die Hauptbrücke sehen. Über diese Brücke waren sie früher schon, in der Mozartzeit, mit dem Weinfuhrmann gefahren. Von diesem Blickwinkel, hier unten vom Wasser, sah doch alles ganz anders aus. Nach wenigen Minuten war das Schiff durch die Stadt hindurchgefahren. Jetzt schlängelte sich der Fluss durch dichte Auwälder. Vereinzelt waren hier noch Fischer am Ufer zu sehen, die an großen Stangen Netze ins Wasser hielten und von Zeit zu Zeit wieder hochzogen. Es war empfindlich kalt auf dem Wasser, und Wolf war froh darüber, dass er sich unter seiner Kutte doch etwas wärmer angezogen hatte.
Linda beugte sich ein wenig über den Rand des flachen Bootes, worauf ihr der Schiffsführer zurief: „Seid vorsichtig! Wer hier ins Wasser fällt, der ist verloren, dem kann nicht einmal der Herr im Himmel mehr helfen und auch niemand von meinen Leuten, denn von denen kann keiner schwimmen. Ihr würdet jämmerlich ertrinken.“
„Was?“, fragte Wolf erstaunt. „Hier kann keiner schwimmen?“
Der Schiffsführer antwortete: „Nur wer nicht schwimmen kann, wird auf die Ladung ebenso achtgeben, wie auf sein eigenes Leben, deshalb darf ein Schiffer auch niemals schwimmen können. Also seid vorsichtig, wir könnten keinen von euch aus dem Fluss retten, wenn ihr hineinfallen würdet.“
Auf einem Weg am Ufer kamen ihnen seltsame Pferdegespanne entgegen. Die Tiere zogen an hölzernen Stangen und Seilen leere Salzschiffe flussaufwärts. „Diese Boote werden wieder zurück an den Ausgangsort gebracht“, sagte der Schiffmeister.
Nach einer geraumen Weile kam die Flussschleife von Altach in Sicht. Erst hier gab es wieder eine Brücke über die Salzach. Auf der linken Seite, unmittelbar nach der Kurve, lag die große Anlegestelle für die Salzschiffe.
Hier, wo die Strömung nur ganz schwach war, konnten die Schiffsleute das schwere Boot sicher ans Ufer steuern. Nachdem das schwere Schiff fest vertäut war, stiegen die zwei Mönche wieder an Land. „Hab Dank guter Mann“, sagte Wolf zum Schiffsführer, „wir werden dich heute in unser Abendgebet mit einschließen.“ Ein Stück weiter flussabwärts waren noch weitere Boote zu sehen. Diese waren jedoch viel größer und wurden offensichtlich zum Weitertransport der Salzfässer gebraucht.
Kapitel 29
Stille Nacht! Heilige Nacht!
Sie mussten vorsichtig den vereisten Weg zur Brücke hinaufgehen. Hier herrschte ein reges Treiben. Es standen schon mehrere Fuhrwerke bereit, um die Ladung des soeben angelandeten Schiffes zu übernehmen.
Als Wolf und Linda die hölzerne Brücke erreichten, kam ein
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